Paolo & Lorenzo Marchionni

Paolo Marchionni macht in Vigliano, einem kleinen Dorf 15 Kilometer westlich von Florenz, Wein. Zu Hause ist er hier seit 1978. Damals war er ein Jahr alt. 14 Jahre später fällte er gemeinsam mit seinem Bruder Lorenzo, der heute nur noch nebenbei am Weingut mitmacht, die folgenschwere Entscheidung, sich als Winzer zu probieren.

Auch wenn er zwischendurch erfolgreich Philosophie studieren sollte, blieb er dabei. Heute bewirtschaftet er insgesamt sieben Hektar Reben, die sich größtenteils in südwestlicher Richtung exponieren, in steiniger, kalkreicher Erde (Galestro) wurzeln und nicht selten sehr steil abfallen. 

Er ist seit 2011 biologisch zertifiziert, aber was noch viel wichtiger ist, zutiefst mit seinem Land, seinen Weinbergen und Reben verbunden. Er ist, um es auf den Punkt zu bringen, selbst Bestandteil seines Terroirs. Er setzt sich mit ihm bis ins Detail auseinander und identifiziert sich mit all dem, was im Weingarten passiert. Die Arbeit ist rigoros manuell, die Beobachtung von allem was rund um den Rebstock geschieht, hat oberste Priorität.

Höchste Aufmerksamkeit genießt naturgemäß Sangiovese, der gut 90 Prozent von Paolos Rebfläche einnimmt, die übrigen zehn Prozent gehören Trebbiano und Chardonnay.

Kein Wunder also, dass bei all der Akribie seine Weine zu den spannendsten gehören, die das Chianti zu bieten hat – obwohl man die Herkunftsbezeichnung, wie bei fast allen Winzern, die in der Region hochklassige Weine produzieren, auch auf seinen Etiketten lange suchen kann. 

Für die Metamorphose der Trauben in Wein hat Paolo auf seiner Webseite ein 10-Punkte-Programm veröffentlich, dass ich hier kurz zitiere:

1. den perfekten Lesezeitpunkt anhand fortwährenden Probierens der Trauben im Weingarten herausfinden. 2. die Trauben der unterschiedlichen Einzellagen je nach Reifegrad und Tiefe separieren. 3. das geeignete Vinifikationsgebinde festlegen (Stahl, Zement, Holzgärständer). 4. die Mazerationszeit der Rotweine durch fortwährendes Kosten des Weines eruieren. 5. das richtige Behältnis für die malolaktische Gärung bestimmen. 6. die Reifezeit und Reifegebinde festlegen. 7. wenn Holzfässer verwendet werden, welche Holzfässer (neu, gebraucht, groß, klein) 8. die richtige Cuvetierung der einzelnen Chargen vornehmen 9. probieren, ob der Wein auch schmeckt („ist nicht immer der Fall“) 10. Füllen und die Reifezeit in der Flasche mehr oder weniger bestimmen. Alle Punkte sind den Verhältnissen des Jahrgangs unterworfen und verändern sich folglich von Jahr zu Jahr. 

Konstanten sind hingegen eine spontane Vergärung und der Verzicht auf Zusatzstoffe außer etwas SO2. Kein Wein wird geschönt oder gefiltert.

Weine – eine Auswahl

RoccaVigliano: 100 Prozent Sangiovese. Wird generell in Zement vergoren und über ca. 14 Monate darin gereift. Er ist straff, hell und animierend. Mit präziser roten Frucht und einladenden Blütennoten. Er macht fortwährend Druck in Richtung Gaumen, ist dynamisch und temperamentvoll und dabei doch harmonisch. Wirkt pulsierend, lang und vielschichtig nach. Einer der besten Basisweine, die ich kenne.

Bianco: 100 Prozent Chardonnay. Eine recht ungewöhnliche Rebsorte für die Gegend. Wurde bereits 1981 von Paolos Vater ausgepflanzt. Die Vinifikation geht in Stahl und Zement über die Bühne. Wirkt kräuterig,  ein wenig floral, präzis und kalkig. Hat eine straffe Textur am Gaumen, allerdings auch ausreichend Körper, um eine feine Balance zu gewährleisten. Klingt mineralisch aus.

L’Erta Poggio della Bruna: Erta ist ein lokaler Ausdruck für einen steilen Anstieg, stammt also von einer eher mühsam zu bewirtschaftenden Lage, dem Poggio della Bruna. Besteht zu 100 Prozent aus Sangiovese. Bleibt für 18 Monate in größtenteils gebrauchten Holzfässern. Verfügt über Kraft, Dynamik und Energie, die man schon in der Nase erahnt. Riecht nach reifen roten Früchten und Blüten. Hat eine mächtige Textur, die dank des kalkige Terrains und einer zupackenden Säure jedoch bestens gebündelt wird. Bleibt lang am Gaumen haften. Ein Wein, dem ein paar Jahre Flaschenreife nur guttun.

Kontakt

Paolo Marchionni
Adresse: Via Carcheri, 309 Loc. Vigliano, 50055 Firenze
Telefon: +39 338 2469191
E-mail: paolo@vigliano.com
Webseite: vigliano.com


Rebsorten: Sangiovese, Trebbiano Toscano, Chardonnay
Rebfläche: 7 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine.com

AT/DE/CH: –