Die biodynamische Arbeitsweise basiert auf einer Reihe von Vorlesungen, die Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie im Juni 1924 in Carl von Keyserlings Anwesen in der Nähe von Breslau abgehalten hat. Dabei waren die Grundgedanken, die Steiner dazu führten, diese Vorlesung zu halten von ähnlichen Bedürfnissen getragen, die Winzer (und andere Landwirte) dazu bringen, heute auf biodynamische Grundsätze zurückzugreifen.

Steiners Ansatz war zuallererst ein oppositioneller: eine Antwort auf eine immer stärker um sich greifende Industrialisierung der Landwirtschaft. Das Prinzip ständig höherer Produktionszahlen paarte sich damals mit dem klassisch kapitalistischen Ansatz immer höherer Profite und fortwährender Expansion und dem bedingungslosen Glauben an eine stete technologische Evolution.

Steiner setzte den positivistischen Konzeptionen eine spirituell geprägte Erfahrungswelt entgegen. Auf die Bitte einiger seiner Anhänger entwarf Steiner kurz vor seinem Tod im Jahr 1925 einen Leitfaden zur Restrukturierung der Landwirtschaft, die sich in dem Traktat „Spirituelle Grundlagen für einer Erneuerung der Landwirtschaft“ nachlesen lassen.

Wesentliche Punkte, die auch heute noch die Eckpfeiler der biodynamischen Methodik darstellen, werden darin manifest:

– Das Prinzip der Ganzheitlichkeit: „A healthy farm organism should be resilient, sel-sufficient, and produce not just healty crops but farmers of healthy minds and body too, as though the farmer and his animals are running around in the belly of the farm.” (aus Hugh Lovels ‘A biodynamic farm’.)

– Das Prinzip der Unabhängigkeit: Ziel der biodynamischen Landwirte ist es möglichst selbstständig und unabhängig zu produzieren. Das bedeutet zum einen Verzicht (keine Pestizide, Herbizide, Fungizide, keine künstliche Dünger etc.) und zum anderen eine alternative und autonome Herangehensweise (Produktion von natürlichen Präparaten, Kompost, Humus, Tees, Sprays etc.) zur Stärkung der Pflanzen.

– Das Prinzip der Harmonie: Ziel ist es eine natürliche Balance zwischen sämtlichen Komponenten eines Bauernhofs/Weinguts herzustellen. Schlicht gesagt und auf den Weinbau bezogen, bedeutet das, in einem gesunden Boden, gesunde Rebstöcke wurzeln zu lassen, deren natürliche Resistenzen sich im Laufe ihres Lebens und durch die Behandlung mit natürlichen (aus der Natur stammenden) Substanzen so weit entwickeln, dass sie potenziellen Schädlingen auch ohne den Einsatz diverser chemischer Kampfstoffe Paroli bieten.

– Das Prinzip der Vielfalt: die biodynamische Herangehensweise fordert und fördert die Diversität und stemmt sich der Monokultur entgegen. Dem biodynamischen Grundgedanken immanent sind ein belebter Boden, eine natürliche Konkurrenz, Vitalität und eine rege Vielfalt im Weingarten. Gerade im Weinbau ist ein lebhaftes Bodenleben von entscheidender Bedeutung, da Rebstöcke im Gegensatz zu anderen landwirtschaftlichen Pflanzen ein langes Leben vor sich haben (alte Rebstöcke können schon mal 100 Jahre alt werden).

Die Steinerschen Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die Arbeitsweise im Weingarten. Explizite Darstellungen über die Arbeiten im Keller gibt es nicht. Idealerweise verfolgen sie auch im Keller einen respektvollen Umgangs mit ihrem Produkt und eine legen dort ethische und interventionsarme Arbeitsweise an den Tag legen (das heißt nicht, dass Demeter, die wichtigste biodynamische Vereinigung nicht auch grundsätzliche Empfehlungen für die Arbeit im Keller hat und für diverse Mittel auch Verbote bzw. Einschränkungen ausgesprochen hat – siehe unten)

Worin bestehen nun die wesentlichsten Eingriffe in biodynamisch bewirtschafteten Weingärten. Grundsätzlich sollte man davon ausgehen, dass Minimalintervention und die Suche nach einem natürlichen Gleichgewicht das ultimative Ziel sein sollte.

Zudem stehen neun Präparate zur Verfügung, die allesamt aus natürlichen Substanzen hergestellt sind und zur Gänze noch von Steiner selbst konzipiert wurden. Die Substanzen tragen die Nummern 500-508 (das dürfte seinen Grund darin haben, dass während der Zeit der Nazidiktatur der Demeterbund und die biodynamische Arbeitsweise in Deutschland verboten war und sich biodynamisch  arbeitende Bauern dazu entschlossen, die Präparate mit Nummern zu codieren).

Diese Präparate dienen verschiedenen Zielen: Sie stärken den Boden, die Organismen und Pflanzen mit dem finalen Ziel potenzielle Krankheiten quasi im Keim zu ersticken, sie also gar nicht erst entstehen zu lassen.

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