„La nostra cantina ha il dovere di mantenere quelli che sono i legami con il passato“ (Unser Weingut hat die Pflicht, die Verbindung mit der Vergangenheit zu erhalten.) – Luciano Capellini

Die wildesten Weinberge, die ich kenne, befinden sich in den Cinque Terre: unter einem liegt das Meer, über einem ist der Himmel und man selbst steht in einem quasi senkrechten Hang dazwischen. Erstaunlicherweise kam schon den Etruskern die aberwitzige Idee, dort Reben hinzusetzen. Das mag an der unmittelbaren Nähe zum Meer gelegen haben oder aber auch am ewigen Wunsch, die Natur zu besiegen. Oder an beidem. 

Jedenfalls riss die Bewirtschaftung der Cinque Terre mit Reben nie wieder ab. Es etablierten sich Sorten, die es kaum sonstwo gibt und die längst zur Identität der Region beitragen: allen voran Bosco, aber auch Albarola oder Buonamico. Und mit dem Sciacchetrà hat man aus luftgetrockneten Trauben einen ganz eigenen Süßwein kreiert, der zum besten gehört, was Italien diesbezüglich zu bieten hat.

All diese Dinge beschäftigen Luciano Capellini. Mittlerweile in seinen 60ern versucht er seit Jahrzehnten mit bravouröser Energie die Weinkultur der Cinque Terre am Leben zu erhalten. Viele Winzerfamilien haben das Handtuch geworfen, fokussieren sich auf die Bewältigung der Touristenhorden oder sind in die Städte abgewandert. Luciano ist geblieben. In den Steillagen  über Manarola pflegt er zwei Hektar Reben, die allesamt mit Seilzügen ausgestattet sind. Zudem nimmt er sich immer wieder Mikroparzellen vor und restauriert ihren alten Rebbestand und ihre Trockensteinmauern. Gut 7000 Liter Wein bekommt er so jedes Jahr in die Flasche, jede einzelne davon ein klassisches aber gleichsam auch formidables Beispiel einer Weinkultur, die sich über Generationen entwickelt hat.

Cinque Terre Bianco: Cuvée aus Bosco, Albarola und Vermentino. Nach 24-stündiger Maischestandzeit sanft abgepresst. Ausbau im gebrauchten Holzfass. Trocken, salzig, kräuterig, mediterran, warm. Dezente Fruchtaromen. Angenehm bitterer Nachgeschmack. Dichte Textur. Eine weiche aber tragende Säure. Ruhig. Lang. (ca. € 22)

Cinque Terre Macerato: die gleiche Cuvée allerdings mazeriert. Ein Tribut an die klassische Vinifizierungsmethode der Cinque Terre. Gibt es meines Wissens nur Ab-Hof.

Sciacchetrà: Hauptsächlich Bosco, ein wenig Vermentino und Albarola. Wird bis in den November hinein luftgetrocknet, danach abgepresst und über drei Wochen vergoren und in Holz ausgebaut. Eine Essenz aus Blüten, Nüssen und Früchten, cremig, salzig, elegant, mit lebhafter Säure und erstaunlichem Trinkfluss.

Vin de Gussa: Steinalte Technik. Gussa steht dialektal für buccia, Schale. Beim Vin de Gussa werden die, nach der Vinifizierung noch immer aromatischen Schalen des Sciaccetrà in ein Fass transferiert, das daraufhin mit Wein aufgefüllt wird. Nach 24 Stunden wird abgepresst. In dieser Zeit nimmt der Wein zusätzliche Aromen auf, gewinnt an Intensität und schlägt eine Brücke zwischen dem Cinque Terre und dem Sciacchetrà. 

Luciano Capellini

Adresse: Via Montello 240/b, Riomaggiore
Telefon: +39 0187 920632 
E-mail: capellini@vinbun.it

Vigne di San Lorenzo – Biographie des Weinguts

Filippo Manetti kam über Umwege zum Weinbau. Er studierte Elektrotechnik und danach Philosophie, ehe er aus seiner Liebe zum Gärtnern heraus, sich an der Peripherie Brisighellas ansiedelte. Er pflanzte Tomaten, Obstbäume und eine erste Reihe Sangiovese. Bei Letzterer sollte es nicht bleiben. Heute bewirtschaftet er 4 Hektar Weingärten nahe der schönen, kleinen Stadt in den romagnolischen Hügeln. Er ist ist Mitglied der Bioviticultori, einer sechsköpfigen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt hat, von biologisch zertifizierten Rebflächen hochwertige und repräsentative Weine aus – zumeist – autochthonen Rebsorten zu produzieren. In Filippos Fall sind das vor allem Sangiovese, Malbo Gentile, Albana und Trebbiano, ergänzt von ein wenig Merlot und Cabernet.

Die Rebzeilen beginnen auf knapp 200 Metern – es ist dort vor allem sandig – und ziehen sich über 150 Höhenmeter den Monte Bicocca hinauf. Dort oben ist dann nicht nur das Klima ein anderes, auch der Boden hat sich verändert. Gipsartige Mineralien dominieren dort und mit ihnen der Sangiovese. Filippos Zugang ist dezidiert chemiefrei, er spritzt weder Herbizide noch Fungizide und setzt auf die selbstregulierenden Fähigkeiten seiner Rebstöcke.

Im Keller tut er das, was er tun muss. Minimalintervention ist das Grundprinzip. Die Gebinde sind größtenteils aus Holz, wobei Filippo in den letzten Jahren sukzessive von Barriques auf große Holzfässer umgestiegen ist. Zudem hat er ein paar Stahltanks und eine Amphore, in der er seit einigen Jahren den Menis, seinen exzellenten Albana, vinifiziert.

Früher waren Filippos Weine immer ein wenig zu sehr vom Alkohol getragen. Diesem Umstand hat er in den letzten Jahren erfolgreich entgegengearbeitet. Die Weine sind zwar immer noch dicht und kraftvoll, doch mittlerweile auch harmonisch und elegant.

Filippo Manetti
Via della Resistenza, 56, Fognano di Brisighella
mobil 0039 339 1137070
http://www.vignedisanlorenzo.it
info@campiume.it

Die Weine – eine Auswahl

Alle Weine sind ohne Temperaturregulierung spontan vergoren. Er schönt und filtert nicht, schwefelt wenig und räumt dem Faktor Zeit ausreichend Platz ein.

Gea: 100% Albana. Fünf Tage in Kontakt mit den Schalen. Im Stahltank vinifiziert. Zitrus- und exotische Noten, Laub und Kräuter. Saftig, dicht und druckvoll. Zieht wie auf Schienen in Richtung Gaumen. Sehr gut.

Campiglione Bianco: 100% Trebbiano. Viertägiger Schalenkontakt. Simpler gestrickt als der Gea. Spielerisch und leicht. Pfirsich und Blüten geben den Ton an.

Menis: 100% Albana. Über neun Monate in der Amphore ausgebaut. Einer der besten Interpretationen der Rebsorte. Intensiv, eindrücklich. Warme Aromen. vielschichtig. Mit einer prägender und richtungsweisenden Struktur. Energetisch. Vollmundig. Sehr gut.

Campiume: 100%  Sangiovese. Relativ lange Mazeration (40 Tage). Zwei Jahre im Holzfass ausgebaut. Veilchen, Kirschen, Erde. Kompakt, dicht und saftig. Profund aber nie schwer. Eine lenkende aber nie aufdringliche Säure. Gut eingebundener Gerbstoff. Lang.

San Lorenzo: Cabernet Sauvignon & Merlot. Im Holzfass ausgebaut. Kräuter, Tabak, Fleisch und dunkle  Beeren. Hat Körper und Kraft. Ausgewogen. Dicht und saftig.

Fieni: Hauptanteilig Malbo Gentile, unterstützt von Cabernet Sauvignon, Sangiovese und Merlot. Im Holz ausgebaut. Gewichtig und gehaltvoll. Dunkle Aromen: Rauch, Leder, Brombeeren. Hat trotz seiner Substanz Trinkfluss. Sehr gut.

Bezugsquellen

Ab Hof-Verkauf: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto.it

Im deutschsprachigen Raum: –

In einem kurzen Video auf seiner Webseite meint Stefano Novello von Ronco Severo, dass „du nur die Weine probieren musst, um den Charakter eines Winzers zu verstehen.“ Da hat er vermutlich recht. So wichtig das Terroir und die Rebsorte auch sein mögen (und Stefano spricht auch kurz davon), so entscheidend ist doch auch die Geisteshaltung, Herangehensweise und Handschrift des Winzers – im Weingarten wie im Keller.

Im gleichen Video meint er auch, dass ihn sein Vater vor 15 Jahren fragte, warum er eine Sache ändern wolle, die gut funktioniere und damit auf Stefanos Wunsch anspielte, seine Weingärten auf biologische Bewirtschaftung umzustellen. Antworten darauf fand Stefano genug, woraufhin die Art der Produktion verändert wurde und Pestizide und systemische Chemikalien aus den Weingärten verschwanden.

Die befinden sich allesamt in Prepotto, der inoffiziellen Weinkapitale der friulanischen Colli Orientali und wurzeln im dort omnipräsenten Ponka, einem porösen Kalkmergel, der seinen Weinen „Rückgrat und Substanz verleiht.“

Im Keller geht es Stefano darum, all das, was in seinen Trauben steckt, auch Wein werden zu lassen. Weshalb er sie bisweilen über lange Zeit in Kontakt mit ihren Schalen belässt und lieber auf den Faktor Zeit und eine natürliche Klärung setzt als sie zu schönen und zu zu filtern. So entstehen ein halbes Dutzend Weine, die beredt und facettenreich von ihrer Herkunft und ihrem Winzer erzählen.

Sie sind offen, warm und einladend, ruhig und ausgewogen, sympathisch und vielschichtig, anfangs ein wenig zurückhaltend, am Ende jedoch voller Energie und Tiefe.

Alle Weine von Ronco Severo sind spontan und ohne Temperaturkontrolle in Holzgärständern vergoren, nicht geschönt und nicht gefiltert.

Pinot Grigio: Grauburgunder aus spät gelesenen Trauben. Einmonatiger Schalenkontakt. Ausbau über 23 Monate in 20hl großen Holzfässern. Akazienblüten und Akazienhonig. Orangenschalen, trockenes Heu. Trocken, weich und einnehmend. Sehr gut. (ca. € 25)

Severo Bianco: Ein gemischter Satz aus gleichzeitig gelesenen und gemeinsam auf der Maische vergorenen Friulano, Chardonnay, Picolit und Chardonnaytrauben. Ausbau über 23 Monate in großen Holzfässern. Duftig und einladend. Etwas Vanille, Bratapfel und Blütennoten. Harmonisch. Einen Tick straffer als der Pinot Grigio.

Friulano: Auf den Schalen vergoren. Über 23 Monate in 30hl großen Holzfässern gereift. Wiesenblumen, reife gelbe Frucht, mediterrane Kräuter. Dicht, saftig und intensiv. Lang und nachdrücklich.

Ribolla Gialla: Spät und in perfekter Reife gelesen. Auf den Schalen vergoren. Über 23 Monate in 30hl großen Holzfässern gereift. Trockenfrüchte, Zitrus- und Blütenaromen. Straff, geradlinig, profund. Mit einer konzentrierten Textur. Kraftvoll und dynamisch. Einer der besten Ribolla Gialla, die ich kenne.

Schioppettino: Gehaltvolle Version der großen friulanischen Rotweinsorte. Lange mazeriert, danach Ausbau über 30 Monate in großen Holzfässern. Dunkelfruchtig, Brombeeren, Pfeffer, Unterholz. Mürbes Tannin, weiche Textur. Tief und lang.

Refosco dal peduncolo rosso

Artiûl (Merlot)

 

Ronco Severo – Stefano Novelli
Adresse: Via Ronchi 93, Prepotto
Tel. +39 0432 713340
info@roncosevero.it
www.roncosevero.it

Albero Oggero ist ein unruhiger Geist. Geduld ist seine Stärke nicht, weshalb es für ihn anfangs auch nicht ganz einfach war, die langsamen Abläufe innerhalb eines Weingartens zu akzeptieren. Winzer wollte er, seit den Tagen, als er seinem Großvater in die Weinberge folgte, jedoch immer werden. Auf dessen, vor vielen Jahrzehnten gepflanzte Reben, greift er heute noch zurück und damit das noch lange so bleibt, pflegt er sie biologisch und nachhaltig.  Abgesehen von geerbten Rebflächen hat er mittlerweile auch noch zwei steinalte Weingärten gepachtet, von deren extrem steilen und nur in Handarbeit zu bewirtschaftenden Hängen er seine Roero Riserva keltert.

Albertos Weinberge befinden sich allesamt in der Nähe von Santo Stefano Roero und basieren recht einheitlich auf Kalk und Sand. Was sich allerdings unterscheidet sind die Expositionen, die sich vom Osten bis in den Westen spannen. Und natürlich die Rebsorten: die sind, wie es im Roero üblich ist, Nebbiolo für die Rotweine und Arneis für die Weißweine. 

Weil er sich seiner Ungeduld völlig bewusst ist, weiß er, wie wichtig der Faktor Zeit ist. Weshalb er seinen Weinen – weiß wie rot – oft Jahre gönnt, um ihr Gleichgewicht und ihre Aromen zu finden. Vinifiziert wird ohne technologischen Schnickschnack und unnötige Zusatzstoffe.  Alberto Oggero ist Teil der Winzergruppe SoloRoero, deren Ziel es ist, die vitikulturell erstklassige aber etwas verschlafene Region wachzuküssen.

Alberto Oggero

Frazione Santissima Trinità 21, Santo Stefano Roero
Tel: 329 0085648
E-Mail: info@albertooggero.it
Webseite: www.albertooggero.it

Die Weine

Roero Arneis: Wie Luca Faccenda und Enrico Cauda, seine Kumpels von SoloRoero, bringt auch Alberto einen exzellenten Arneis in die Flasche. Die Trauben dafür stammen aus den alten Weingärten seines Großvaters – viel erntet er davon nicht, dafür ist das, was er einbringt ausdrucksstark und gehaltvoll. Nach 10 Monaten in Zementbottichen verströmt sein Arneis Kräuter- und Blütennoten. Er ist strukturiert, saftig und dynamisch.

‚Sandro d’Pindeta’: Eine Nebbiolo wie man ihn eher selten bekommt. Leicht und trinkig, mit viel Fluss und ohne aggressive Tannine. Ein Wein für alle Tage, fruchtig und aromatisch, offen und animierend.

Roero Rosso: Der Klassiker des Hauses. Nebbiolo in purezza. Spontane Vergärung im Stahltank, 25 Tage Maischekontakt. Ungeschönt und ungefiltert.  Ausbau über 14 Monate im Tonneaux und zwei Jahre in der Flasche. Kühl & strukturiert. Lakritze, Rosen und ein paar rote Fruchte. Elegant und geradlinig.

Roero Rosso Riserva: Nebbiolo von den 80 Jahre alten Reben ein gepachteten Weingartens. 25 Tage Maischekontakt. Ungeschönt und ungefiltert.  Ausbau über zwei Jahre im Tonneaux und zwei Jahre in der Flasche. Hat Grip, Power, Druck und Zug. Offeriert dunkelrote Früchte, erdige Noten und Blüten. Substantiell und eindrücklich. Bleibt lang haften. Very good.

Kurzbiographie des Weinguts

Stefano Legnani war erst Konsument bevor er sich ab 2004 als Winzer probierte. In seinem früheren Leben als Versicherungsvertreter in Vicenza gründete er einen Stammtisch, an dem man sich nicht nur die üblichen Verdächtigen aus der Toskana und dem Piemont, dem Bordeaux und dem Burgund einschenkte, sondern sich auch in die Nischen der Weinwelt begab. So entdeckte er schon früh die Weine von Stanko Radikon und entwickelte eine Leidenschaft für die maischevergorenen Interpretationen aus dem friulanisch-slowenischen Grenzland. Anfang der 2000er Jahre zog er aus dem Veneto ins ligurische Sarzana, in die Heimat seiner Frau Monica. Die beiden kauften sich einen Hektar Land und bestockten ihn mit 3600 Vermentino-Reben – einen genauen Plan, was aus ihnen und ihren Trauben werden sollte, gab es am Anfang nicht. Er kultivierte sie rigoros biologisch und nachdem die erste Ernte zwar klein war aber gesunde Trauben hervorbrachte, entschloss er sich, sie künftig in Wein zu verwandeln. 

Er entsann sich seiner Affinität für maischevergorene Weine und startete in den darauffolgenden Jahren erste Vinifikationen. Leidenschaft kombinierte sich sukzessive mit Wissen und Erfahrung und so entstanden langsam aber sicher Weine, die nicht nur Anhänger unter seinen Stammtischfreunden fanden, sondern weit über die Grenzen Liguriens und Italiens hinaus – seine größte Fangemeinde hat er seit einiger Zeit in Japan, wo er bei Verkostungen wie ein Popstar gefeiert wird.

Seiner anfänglichen Konzeption ist er bis heute treu geblieben. Im Weingarten pflegt er seine „Signorine“, wie er seine Reben liebevoll nennt, größtenteils per Hand. Die Lese ist relativ spät. Indikator für den richtigen Zeitpunkt sind sein Gaumen und das vermehrte Auftreten von Wespen, die der süße Saft der Trauben anzieht. 

Im Keller entstehen mittlerweile insgesamt drei Weine, die auf mit den Schalen vergorenen weißen Trauben basieren, wobei sich die Mazerationszeiten auf ca. 5 Tage eingependelt haben (nicht länger, um Rebsorte und Herkunft nicht zu überdecken). Der Ausbau vollzieht sich über ein knappes Jahr in Stahltanks. Alle Weine sind ungeschönt, ungefiltert und sehr gut.

Die Weine

Ponte di Toi: 100% Vermentino. Sein erster, selbstproduzierter Wein. Floral, salzig, gelbfruchtig. Klassische Kräuternoten. Ist relativ weich und mürb. Verjüngt sich zum Gaumen und gewinnt zum Ende hin Druck und Zug. 

Loup Garou: 100% Vermentino. Einem Album von Willy DeVille gewidmet. Entsteht nur in besonderen Jahren (bisher 2012, 2013, 2016). Die Zeit auf den Schalen kommt hier deutlicher zum Tragen als beim Ponte di Toi, der Loup Garou hat mehr Grip und Struktur. Reife Zitrusaromen, Blütennoten, Kräuter (Tee). Dynamisch und mit ordentlich Spannung. Mundfüllende Textur. Im Finish erfrischend und eindrücklich.

Bamboo Road: Eine old-style Cuvée aus Vermentino, Trebbiano, Albana und Malvasia di Candia und ein zweites Tribut an Willy DeVille. Reife Fruchtaromen, sonnig, hell. Warm und weich. Mediterran. Kräuter. Säure sucht man hier vergeblich. Dass der Wein dennoch Richtung und Trinkfluss hat, verdankt sich einem lenkenden Gerbstoff. Sehr gut.

Stefano Legnani

Adresse: Via dei Molini 72, Bradia
Telefon: +39 348 2229695 
E-mail: s.legnani@legnani.com

Kurzbiographie des Weinguts

Auf Valfaccenda werden exzellente Weine gekeltert. Es ist eines jener Projekte, von denen es viel mehr geben sollte. 2010 von Luca Faccenda und Carolina Roggero ins Leben gerufen, schaut es eigentlich auf eine lange Geschichte zurück. Lucas Familie ist seit dem 18. Jahrhundert im Roero ansässig, das – absolut fantastisch gelegene und vor kurzem großartig renovierte – Weingut, in dem die beiden leben und arbeiten, wurde in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts von Leone, Lucas Großvater, gebaut.

Die Weingärten des Roero generell und die 4 Hektar von Carolina und Luca im besonderen sind steil und auf Sand gebaut. Darin wurzeln Arneis und Nebbioloreben, die die beiden aufgrund der natürlichen Voraussetzungen quasi ausschließlich per Hand bewirtschaften. Die Weingartenarbeit ist traditionell und biologisch zertifiziert, im Keller wird – trotz oder gerade wegen Lucas Hintergrund als diplomierter Önologe – auf allzu viel Önologie verzichtet. Luca und Carolina sind Teil der Gruppe SoloRoero, zu der auch Alberto Oggero und Enrico Cauda (Cascina Fornace) gehören und die es sich zum Ziel gesetzt hat, das historisch bedeutende aber etwas verschlafene Gebiet wachzuküssen

Valfaccenda

Adresse: Loc. Valle Faccenda, fraz. Madonna di Loreto 43, 12043 Canale
Tel: +39 339 7303837
E-Mail: info@valfaccenda.it
www.valfaccenda.it

 

Die Weine

Roero Arneis Valfaccenda: 100% Arneis. Auf den Steilhängen rund um das Weingut gewachsen. 90% der Trauben wurden direkt abgepresst, 10% mit den Schalen vergoren. Der Ausbau geht teils in Edelstahltanks, teils in gebrauchten Holzfässern vonstatten. Kräuter und Tabak geben den Takt vor, weiße Früchte ergänzen. Der Wein hat Grip und Substanz, vereint Leichtigkeit mit Tiefe und Länge.

Roero Rosso Valfaccenda: 100% Nebbiolo. Perfektes Traubenmaterial minimalinterventionistisch vinifiziert. 12 Monate im gebrauchten Holzfass ausgebaut. Einladend und offen. Kein Nebbiolo, den man frühestens nach 30 Jahren trinken darf. Im Gegenteil. Macht vom ersten Schluck weg Spaß, ohne dabei banal zu sein. Vereint rote Nebbiolofrucht mit Blütenaromen und erdigen Noten. Versprüht trotz seiner präsenten Tannine Leichtigkeit und Frische.

Valmaggiore Nebbiolo

Valmaggiore Arneis

 

Paolo Veglio ist Jahrgang 1978. Seit 1992 arbeitet er als Weinbauer in den Weingärten der Familie. Bis 2004 lieferte er seine Nebbiolo-Trauben bei Barbaresco-Legende Bruno Giacosa ab, danach wagte er den Sprung ins kalte Wasser und begann seine Trauben selbst zu vinifizieren. Unterstützt wurde er anfangs von Dante Scaglione, dem einstigen Kellermeister von Giacosa. Nach ein paar Jahren begann er dann auch im Keller selbst die Fäden zu ziehen und verpasste seinen Weinen eine eigene, zunehmend raffiniertere und elegantere Handschrift. Mittlerweile produziert er die mitunter besten Barbaresco der Region (und das zu einem nachvollziehbaren Preis). Er schloss sich über einige Jahre der Naturwein-Winzervereinigung ViniVeri an, die seine Herangehensweise entscheidend mitprägte. 

Auch wenn er ein paar Tausend Flaschen ganz ordentliche Barbera und Dolcetto abfüllt, ist seine unumschränkte Domäne Nebbiolo. Daraus keltert er drei Weine, einen Langhe Nebbiolo und zwei Barbaresco, die durch die Bank ganz große Klasse sind. Die Kellerarbeit ist traditionell. Er vergärt spontan und ohne Temperaturkontrolle in großen Zementbottichen, setzt auf lange Maischestandzeiten und einen geduldigen Ausbau in großen Holzfässern. Paolos Weine sind ungeschönt und ungefiltert. 

Cascina Roccalini

Adresse: Località Roccalini, Barbaresco (TO)
Telefon: 3470526898, 0173 638340
E-mail: cascinaroccalini@gmail.com

Langhe Nebbiolo: 60 Tage auf der Maische. In Zementzisternen vergoren. Klare Frucht- und Blütennoten.  Fordernde Tannine werden in einem kompakten Körper aufgefangen. Mundfüllend. Kraftvoll. Erdig. In Sachen Alkohol eher auf der kräftigen Seite. Ist dennoch ausgewogen. Eindrucksvoller Einstieg.

Barbaresco: Gleiche Vinifizierung wie der Langhe Nebbiolo. Die Trauben stammen diesmal allerdings aus unmittelbar das Weingut umgebende Weingärten. 18-monatige Reifung in großen Holzfässern. Bereits in der Nase erdig, würzig, floral, dicht, lebendig und präzis. Am Gaumen straffer und strukturierter als Langhe N. , frisch, substantiell, lang und mit viel Trinkfluss. 

Barbaresco riserva: Gleiche Vinifizierung wie die anderen beiden. 24-monatiger Ausbau im Holzfass, danach nochmals 24 Monate in der Flasche. Vielschichtig wie schon der klassische Barbaresco davor.  Vielleicht nochmals komplexer. Am Gaumen tief, dicht und engmaschig. Ist kraftvoll – und eine Eigenheit vieler großer Nebbiolos – gleichzeitig grazil. Great.

Mitte der 1990er Jahre krempelte Marco Blancardi die Ärmel hoch und begann damit, verwildertes Terrain im Hinterland von Dolceacqua, im äußersten Westen Ligurien, freizulegen. Er befreite jahrzehntelang brachliegende Olivenhaine und typisch mediterrane Kräuter wie Rosmarin (ergo der Name) Thymian und Lavendel von Gestrüpp und begann daraus Öle und Essenzen herzustellen. 2005 weitete er sein Projekt um einen ersten Weingarten aus, dem er 2009 noch einen weiteren, mit damals 90-jährigen Reben, hinzufügte. 

In einem Kurs über biodynamischen Weinbau lernte er seine heutige Frau Francesca kennen. Sie zog zu ihm nach Perinaldo, wo sie nunmehr gemeinsame Sache machen. Die ist auch zu zweit anstrengend genug. Speziell die Lage Pinella, die Marco 2009 erworben hat, ist steil und mühsam zu bewirtschaften. Trockensteinmauern ermöglichen überhaupt erst Weinbau, müssen aber auch immer wieder gepflegt und ausgebessert werden. Doch lohnt sich der Aufwand auch. Nicht nur, weil die beiden daraus die Basis für einen formidablen Rossese, der großen roten Rebsorte Liguriens, lesen, sondern weil der Weingarten per se alles bietet, was man sich von einem Arbeitsplatz wünschen kann. In ihm wachsen neben Trauben auch Birnen-, Zitronen- und Mandarinenbäume, Rosen, Wildblumen und Kräuter. 

Die Arbeit im Keller, wo sie insgesamt zwei Rotweine aus Rossese keltern, findet ohne jegliche Zusatzstoffe, außer ein wenig SO2 statt. Beide Weine sind weder geschönt noch gefiltert.

Rossese di Dolceacqua Albicella: 15 Jahre alter Weingarten auf Kalkboden in 450 Metern Höhe. Der kühlere Wein von den beiden. Duftig, zart und einladend. Frische rote Frucht, Rosen, Macchia. Reife, mürbe Tannine. Animierend und elegant.

Rossese di Dolceacqua Pinella: 100 Jahre alte Reben auf Flysch in 200 Metern Höhe. Dunkler, weicher, Waldbeeren, Rosen, Pfeffer. Elegant und samtig. Säure und Tannin geben dem Wein Richtung, stehen allerdings nie im Vordergrund. Endet würzig und nachhaltig.

Rosmarinus

Adresse: Località Trume 3, Perinaldo
Telefon: 3284639158 
E-mail: info@rosmarinus.it

Ilenia Spagnoli ist in Masignano zwischen Reben aufgewachsen. Durch sie hindurchschauend sah sie keine fünf Kilometer entfernt das Meer, während sich hinter ihr die Marmorsteinbrüche von Carrara auftaten. Nach einem Studium in Pisa kehrte sie zurück auf das Weingut und übernahm dort langsam aber sicher das Kommando. 

Inspiriert von einer Zeile aus Mario Soldatis großartigem Weinbuch „Vino al Vino“, in dem er von einem „kleinen, subtilen und staubtrockenen Wein aus Masignano“ schreibt, genau das, „was ich suchte“,  beschloss sie 2014 genau so einen Wein wieder keltern zu wollen. Von den insgesamt vier Hektar Weingärten, die ihr dafür zur Verfügung standen, wählte sie den ältesten, in dem in wildem Durcheinander Trebbiano, Albarola und Vermentino wachsen. 

Schon der erste Jahrgang wies in die richtige Richtung. Sie beließ die Trauben für kurze Zeit auf den Schalen, vergärte sie daraufhin spontan, schönte und filterte nicht. Schwefel gab es nur vor der Abfüllung und nachdem das alles blendend funktionierte, der Wein (mit dem Namen Pan), ihre Erwartungen eher übertraf als nur erfüllte, machte sie einfach weiter. Und setzte mit dem „Extreme“ noch ein zweites Ausrufezeichen. Basierend auf dem gleichen Rebsortencuvée wird er länger mazeriert und sieht zum Schluss gar keinen Schwefel. Beide Weine sind große Klasse und eindrückliche Beispiele dafür, wie spannend Interpretation aus weißen Trauben aus dieser Ecke des Landes sein können, wenn die richtige Ideen im Weingarten wie im Keller dahinterstecken (siehe auch La Felce und Il Torchio).

Pan: Vermentino, Trebbiano, Albarola. Alte Reben. Drei Tage auf der Maische. Temperaturkontrolliert vergoren. Ungeschönt und ungefiltert. Delikat und subtil. Mit Grip und Energie, viel Druck und Zug. Profund und lebendig. Exzellent.

Extreme: Vermentino, Trebbiano, Albarola. 14 Tage auf der Maische. Ungeschönt, ungefiltert und ungeschwefelt. Floral, vor allem aber reifer, gelber Pfirsich. Salz. Warme Aromen. Von einer vitalen Säure gesteuert. Kompakt. Saftig. Lang. Hat Charakter. Einer der besten maischevergorenen Weine Liguriens.

Ilenia Spagnoli

Adresse: Via Masignano 9, Arcola
Telefon: +39 0187 987160
E-Mail: fienile2003@alice.it

Super-Projekt von drei Freunden aus Ivrea (der Stadt Olivettis), nördlich von Turin. Francesco Comotto, Federico Izzo und Alessandro Trotto Gatta vereint die gemeinsame Leidenschaft für kaum noch auffindbare autochthone Sorten, weshalb sie vor ein paar Jahren beschlossen haben, damit bestockte aber meist bereits aufgelassene Weingärten zu rekultivieren. Zur Verfügung steht ihnen derzeit gerade einmal ein Hektar, in dem allerdings gleich acht verschiedenen Rebsorten bisweilen in wildem Durcheinander wachsen: darunter die fantastische weiße Erbaluce, die roten Neretto gentile und Neretto cuneese, Uva rara (die rare Traube) Freisa und einige mehr. Gearbeitet wird „so natürlich wie möglich“. Die Gärung ist spontan. Die Weine sind ungeschönt und ungefiltert.

Garage dell’Uva

Adresse: Via Selva 4, Settimo Rottaro, 10010 (TO)
Telefon: 3351019612 (Federico), 335 1019609 (Francesco), 3351019610 (Massimo)
E-mail: info@garagedelluva.it
Instagram: Garage_dell_Uva
Facebook: Garage dell’Uva
Webseite: www.garagedelluva.it
Plandrùn vino bianco (erbaluce macerato): kühle Struktur, der alpine Einfluss des Nordpiemonts ist spürbar. Weich, rund, griffig, aromatisch, Honig, Kräuter, weiße Blüten
Stermà vino rosso (neretto gentile 35%, nebbiolo 15%, vespolina 30%, altri 20%): späte Lese. 21 Monate im Holz. Hat Kraft und Säure. Riecht nacht Brombeeren, Veilchen und Gewürzen
Barùss vino rosato (uva rara 40%, neretta cuneese 40%, barbera 20%)
Desgenà vino rosso (barbera 70%, freisa 30%): alte Rebstöcke. Belebend. Zum gemeinsamen Wegtrinken konzipiert. Fruchtbetont.
Contàcc: unterschiedliche rote Sorten. Klassischer Tischwein.
Spumante Brut
Spumante Brut Rosé

Terrazze Singhie ist eines jener spannenden Projekte, von denen es in Italien glücklicherweise viele gibt – das von Sara Polo und Maurizio Migliavacca gehört dabei ganz sicher zu den spektakulärsten. Die beiden haben 2017 einen steinalten, von Wald umgebenen Weingarten in Orco Feglino in der Nähe von Savona (Ligurien) wieder instand gesetzt, wertvollste Kulturarbeit  geleistet und einen Wein in die Flasche gebracht, den man nicht alle Tage bekommt.

Wobei Weingarten den Terrassen nicht gerecht wird. Es ist ein quasi senkrecht abfallender Weinberg, eine mit Reben bepflanzte Steilwand, die von insgesamt 29 Trockensteinmauern gehalten wird. Sie zu pflegen ist Knochenarbeit, sie biologisch zu bewirtschaften verlangt mehr Liebe und Überzeugung als ich mir vorstellen kann. Um die Monokultur zu brechen, stehen innerhalb des Weingarten auch Pfirsich-, Marillen-, Zwetschken- und Kirschbäume. Insgesamt wachsen zwischen den Rebreihen über 200 Pflanzenarten, die zum einen die Aufgabe haben, den Boden zu beleben und ihn andererseits vor Erosion zu schützen.

Bestockt sind die Parzellen mit uralten Lumassina-Reben. Die Lumassina verdankt ihren Namen dem Umstand, dass die aus ihr gekelterten Weine angeblich ganz exzellent zu Schnecken (Lumache) passen, denen in der Gegend um Savona wiederum eigene Feste gewidmet sind. Die Lese zieht sich aufgrund des Höhenunterschieds über mehrere Wochen – das hat zur Folge, dass die Trauben in mehreren Mikrovinifikationen verarbeitet, erst zum Ende der Gärung miteinander cuvetiert werden.

Der Lumassina del Bosco bleibt für einige Tage auf der Maische und wird danach für ein knappes Jahr in 225- und 500 Liter Fässern gereift. Er ist ungeschönt und ungefiltert.

Lumassina del Bosco: Kristallin, steinig und glockenklar. Blüten und Kräuter geben den Ton an, ergänzt von gelber Frucht. Vereint Tiefe mit einer spielerischen Leichtigkeit. Erfrischend und saftig. Die Säure ist forsch aber im grünen Bereich und ohnehin bestens eingebettet in eine konzentrierte und engmaschige Textur.  

Terrazze Singhie

Adresse: Località Castagnassi, Orco Feligno
Telefon: 339 5364835 oder 380 8996853
E-mail: info@terrazzesinghie.it
Webseite: www.terrazzesinghie.it

Nach vielen Jahrzehnten harter Arbeit, in denen er fast im Alleingang Bramaterra wieder auf der vitikulturellen Landkarte positioniert hat, hat Odilio Antoniotti mittlerweile die Leitung seines Weinguts an seinen Sohn Mattia übergeben. Der führt den Weg seines Vaters konsequent fort. Zu ändern gibt es wenig. Odilios Weine, die er über Jahren zur ViniVeri-Messe nach Cerea brachte, waren stets ein beeindruckendes Abbild seiner Umgebung – kühle, eindringliche und nachhaltig produzierte Manifeste eines alpinen Terroirs. 

Obwohl klimatisch bisweilen grenzwertig, ist die Gegend nordwestlich von Biella historisches Weinland. Angeblich pflanzte man hier anfangs vor allem Reben, um den Jagdpartien der betuchten Turiner Gesellschaft auch Wein bieten zu können. Schnell dürfte man allerdings festgestellt haben, dass diese mit den besten des Piemonts mithalten konnten. Vor allem der regionale Klerus war angetan – so sehr, dass die Weine Bramaterras auch als „vini dei canonici“ in die Annalen eingingen. Bis ins beginnende 20. Jahrhundert gehörte die Gegend zu den renommiertesten der Region. Viel Geld machte man trotzdem nicht damit, sodass viele Bauern in die Turiner Industrien abwanderten. Die Antoniottis blieben.

Basis für ihre Weine sind ein extrem heterogenes vulkanisches Terrain und vier Rebsorten: Nebbiolo, der hier aufgrund des fehlenden Kalks etwas weicher wirkt als in seinen Hochburgen im Süden, Vespolina, Croatina und Uva Rara.  Aus ihnen keltern sie drei Weine, die spontan vergoren, ungeschönt und ungefiltert, der Region und ihrer Geschichte den Spiegel vorhalten.

Weine

Pramartel: Ein Vino da Tavola im allerbesten Sinne des Wortes. Erfrischend, kühl, strukturiert, mit einer feiner, nie aufdringlicher Frucht und dezenter Würze. Aus Nebbiolo, Vespolina, Croatina und auch ein bisschen Uva rara gekeltert.  

Bramaterra: Aus denselben Rebsorten produziert. Alte Reben. Von Anfang an ein großer Wein. Vielschichtiges Aromaprofil: Unterholz, dunkle Frucht, süße Gewürze, Veilchen – eingebettet in eine pulsierende, von lebendiger Säure und feinkörnigem Tannin geprägte Textur. Dank langer Jahre im gebrauchten Holzfass ausgewogen und harmonisch. Hat Kraft und ist doch schnell weggetrunken. 

Coste della Sesia: 90% Nebbiolo, 10% Croatina. Im Durchschnitt 40 Jahre alte Reben. Von einem Wald umgeben.  Ausbau in großen Holzfässern. Klassische Nebbiolonase. Am Gaumen jedoch geschmeidiger und wenig fordernd als viele Exemplare aus dem Süden. Frisch, elegant und voller Energie. 

Odilio Antoniotti

Adresse: Vicolo Antoniotti 5, Casa del Bosco
Telefon: 0163 860309
E-mail: antoniottiodilio@libero.it

Die Cantine Valpane ist eine jener Perlen, von denen es im Monferrato einige gibt. Nebbiolo, die alles überstrahlende Sorte des Piemonts, spielt hier keine Rolle. Vielmehr zeigt Pietro Arditi, seit Jahrzehnten die führende Hand am Weingut, welche Qualitäten in Freisa, Grignolino und Barbera stecken. Pietro vinifiziert die drei Sorten in einem Anwesen, dessen Wurzeln im 13. Jahrhundert liegen und in dessen zwar renovierten aber trotzdem steinalten Mauern sich neben seinen Weinen auch Gästebetten befinden. 

Innerhalb der langen Geschichte des Guts sieht sich Pietro in einer angenehm bescheidenen Rolle, wenn er meint, dass die Weine hier immer exzellent waren und es seine Aufgabe sei, diese Tradition nicht zu ruinieren. Damit das auch gelingt, macht er viele Sachen wie sein Großvater, der 1902 das Weingut gründete. Er sieht das nicht als unkritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, sondern vielmehr als einen Ansatz, der die Auseinandersetzung mit der Natur in den Mittelpunkt des Interesses rückt.

Im Keller setzt Pietro während der Vergärung auf große Zementzisternen, der Ausbau findet normalerweise in Stahl, Zement und Holz statt und zieht sich über Jahre. Abgesehen von seinem Basisbarbera bleiben alle Weine mindestens drei Jahre im Keller, bevor sie in den Verkauf gehen, bei manchen sind es auch einige Jahre mehr. Zudem legt er immer wieder Flaschen zur Seite, sodass man auch zehn bis fünfzehn Jahre alte Versionen seiner Weine (zu erstaunlich moderaten Preisen) erstehen kann.  Alle seine Weine sind ungeschönt und ungefiltert.

Cantine Valpane

Adresse: Cascina Valpane 10/1, Ozzano Monferrato
Telefon: +39 0142 486713, -335 5478607
E-mail: info@cantinevalpane.com

Die Weine

Rosso Pietro: Zu 100% Barbera. Über ein Jahr in Zement und Stahl ausgebaut. Genau das, was man sich von einem Einstiegswein erhofft. Er hat klare, kühle Fruchtaromen, ist zudem würzig und ein wenig erdig, hat eine lebhafte, für Barbera typische Säure, einen dahinströmenden Trinkfluss und macht sich bestens zu Wildschwein oder Maroni.  

Grignolino Euli: Euli ist ein, aus dem Langobardischen abgeleitet Begriff und für Deutschsprecher recht leicht zu entschlüsseln. Er bedeutet ganz einfach Eule, von denen es im Monferrato angeblich heute noch eine ganze Menge gibt. Einer meiner liebsten Weine: floral, rote Beeren, alles sehr zart und doch einnehmend. Hat erstaunlich viel Tannin. Ist folglich recht geradlinig und direkt und dabei doch stets leichtfüßig.

Freisa Canone Inverso:  Pietro meint, dass der Canone Inverso eine musikalische Struktur hat, bei denen sich die Töne überlagern. Er ist definitiv vielschichtig und bietet kräuterige, rotbeerige (Freisa bedeutet in Latein Erdbeere) und süße Gewürzaromen. Das Tannin packt zu, weshalb es Sinn macht auf ältere Jahrgänge (von denen es einige gibt) zurückzugreifen.

Barbera Perlydia: Pietros wichtigster Barbera. Bleibt über mehrere Jahre im Stahltank, ehe er noch für einige Zeit in Holzfässer wandert. Hat Kraft aber auch Säure, um ihr zu kontern. Ist nach Jahren der Reifung jedoch ausgewogen und in perfektem Gleichgewicht. Abermals süße Gewürze und Weichseln. Mundfüllend. Beeindruckend wie auch der Rest des Sortiments.

Rosa Ruske: Cuvée aus alten autochthonen Sorten. Leider nie probiert.

Die Cascina Val Liberata ist eines der unzähligen jungen Weinprojekte, das in den letzten Jahren mit bester Intention und großem Eifer im Piemont gestartet wurden. Es wurde 2014 in Villamiroglio, gut 30 Kilometer westlich von Turin offiziell ins Leben gerufen, wobei Deirdre O’Brien und Maurizio Caffer bereits davor als Landwirte tätig waren. 2014 kamen zu den Nussbäumen und Gemüsegärten dann aber auch noch 3,5 Hektar Weingärten hinzu, bepflanzt mit 1,5 Hektar Nebbiolo, 0,5 Hektar Grignolino und 1,5 Hektar Slarina. Über Letztere würde ich gerne ausführlich berichten, doch ist so gut wie nichts über die Sorte bekannt. Sie hat ihre Heimat im Basso Monferrato – der Gegend, die die Cascina Val Liberata einschließt –, wo sie auch unter dem Namen Cenerina (die Aschfarbige) bekannt ist. Erstmals erwähnt wurde sie im 18. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert wurde sie aufgrund schwacher Erträge kaum noch angepflanzt. In den letzten Jahren beschäftigte sich die Universität in Turin mit ihr und fabrizierte einige Mikrovinifikationen, die auch Deirdre und Maurizio kosteten(und anscheinend auch Ezio Trinchero, der sie gleichfalls kultiviert) und, begeistert vom Ergebnis, auspflanzten.

Die Weingärten befinden sich auf von Wald umgebenen Hängen und fallen relativ steil ab. Die Bewirtschaftung ist offiziell biologisch, inoffiziell borgen sich die beiden auch einige Methoden aus der Biodynamik aus. Mit eigenen Kräuterextrakten probieren sie sich zudem an der Bekämpfung von Peronospora.

Der Wein

Cenerina: Meines Wissens der bisher einzige Wein der beiden. 100% Slarina. In einer Zementzisterne spontan vergoren und. ausgebaut. Ungeschönt und ungefiltert. 20mg/l SO2. Delikat und zart in der Nase. Himbeeren, Granatapfel – rote Früchte. Dazu eine feine Würze. Am Gaumen dasselbe Spiel. Die Säure ist dezent, doch lenkt das Tannin und gibt Richtung. Öffnet sich mit Luft zunehmend. Bleibt dabei stets kühl und grazil. Endet rotbeerig und elegant. Exzellent.

Cascina Val Liberata

Adresse: Via Alemanno 9, Villamiroglio
Telefon: + 39 0142 947164
E-mail: cascinavalliberata@gmail.com

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Oltretorrente, das sind Chiara und Michele, zwei junge Agronomen aus Mailand, die nach ihrem Studium ihrem Wunsch Winzer/in zu werden, Taten folgen ließen. Ohne auf große Reserven oder ein paar geerbte Hektar zurückgreifen zu können, wagten sie 2010 den Sprung ins kalte Wasser und fingen mit eineinhalb Hektar Weingärten in Paderna in der Colli Tortonesi an. Nach absehbar schwierigen ersten Jahren, sind mittlerweile weitere 5,5 Hektar hinzugekommen, genau soviel wie die beiden zu zweit bewirtschaften können. Bestockt sind die insgesamt 10 Parzellen mit den klassischen Rebsorten der Gegend, allen voran Barbera und Timorasso. Die Reben sind größtenteils alt, mache haben 100 Jahre auf dem Buckel.

Die Bewirtschaftung ist seit den Anfängen biologisch, zertifiziert ist man seit 2012. Abgesehen von der grundsätzlichen Notwendigkeit ihren Reben und sich selbst ein möglichst lebenswertes Ambiente zu schaffen, sind die beiden auch felsenfest davon überzeugt, dass sich nur in einem gesunden und biodiversen Umfeld die Geschichte ihrer Region in ihren Weinen nacherzählen lässt. Und genau darum geht es den beiden. Sie wollen mit durchaus zeitgenössischen Methoden, die Traditionen und das Terroir der Colli Tortonesi einfangen. Im Keller vertraut man auf wilde Hefen für die Vergärung und auf große Zementbottiche und alte Barriques für den Ausbau, die ihnen von benachbarten Weinbauern überlassen wurden. Entstanden ist darin ein Sortiment, dass in weiß wie in rot zum spannendsten gehört, was man in der ohnehin umtriebigen und an exzellenten Weinen nicht armen Ecke bekommen kann.

Oltretorrente 

Adresse: Via Cinque Martiri, Paderna
Tel: 3484027271 oder 339 8195360
Email: info@otretorrente.com
Webseite: www.oltretorrente.com

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Die Weine

Colli Tortonesi Derthona: 100% Timorasso. Sanfte Ganztraubenpressung. 10-monatiger Ausbau in Zement + weitere 5 Monate in der Flasche. Klassischer Timorasso. Weiße Früchte, weiße Blüten, Stein. Lenkende Säure. Salzig. Lang.

Bianco Colli Tortonesi: weiße Cuvée aus Cortese, Favorita, Timorasso und Moscato.  Ausbau über acht Monate im Stahltank und weitere drei in der Flasche. Gleichfalls Blütennoten, generell allerdings aromatischer und auch etwas breiter als der Derthona.

Colli Tortonesi Rosso: Größtenteils Barbera, ein wenig Dolcetto. 30-tägige Mazeration. Über acht Monate in Zement ausgebaut. Lebendig, dicht, saftig. Rotfruchtig und würzig.

Barbera superiore: Trauben von steinalten Reben. Minimaler Ertrag (30hl/ha). Gärung und Mazeration in Zement. Ausbau über 18 Monate in gebrauchten Barriques und sechs Monate in der Flasche. Intensive Aromatik. Vielschichtig. Dunkle rote Frucht, Pfeffer und Gewürze. Knackige Säure trifft auf eine profunde Textur. Bestens strukturiert. Tief. Hat bis zum Ende und darüber hinaus Substanz und Energie. Sehr gut.

DAS WEINGUT

Carlo Deperus und Tatiana Hollers Weingut befindet sich hoch oben im Norden Sardiniens, im Grenzgebiet zwischen den kargen Hügeln Anglonas und den immensen Felsbrocken und schroffen Bergen der Gallura. Letztere ist an der Küste ein Tummelplatz für die Schönen und Reichen dieser Welt, im Landesinneren jedoch weiterhin eine nur sporadisch bevölkerte, tief ländliche und mit vielen Reben bestockte Region der Insel.

Dorthin, genauer nach Perfugas, ist Carlo Deperu im Jahr 2005 zurückgekehrt, nachdem er zuvor in Mailand Landwirtschaft und Önologie studiert und auf diversen Weingütern am Kontinent (die Sarden nennen Italien so) gearbeitet hatte. Mit ihm kam seine Frau Tatiana Holler, eine gebürtige Brasilianerin, ihres Zeichens Marketing & Kommunikationsexpertin und folglich auch beruflich die kongeniale Ergänzung zu Carlo.

Zur Verfügung standen den beiden die leicht zu einem See abfallenden, auf Kalk und Granit basierenden Weingärten der Familie Deperu, die sie komplett neu und dichter als zuvor bepflanzten. Einen Teil mit – wie es sich für die Gallura, der einzigen DOCG Sardiniens gehört – Vermentino, neben die sie allerdings auch andere weiße Rebsorten wie Malvasia, Moscato, Nasco und Arvesionadu setzten. Einen anderen Teil mit roten Rebsorten: Bovale sardo, Cannonau und auch ein wenig Cabernet Sauvignon.  Alles in allem 6 Hektar, genau soviel wie sie glaubten, zu zweit bearbeiten zu können. 

Abgesehen von den kargen und steinigen Böden ist es vor allem der Maestrale, der täglich einfallende Nordwind, der seine Spuren in der Bewirtschaftungskonzeption und auch im Wein hinterlässt.  Auch wenn die beiden nicht biologisch zertifiziert sind, verwenden sie ausschließlich Schwefel und Kupfer, letzteren aufgrund der bestens ventilierten und zudem meist recht trockenen Weingärten allerdings sehr selten. 

Perfektes Traubenmaterial ist die Folge (wobei sie in sehr heißen Jahren bisweilen ein kleines Säureproblem haben und im Fall des Falles auch die Weißweine ein wenig mazerieren), aus denen sie insgesamt vier Weine keltern, die weiß wie rot ganz sicher zu den besten des sardischen Nordens gehören. Die Produktionsschritte unterscheiden sich naheliegenderweise je nach Rebsorte, Lage und Stilistik, allen gemein ist allerdings, dass sie spontan vergoren, nicht geschönt und nicht gefiltert werden.

Die Weine

Fria: 100% Vermentino. Je nach Jahresverlauf eine kürzere (1 Tag) oder längere (ein paar Tage) dauernde Mazeration. Gärung und Reifung im Stahltank. Warme, an Blüten und Heu erinnernde Aromen.  Am Gaumen Kräuter, weiße Frucht, Mandeln und Salz. Weich und aber dank eines Zusammenspiels aus dezentem Tannin und ein wenig Säure bestens strukturiert.  

Prama Dorada: größtenteils Vermentino + Moscato, Malvasia, Nasco,  Arvesionadu. Pied de Cuve. Mindestens sieben Tage in Kontakt mit den Schalen. 9 Monate in Stahl und Zement. Kraftvoll und konzentriert. Leicht oxidativer Ton, gelbe Frucht, Mandeln, Honig, Kräuter. Weich, rund, dicht, ein langer ruhiger Fluss. Intensiv und eindrücklich.

Familia: Bovale Sardo (Muristellu) und andere autochthone Sorten. Ein Wein für alle, ein Tischwein auf hohem Niveau, ein Essensbegleiter zu Schaf & Co – ergo der Name Familia. Eine Woche in Kontakt mit den Schalen.  Ausbau im Stahltank. Balsamisch, rote Frucht, würzig. Ausgewogen, weich, mit sanftem aber steuerndem Tannin. Langes, den Gaumen einhüllendes Finish. Sehr schön.

Oberaia: Cannonau + Cabernet S.: Laut Carlo, ein Wein für Feste und folglich den Menschen der Oberaia de Santu Jurzi-Vereinigung gewidmet, die jedes Jahr am 23. April das Dorffest in Perfugas organisieren. Ausbau in gebrauchten Holzfässern. Kraftvoll, saftig. Rote Frucht. Pfeffer. Kräuter. Ein paar süße Gewürze. Druckvoll. Gehaltvoll. Nachhaltig. Sehr gut.

DEPERU HOLLER

Carlo Deperu und Tatiana Holler
Via Mazzini 80
Perfugas
Telefon: +393332957208
info@deperuholler.com
www.deperuholler.com

Cold Facts

Jahresproduktion: ca.15000 Flaschen
Rebsorten: Vermentino, Nasco, Moscato, Malvasia, Cannonau, Bovale Sardo (Muristellu), Cabernet sauvignon
Rebfläche: 6 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: ja, organisch
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: nein
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein

Bezugsmöglichkeiten Italien online: inke.it

Bezugsmöglichkeiten AT, DE, CH: –

DAS WEINGUT

Antonio Meles Weingut ist eine Bar. Oder umgekehrt. Je nachdem mit welchen Intentionen man eintritt. Wir dachten, es sei eine Bar, tranken Kaffee und fragten danach nach dem Weg zum Weingut Sedilesu. Das, meinte die ältere Dame am Tresen, befinde sich schräg gegenüber, wir könnten aber, wenn wir wollten, zuerst die Weine von ihrem Sohn Antonio probieren. Der trat, wie bestellt, in diesem Moment durch die Hintertür ein und führte uns eine Minute später durch diese hinunter in einen Keller, in dem sich ein paar  Stahltanks und ein paar Holzfässer aus Eiche und Kastanie befinden. 

Darin liegt Cannonau, die große rote Sorte Mamoiadas. Seit 2017 füllt er selbst ab. Davor verkaufte er, so wie es auch schon seine Eltern und Großeltern getan hatten, seine Trauben an andere Winzer des Ortes. Ein paar Tausend Liter produzierte er allerdings auch selbst – für den Eigenbedarf, die Bar und Freunde, die mit 5-Liter Kanister bei ihm vorbeikamen und den Wein aus dem Fass zapften. Damit ist glücklicherweise auch heute nicht Schluss – ein Tank ist immer noch voll für all jene, die gerade keine Korkenzieher eingesteckt haben oder einfach nur ein paar Liter Rotwein haben wollen ohne dafür tief in die Tasche greifen zu müssen. 

Dazu gibt es aber mittlerweile auch drei Flaschenweine, die sich hinter den besten Mamoiadas nicht verstecken müssen und die er unter dem Namen „Vinera“ – dialektal für guter Wein – vermarktet. 

Sie stammen aus einem Weingarten namens „Su hastru e su orvu“ – zu deutsch „die Festung des Raben“, den er seit jeher traditionell (alberello-Erziehung) und biologisch bewirtschaftet. Vergoren wird spontan, geschönt und gefiltert wird nicht, geschwefelt minimal.

Die Weine

Vino sfuso (der Wein aus dem Tank): Total fein. Weich, rund, mit Körper und Kraft (Cannonau eben) viel Frucht und bestem Trinkfluss. Wir hatten leider keinen Kanister dabei und mussten uns deshalb mit einer 2-Liter-Plastikflasche zufrieden geben.

Vinera:  Antonios wichtigster Wein. Über 10 Monate im großen Holz und danach noch weitere 6 Monate in der Flasche gereift. Dicht und strukturiert. Hat ordentlich Power aber auch die entsprechenden Tannine, um sie zu bündeln. Tiefe dunkle Frucht. Kräuternoten, Pfeffer. Ist für sich zwar exzellent, macht aber mit Lamm, Schaf oder Pecorino noch mehr Spaß.

Vinera Riserva: 12 Monate im Tonneaux und danach nochmals 12 Monate in der Flasche. Wer Zeit und Geduld hat sollte ihm weitere 12 Monate oder mehr gönnen. Opulent und wuchtig, allerdings mit Muskeln. Der Gerbstoff packt zu und die, in Mamoiada stets präsente Säure, lenken den Wein und geben ihm Struktur. Fließt dicht, konzentriert und dunkelfruchtig über den Gaumen und hinterlässt dort eine süße Würze.

Es gibt normalerweise auch noch einen Rosato, doch war der gerade ausverkauft.

ANTONIO MELE

Via V. Emanuele II, 63, 08024 Mamoiada NU
+39 347 0559522
cantinaantoniomele@gmail.com

Cold Facts

Rebsorten: Cannonau
Rebfläche: 6 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja,
Wohnmöglichkeit: nein

DAS WEINGUT

Mamoiada ist ganz tief mit dem Namen Sedilesu verbunden. Ohne Giuseppe und Grazia, die mittlerweile fast so alt sind wie die ältesten Rebstöcke des kleinen Dorfes, wäre Mamoiada vermutlich noch immer ein gottverlassener Ort, ein wenig südlich der Provinzhauptstadt Nuoro. Doch als die beiden im Jahr 2000 anfingen, ihren Wein als erste des Dorfes in Flaschen zu füllen und auch noch erfolgreich zu verkaufen, lösten sie eine zwar langsame aber doch stetige Revolution aus, die Mamoiada heute zum Hotspot sardischer Weinkultur macht. 2001 begann auch Giampietro Puggione mit der Flaschenfüllung, 2004 Giovanni Montisci. 2015 waren es insgesamt sechs Winzer, 2020 – nach der Gründung der lokalen Winzerorganisation Mamoja – stolze 22.

Federführend in der Etablierung des Namen Sedilesu und damit auch Mamoiadas waren dann vor allem Salvatore und Francesco Sedilesu, die Söhne von Giuseppe und Rosalia, die im Weingarten an den Traditionen der Gegend festhielten, sie jedoch in offizielle Bahnen lenkte. Die 22 Hektar Weingärten – mit Abstand die meisten in Mamoiada – sind heute offiziell biozertifiziert, gearbeitet wurde allerdings von keinem Winzer des Ortes je anders: das ist nicht zwingend auf ein ausgeprägteres ethisches Bewusstsein als in anderen Regionen der Welt zurückzuführen, sondern ganz einfach auf die Tatsache, dass Pflanzenschutz aufgrund der extrem trockenen und windigen Bedingungen kaum notwendig ist.

Die Weingärten der Sedilesus liegen zwischen 600 und 850 Meter Seehöhe und sind zum größten Teil mit Cannonau bestockt. Cannonau ist das sardische Synonym für Grenache oder Garnacha und ein Relikt der Spanier, die vom früher 14. Jahrhundert hinweg Sardinien beherrschten. Seit damals dürfte sich die Sorte auch auf der Insel befinden, genug Zeit also, um sich quer durch das Land auszubreiten. In Mamoaida und speziell auch in den Weingärten der Sedilesus zeigt sie ihr ganzes Potenzial. Daneben kultiviert die Familie aber auch noch Granazza, eine autochthone weiße Sorte, die einzig und allein in der Barbagia, dem zentralen Hochland Sardiniens vorkommt. Früher versuchte man damit den Cannonau zu zähmen, heute wird sie jedoch immer öfter reinsortig und im Fall der Sedilesus auch mit längeren Schalenkontakt ausgebaut.

Im Keller des Weinguts, das sich mitten im Zentrum Mamoiadas befindet, ist in den letzten zwei Jahrzehnten einiges passiert. Was nicht bedeutet, dass die Sedilesus die ihnen zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten komplett ausnutzen. Im Gegenteil. Man genießt zwar den Umstand ausreichend Platz zu haben, vinifiziert jedoch großteils so wie es auch schon Giuseppe gemacht hat. Die Gärung startet spontan und ohne Temperaturkontrolle oder sonstige Interventionen. Je nach Weintyp gibt es unterschiedlich lange Maischestand- und Ausbauzeiten. Gereift wird größtenteils in Holz. Geschönt und gefiltert wird grundsätzlich nicht.

Die wichtigsten Weine

Granazza: Das weiße Aushängeschild der Gegend. Profitiert wie auch der Cannonau von den klimatischen Bedingungen. Ergo: tagsüber viel Sonne, kalte Nächte, viel Wind. Über 10 Monate in Zement ausgebaut. Blütenaromen, weiße Fruchtaromen, Kräuter. Nicht zu viel aber doch ausreichend Säure. 

Granazza sulle bucce (Granazza auf den Schalen): Definitiv die spannendere Variante. Vital und druckvoll. Erdig. Tiefe, reife gelbe Frucht. Intensive Blütennoten. Macht Dampf in Richtung Gaumen. Wirkt am Ende warm und doch belebend.

Perda Pintà: 100% Garnazza. Nach einer Großlage in Mamoiada benannt. Im Barrique vergoren und ausgebaut. Meist recht kompromisslos im Alkohol (2018 hatte ich eine Version – ich glaube 2014 – mit 17,3% Alk.). Für klassische Rieslingtrinker gewöhnungsbedürftig. Kräuter & Balsamnoten. Kaum Frucht. Mediterran in jeglicher Hinsicht.

Mamuthone: 100% Cannonau. Der Klassiker des Hauses.

Ballu Tundu: Damit fing im Hause Sedilesu alles an. Cannonau von 100-Jahre alten Reben. Wochenlang auf den Schalen und zwei Jahre im Fass. Opulent, dicht und warm. Unter sardischer Sonne gewachsen. Ein Wein, der zeigt, wo er herkommt. Reife, rote Frucht, süße Gewürznoten. Kraftvoll, konzentriert und ausgewogen.

Sedilesu: 100% Cannonau. Wie schon beim Ballu Tundu Trauben von sehr, sehr alten Reben. Über zwei Jahre im Holz ausgebaut. Üppig und mächtig. Dank präsenter Säure und bündelndem Tannin allerdings auch im Gleichgewicht. Kraftvoll und ausdrucksstark. Konzentrierte Frucht, mediterrane Kräuter, tiefe Würze. Lang. 

GIUSEPPE SEDILESU

Francesco & Salvatore Sedilesu
Via Vittorio Emanuele II
Mamoiada
Telefon: +39078456791
Email: ufficio.sedilesu@gmail.com
www.giuseppesedilesu.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 100000 Flaschen
Rebsorten: Cannonau, Granazza
Rebfläche: 22 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja – eigener Verkostungsraum und Shop
Wohnmöglichkeit: nein

DAS WEINGUT

Simone Sedilesu stammt aus dem Clan der Sedilesus, in Sachen Wein seit jeher Vorreiter in Mamoiada, einem kleinen Ort hoch oben in den Bergen Sardiniens, bekannt für die Vielzahl dort herumlaufender 100-jähriger, sein Maskenfest und seine fantastischen, quasi ausschließlich aus Cannonau gekelterten Rotweine. Er ist studierter Önologe, der – anders als die meisten Weinbauern Mamoiadas – sich auch im Ausland umgeschaut und in Südafrika gelernt hat „wie ich Wein nicht machen will.“

Tief mit seiner Familie und den Traditionen Mamoiadas verbunden, nutzte er 2015 die Möglichkeit 3 Hektar Weingärten samt Weinkeller von einem alten Weinbauer mit noch älteren Weinreben zu erstehen und alleine seinen Weg zu gehen.

Knapp 100 Jahre sind seine ältesten Cannonau-Rebstöcke alt, gepflanzt in sandige Böden auf ca. 750 Meter Höhe. Diese vier Komponenten – Rebsorte, Alter der Rebstöcke, der sandige Untergrund und die Höhe – sind, laut Simone, alles entscheidend für das Verständnis und die Identität mamoiadischer Weine. Cannonau, vermutlich besser bekannt als Grenache (franz.) oder Garnacha (span.) tendiert zu hohen Alkoholgradationen und das ist auch in Mamoiada nicht anders. Im Gegenteil. Nirgendwo sonst scheint die Rebsorten so viel Zucker zu akkumulieren wie dort, doch anders als beispielsweise in Chateauneuf-du-Pape oder Navarra behält sie dank der Höhenlage und den damit verbundenen kühlen Nächten auch eine puffernde Säure, die dem Wein auch bei 16% Alkohol Trinkfluss verleiht. Der sandige und staubtrockene Untergrund ist wiederum ideal für die Sorte, die über zu viel Feuchtigkeit nicht allzu glücklich ist.  Die steinalten Rebstöcke wiederum liefern eine immense Vielfalt an unterschiedlichen Cannonau-Biotypen und folglich zwar meist wenige aber dafür umso ausdrucksstärkere Trauben. All das und noch viel mehr weiß Simone natürlich, der schon als kleiner Junge mit seinem Großvater Giuseppe (dem Initiator der mamoiadischen Weinrevolution) durch die Weingärten streifte und das einst Gehörte heute mit seinem, in der Universität angesammelten wissen vereint.

Die Bewirtschaftungsart der Weingärten ist seit Kurzem offiziell biologisch, wobei es, laut Simone, in Mamoiada niemanden gab und gibt, der nicht biologisch arbeiten würde – wobei zumindest derzeit die wenigsten zertifiziert sind. Das liegt nicht an einem besonders ausgeprägten ethischen Verständnis der Bevölkerung, sondern ganz einfach daran, dass es aufgrund der Trockenheit und des stets einfallenden Maestrale kaum Rebkrankheiten gibt.  

Die handgelesenen Trauben werden im Keller spontan in Stahl- und Plastikbehältnissen vergoren und danach fast durchwegs in unterschiedlich großen Holzfässern ausgebaut.

Die Weine

Barbagia IGT: Simones Weißwein. Aus 100% Granazza. Granazza wurde früher dazu verwendet, die Kraft des Cannonau ein wenig zu zügeln. Weshalb sich auch heute noch immer wieder vereinzelt Rebstöcke in den Weingärten finden, die Simone mittlerweile separat vinifiziert. Im Stahltank ausgebaut ist er saftig, lebendig und fein-aromatisch, mit einem zupackenden Säuregerüst und einer, für sardische Verhältnisse, überraschenden Frische. 

Cannonau IGT: Die Basis. Hat für gewöhnlich weniger Alkohol als die meisten anderen Weine aus Mamoiada. Lässt sich also schon am Nachmittag trinken. Bleibt über gut zwei Wochen in Kontakt mit den Schalen und landet danach für ein Jahr in 1000 Liter fassende Tonneaux. Rote Frucht, Kräuter, Pfeffer. Erstaunlich elegant und geradlinig. 

Cannonau Riserva IGT: Stammt von 90 Jahre alten Rebstöcken eines speziellen Weingartens (Garaunele). Spontan vergoren bleibt der Wein über 30 Tage in Kontakt mit den Schalen und verschwindet danach für zwei Jahre in gebrauchten 500-Liter fassenden Holzfässern. Intensiv, kraftvoll, konzentriert. Dunkelfruchtig und würzig. Opulent, doch dank eines zupackendes Gerbstoff- und Säureprofils, ausgewogen. 

CANTINA VIKEVIKE

Simone Sedilesu
Via Marsala, 19/21,
08024 Mamoiada NU, Italia
Telefon: +39 348 229 0179
Email: cantinavikevike@gmail.com
www.vikevike.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 120000 Flaschen
Rebsorten: Cannonau, Granazza
Rebfläche: 3 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: ja
Pflanzenschutz: kaum Kupfer, Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein

Bezugsmöglichkeiten Italien online: inke (spezialisiert auf sardische Produkte)

Bezugsmöglichkeiten AT, DE, CH: nicht, dass ich wüsste

DAS WEINGUT

Giovanni Montisci macht ziemlich sicher den besten Cannonau Sardiniens. 

Zumindest toppt er mit seiner Barrosu Riserva Franzisca meine persönliche Rangliste. Die Reben dafür stehen in einem 0,7 Hektar großen Weingarten in Mamoiada, im Herzen der sardischen Barbagia. Sie wurden dort ungefähr 1935 ausgepflanzt, in einer Zeit also, in der die Barbagia zu den entlegensten Orten Italiens gehörte und ihre Bevölkerung vorwiegend aus Hirten und Banditen bestand. 

Ende der 1990er Jahre erbte Giovanni, der damals mit Wein nichts am Hut hatte und als Mechaniker arbeitete, die kleine, verwilderte Parzelle (und noch 1,3 Hektar mehr), die im Laufe der Zeit sein Leben verändern sollte. Begeistert von der Arbeit im Feld, setzte er den Weingarten wieder instand, hörte sich bei den alten Winzern von Mamoiada um und lernte mit deren Hilfe alles über die vitikulturellen Traditionen der Region.

Da zwei Hektar nicht allzu viel, für ihn allerdings ausreichend sind, kann er sich mit jedem Rebstock einzeln beschäftigen und auf größere Maschinen verzichten. Er macht quasi alles per Hand, für gröbere Arbeiten hat er ein Pferd. 

Seine drei Parzellen sind mittlerweile biologisch zertifiziert, wobei ihm das günstige Klima Mamoiadas zusätzlich in die Karten spielt. Peronospora, das nur mir Kupfer oder Fungiziden zu bekämpfende Damoklesschwert im kontinentalen Weinbau kommt in Mamoiada nur alle heiligen Zeiten vor – der Trockenheit und dem tagtäglich blasenden Maestrale sei Dank. 

Cannonau ist Giovannis unumschränkte Nummer eins. Er keltert daraus die bereits erwähnte Riserva, einen weiteren Wein, den vermutlich jeder andere Winzer als Riserva bezeichnen würde und einen gewichtigen rosato, der zu den besten Italiens gehört. Seit 2019 füllt er auch offiziell einen Weißwein, einen Vermentino mit dem Namen Modestu.

Im Keller setzt Giovanni die Prinzipien, die seine Weingartenarbeit bestimmen, konsequent weiter fort. Er vergärt spontan und ohne Temperaturkontrolle in offenen Gärbottichen, mazeriert für ca. 3 Wochen und lässt seine Weine dann für ein gutes Jahr und ohne weitere Eingriffe (kein Schönen, kein Filtern, kein Schwefeln) reifen.

Die Preise der Weine von Giovanni Montisci schlagen ganz ordentlich nach oben aus, doch gehören sie auch allesamt zum Besten, was man aus Sardinien trinken kann.

Barrosu Rosato: aus 100% Cannonau. Im gebrauchten Barriques über 8 Monate ausgebaut. Sprengt die Erwartungshaltungen, die man gemeinhin mit Rosé verbindet. Hat Power, Substanz, Tiefe und reife Fruchtaromen, dank der ganz speziellen klimatischen Voraussetzungen Mamoiadas  und der Höhenlage seines Weingartens aber auch Säure und Präzision. 

Barrosu: stammt von einem nicht ganz so alten Weingarten (1955 gepflanzt). Über 12 Monate im Tonneaux ausgebaut. Dicht und intensiv. Rote Frucht, Myrte und andere mediterrane Kräuter. Pfeffer. 15,5% Alkohol (der 2018er). Das tut aber nicht viel zur Sache, da die immense Power durch ordentlich Gerbstoff, vor allem aber durch vitale Säure gepuffert wird. Beeindruckend lang. 

Barrosu Riserva Franzisca: Eleganz ist keine Qualität, die man in sardischen Weinen suchen sollte. Und doch vermittelt Giovannis Riserva bei all ihrer monumentalen Kraft doch auch eine gewisse Leichtigkeit – aber vielleicht unterliege ich da auch einer Sinnestäuschung, denn letztlich sprechen 15,5% Alkohol schon eine deutliche Sprache. Wie auch immer. Aromen, Säuren, Tannine, Extrakte & co. stehen in einer perfekten Konstellation zueinander und machen den Wein zu einem, in Worten schwer zu beschreibenden, grandiosen sensorischen Ereignis.

Modestu: 100% Vermentino von einem knapp 1000 Meter hoch gelegenen Weingarten – leider, leider noch nie probiert.

GIOVANNI MONTISCI

Via Asiago, 7B
Mamoiada
Telefon: +39 328 019 3273
Email: giovanni.montisci@tiscali.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 5000 Flaschen
Rebsorten: Cannonau, Vermentino
Rebfläche: 2 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein

Bezugsquellen Italien (Online): callmewine, decanto, wineyou

Bezugsquellen (AT/DE/CH): –


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