Das Valpolicella boomt. Entscheidenden Anteil daran hat ein Pilz, genauer ein lokaler Hefestamm, der wie seine anderen einzelligen Kollegen für die Metamorphose von Zucker in Alkohol verantwortlich ist; anders als sie, stellt er seine Arbeit bei 15% Alkohol allerdings nicht ein und stirbt ab, sondern macht so lange weiter, bis auch das letzte Zuckermolekül umgewandelt ist. Würde er das nicht tun, wäre Italien und die Weinwelt um Amarone und folglich einen vitikulturellen Meilenstein ärmer. Amarone ist das gewichtige Trumpf-Ass des Valpolicella, das sich einen Steinwurf von Verona entfernt bis in die Bergwelt der Monte Lessini hinaufzieht. Er basiert auf einem Potpourri lokaler Rebsorten, die immer von der fruchtintensiven Corvina angeführt und meist von Corvinone, Rondinella und Molinara unterstützt, im Spätsommer gelesen, bis in die Weihnachtstage hinein getrocknet und erst danach vergoren werden.
Amarone ist die jüngste, erst in den 50er Jahren des letzten Jahrhundert entstandene Kreation einer Region, die seit 2000 Jahren Weingeschichte schreibt. Lange Zeit war der Recioto, die süße Variante des trockenen Amarone die Nummer eins der Gegend, der Wein für Feste & Hochzeiten. Ihm zur Seite stand stets der einfache Valpolicella, der – leicht und lebendig – die Bigoli und den Monte Veronese, die Enten- und Eselragus begleitete. Im Laufe der Zeit kam auch noch der Ripasso hinzu, die kongeniale Zwischenstufe hin zum Amarone, erschwinglicher und qualitativ fast ebenbürtig.
Heute hat so gut wie jedes Weingut alle vier Varianten im Programm. Addiert man noch die Handschrift der Winzer und die Einzellageninterpretation hinzu, die den geologischen und mikroklimatischen Eigenheiten der Region Tribut zollen, ergibt sich eine Vielfalt an Weinen, die in ihren besten Varianten zu den großen Weinen Italiens zählen, zudem aber auch für alle Geschmäcker Optionen in petto hat.
PS: Im Valpolicella sucht man vergebens nach Weißweinen. Allerdings grenzt das Valpolicella an das Soave, wo die weiße Garganega mittlerweile mit ebenso großem Erfolg die Rolle der roten Corvina ausfüllt. Beide Regionen lassen sich folglich bestens kombinieren und wer danach noch Lust auf Spumante hat, findet ein paar Kilometer weiter, in den Monte Lessini eine der unbekanntesten aber besten Schaumweinenklaven Italiens.
Wer sich eingehender mit dem Valpolicella beschäftigen will, findet HIER noch weitere Informationen.