Nevio Scala

Freunde des runden Leders müssen vermutlich ein wenig in ihrer Erinnerung kramen, doch dann sollten sich die vagen Assoziationen langsam zu einem, zugegebenermaßen etwas vergilbten, Bild zusammensetzen. Nevio Scala, würden sie dann sagen, war ein begabter Spieler, Mittelfeldmotor bei der Fiorentina, bei Milan und Foggia, als die noch in der ersten Liga spielten. Richtig groß, würden sie dann weiter dozieren, war er allerdings als Trainer – vor allem beim AC Parma, den er in den goldenen Zeiten des italienischen Fußballs in die Serie A führte und mit dem er italienischer Cupsieger, Europapokal- und UEFA-Cup Sieger wurde. Später war er dann auch noch bei Dortmund, bei Zenit St. Petersburg und Spartak Moskau und danach weiß ich eigentlich nicht so recht, was mit ihm weiter passiert ist.

Wir wissen es. Er wurde Landwirt. Er wechselte von den Fußballfeldern der Welt in die Getreidefelder und Olivenhaine von Lozzo Atestino, dem Ort in den Colli Euganei, in dem er aufwuchs und in dem schon sein Vater einen Hof und gepachtetes Land hatte. Das hat Nevio mittlerweile gekauft und noch ein paar Hektar Wald und Weingärten hinzugefügt.

Weit davon entfernt sich mit der Rolle des einstigen Erfolgstrainers zufriedenzugeben und einen Bauernhof und ein Weingut lediglich als Investment und Prestigeobjekt anzusehen, legt er seitdem überall mit Hand an. Er entwickelte gemeinsam mit seiner Familie ein ökologisch und sozial nachhaltiges Konzept, in dem der respektvolle und verantwortliche Umgang mit seinen natürlichen und menschlichen Ressourcen oberste Priorität zukommt. Die Familie Scala beschäftigt sich mit alten Getreidearten (Dinkel, Weizen, Gerste, Raps, Erbsen, Hanf und Bohnen), kümmert sich um die Aufforstung abgeholzter Waldflächen, produziert aus den Sorten Marzemina, Leccino, Rasara, Frantoio und Moraiolo ein exzellentes Olivenöl und bietet, in eigens angelegten Feuchtbiotopen, einer sich immer mehr zurückziehenden Fauna Lebensnischen.

Weinbau ist folglich nur ein Aspekt im Leben der Familie Scala, doch einer, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. Ganz wesentlich verantwortlich dafür ist Nevios Sohn Claudio, der als studierter Önologe das Projekt vorantreibt. Die Colli Euganei sind ein altes Weinland mit einem Terroir, das mediterraner als die übrigen Weinregionen des Veneto eine Brücke zwischen Nord- und Süditalien schlägt. Durch ihre vulkanischen und oft auch stark kalkgeprägten Böden weisen sie zudem ein ganz eigenes, geologisches Profil auf. Optimales Terrain für Garganega, der, spannendsten weißen Sorte der Euganeischen Hügel und mit 3,4 bestockten Hektar auch die wichtigste Sorte der Scalas. Daraus keltert Claudio seit 2016 zwei Weine, den subtilen und tiefgründigen Dilètto und den vibrierend-lebhaften Gargante, einen Frizzante, der bereits in seinem ersten Jahr die Latte für andere Schaumweine aus der Ecke auf eine neue Höhe legte.

Das ist derzeit alles, geplant ist allerdings noch einiges mehr. Merlot und Cabernet Franc, die seit zweihundert Jahren in den Hügeln kultiviert werden, sind mittlerweile genauso ausgepflanzt wie Malvasia Istriana und Moscato bianco und giallo. Ein weiterer Weingarten ist Turchetta, Recantina, Pataresca und Corbinona, den tatsächlich autochthonen Sorten der Region, gewidmet.

Der biologischen Bewirtschaftung im Weingarten folgt eine behutsame Vinifizierung – stets getragen von der Idee die Sorten, die Umgebung und die jeweiligen Jahrgänge so präzis und authentisch wie möglich nachzuerzählen.

Weine – eine Auswahl

Dilètta: Garganega. Spontan vergoren und über 8 Monate in Zemnetzisternen ausgebaut. Weich, rund, dabei druckvoll, kompakt und süffig. Blütennoten und Steinobstaromen. (ca. € 17)

Gargante: Frizzante (Rifermentato) aus Garganega. Wird spontan vergoren und danach für fünf Monate in Zementzisternen ausgebaut. Mithilfe einer Süßweinreserve wird danach die Zweitgärung in der Flasche aktiviert. Transparent, agil und puristisch. Blütenaromen, delikate Frucht- und Hefenoten. Subtile Perlage, cremiger Körper, dynamisch und lineare Struktur dynamisch. Frizzante mit Tiefe und Trinkfluss. Sehr gut. (ca. € 15)

Monemvasia:Über fünf Tage auf den Schalen vergoren und über neun Monate in Zementzisternen ausgebaut, ist der daraus gekelterter Wein ein perfekter Einstieg in maischevergorene Welten. Saftig, weich, ausbalanciert. Pfirsich, Orangen, weiße Blüten. Feinwürzig. Sanftes Tannin und eine weiche aber doch strukturgebende Säure. Vollmundig. Einladend. Harmonisch. (ca. € 15)

Contame: Der Còntame macht Nevios Trio aus unterschiedlichen Garganega-Stilistiken komplett. Dem sofort abgepressten Dilètto und dem sprudelnden Gargante stellt er eine Interpretation zur Seite, die über die ersten vierzehn Tage in Kontakt mit ihren Schalen war.
Kräuternoten, Orangenschalen, reife gelbe Früchte, engmaschige Tanninen, substantiell und harmonisch. (ca. € 23)

 

Kontakt

Nevio Scala
Adresse: Via Saline 47, Lozzo Atestino, Veneto, Italy
Tel: 349 162 3883


Rebsorten: Garganega, Cabernet Franc, Merlot, Malvasia Istriana, Moscato, Turchetta, Recantina, Pataresca und Corbinona
Rebfläche: 7 ha
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: nein
Weitere Produkte: Die Scalas fabrizieren auch ein exzellentes Olivenöl.


Bezugsquellen:

Ab Hof-Verkauf: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine, decanto.it

Im deutschsprachigen Raum: www.vinonudo.at