Podere Casaccia

Erst Botticelli, danach eine Flasche Pugnitello. Sofern Roberto Moretti und Lucia Mori vor den Uffizien nicht einen halben Tag lang in der Schlange stehen müssen, kriegen die beiden das  ganz entspannt in ein paar Stunden hin. Ihr Weingut, die Podere Casaccia, liegt so nah am Zentrum vom Florenz, dass sie sogar das Auto zu Hause lassen können.

Ein zehnminütiger Spaziergang, vorbei an Olivenhainen, einem kleinen See, ein bisschen Wald und ein paar Rebstöcken bringt sie hinunter zur Stadtbahnstation im Vorort Scalette und von dort sind es dann knapp 20 Minuten ins Zentrum von Florenz. Man kann diesen Weg natürlich auch in umgekehrter Richtung antreten und Roberto und Lucia auf ihrem Weingut besuchen. Es lohnt sich.

Roberto Moretti gründete La Casaccia 1999 (Lucia kam dann später dazu). 12 Hektar Land besitzt er seitdem, wobei gut die Hälfte davon dem Weinbau gewidmet ist. Die Bewirtschaftungsart ist seit vielen Jahren dezidiert biodynamisch (zertifiziert), er setzt auf Kompost und die klassischen Präparate und verzichtet so weit wie möglich auch auf den Einsatz von Kupfer. Ziel ist es den Rebstöcken ein biodiverses Umfeld zu bieten, ihre Resistenzen zu forcieren und ihr oft ohnehin bereits reifes Alter zu prolongieren.

Protagonistin unter den Rebsorten ist Sangiovese. Seit 2011 arbeitet Roberto allerdings zudem an einem Projekt, das weniger bekannte autochthone Sorten zunehmend in den Mittelpunkt rückt. Akribisch suchte er nach geeigneten Stellen, um darin Canaiolo, Malvasia Nera, Foglia Tonda und Pugnitello anzupflanzen, die laut Roberto, bis vor der Reblaus den gleichen Stellenwert genossen wie Sangiovese. Die baut er dankenswerterweise allesamt reinsortig aus, sodass man auf La Casaccia die seltene Möglichkeit bekommt, sich durch die vitikulturelle Geschichte einer Region trinken zu können.

Weine – eine Auswahl

Der Ausbau findet generell in Holzfässern statt, wobei im Keller sowohl kleine wie auch größere Gebinde rumstehen.

Das breite Sortiment wird von einem einfachen Chianti Colli Fiorentini angeführt, der all das erfüllt, was man sich von einem Basischianti wünscht: Trinkfluss, Saftigkeit, Säure, ein paar erdige Noten und viel rote, frische, säuerliche Frucht.

Größere Schwierigkeiten bereitet (zumindest mir) die Chianti Riserva. Wie fast überall, wo Riserva draufsteht, merkt man auch hier, dass eine Menge Ambition in dem Wein steckt und wie so oft ist es ein bisschen zu viel davon. Das Holz ist spürbar im Vordergrund, die Frucht wirkt überreif und der Trinkfluss ist so träge wie der Po im August.

Dafür sind die vier Rebsorten-Projekte allesamt spannend, allen voran Foglia Tonda und Pugnitello. Letzterer hat Druck, Power und eine Menge Pfeffer. Der Gerbstoff gibt Gas und dem profunden Körper ordentlich kontra.

Der Foglia Tonda ist ganz samtig. Säure und Tannin sind – widersprüchlich zu seinen analytischen Werten – erstaunlich weich (was die Sorte – zumindest theoretisch – dann auch zu einem idealen Cuvéepartner für Sangiovese macht), die Frucht ist rot, die Würze weihnachtlich, der Körper rund und üppig.

Neben all den roten Klassikern und Experimenten (es gibt auch noch zwei Cuvées) findet sich auch noch eine gelungene mazerierter Malvasia/Trebbiano Cuvée, die lebhaft, frisch und saftig, vor allem Kräuternoten viel Platz einräumt.

Kontakt

Lucia Mori und Roberto Moretti
Adresse: Strada Vicinale delle Querce, 50018 Scandicci (FI)
Tel.+39 055 7300419
Mobil +39 335 6560522
Webseite: http://www.agricolamoretti.it/
Email: sinefelle@libero.it


Rebsorten: Malvasia, Trebbiano, Sangiovese, Canaiolo, Malvasia nera, Foglia tonda, Pugnitello
Rebfläche: 6 ha
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biodynamisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto.it

AT/DE/CH: –