Das Friaul
Eine kurze Einführung
Die letzten drei Generationen an Winzern im friulanisch-slowensichen Grenzland haben in der lange heiß umkämpften Region einiges mitgemacht. In weniger als hundert Jahren waren Landstriche rund um den Collio und den Karst Bestandteile von gleich vier Nationen (Andrej Kristancics Großvater wurde beispielsweise als Österreicher geboren und gründete das Weingut Nando als Italiener. Er übergab es an seinen Sohn, der es jugoslawisches Weingut weiterführte. Andrej selbst ist Slowene).
Manche Winzer hatten und haben Weingärten auf slowenischer und italienischer Seite und alle mir bekannten slowenischen Collio- und Karstwinzer sprechen italienisch. Umgekehrt ist das zwar nicht immer, aber oft genug, der Fall. Es herrscht – zumindest seit die Grenze wieder zu einem Strich auf der Landkarte degradiert wurde – wieder reger Austausch zwischen den Winzern auf beiden Seiten der Grenze. Man baut auf den gleichen Traditionen auf, hat dieselben Rebsorten, Böden und klimatischen Voraussetzungen und bisweilen kommt es auch vor, dass man sich in grenzübergreifende Gruppen zusammenschließt und gemeinsame Verkostungen organisiert (Borderwine, eine der besten Veranstaltungen der letzten Jahre, zu der auch ein paar Österreicher beitrugen). Lange Rede, kurzer Sinn: es spricht alles dafür, einige slowenischen Grenzwinzer in die Beschreibung der Region zu integrieren.
Nach dem Versuch die komplexen Verhältnisse in wenigen Sätzen auf den Punkt zu bringen ein paar einfachere aber speziell für den Weinbau profunde Feststellungen.
- Das Friaul (+Istrien) ist zwar nicht die Wiege maischevergorener Weißweine aber es setzt deren qualitativen Maßstäbe.
- Das Friaul (oder besser gesagt der Karst und der Collio) hat italienweit die höchste Dichte an exzellenten Winzern.
Karst, Collio & Collio Orientale
Grob gesprochen kann man das Friaul in drei kleine, im qualitativen Sinne große Regionen einteilen: Karst, Collio und Collio Orientale.
Triest am nächsten liegt der Karst, einzigartig in gleich mehrfacher Hinsicht. Seine Kalkfelsen und Höhlen, seine unterirdischen Flüsse und kleinen Schluchten machen ihn im Verbund mit seiner kargen Vegetation zu einem ästhetischen Naturmanifest. Windgepeitscht von der Bora, die immer wieder über das Land fegt, wird Weinbau zu einem Spiel gegen Naturgewalten. Die Erde nimmt der Wind mit, sodass die Stöcke nicht selten direkt im nackten Fels wurzeln. Den extremen Bedingungen zum Trotz wurde Wein hier schon zu Zeiten der Römer angebaut. Und auch später immer wieder. Untrügliches Zeichen dafür, dass man – sofern man das Spiel gegen Wind und Wetter gewinnt – mit besten Weinen belohnt wird. Verantwortlich dafür sind neben dem eigenwilligen Terroir ein knappes Dutzend exzellenter Winzer und drei Rebsorten: Malvasia istriana und Vitovska in Weiß (und noch viel spannender maischevergoren in Orange) und Terrano in Rot. Die besten Interpretation der beiden weißen Rebsorten gehören zu den spannendsten Weinen Italiens.
Der Collio schließt unmittelbar an den Karst an und ist doch in vielfacher Hinsicht anders. Das Meer ist weiter weg und auch die Böden und Rebsorten sind andere. Hier wurzeln in Ponka, einer Mischung aus Mergel, Ton und Sand (der allerdings je nach pH-Wert, Eisenanteil usw. wiederum große Unterschiede aufweist) an autochthonen Sorten vor allem Ribolla Gialla und Friulano – dazu kommen ein paar internationale Sorten, wobei vor allem Pinot Grigio zeigt, was in ihm steckt, wenn man ihn richtig vinifiziert. Die besten Weißweine sind hier ebenfalls über einige Zeit mit der Maische in Kontakt und demonstrieren dabei, dass der aromatischen Belanglosigkeit, die beispielsweise sofort gepresstem Friulano oft innewohnt, durch entsprechende Vinifikation beeindruckend entgegengewirkt werden kann. Die Rotweine basieren fast durchwegs auf Merlot und Cabernet und liefern in ihren besten Interpretationen beeindruckende Ergebnisse ab (Klinec, Radikon, Terpin).
Im Collio Orientale merkt man immer weniger vom Meer, auch wenn man es von hochgelegenen Weingärten noch immer sehen kann. Der Collio Orientale punktet weniger mit außerordentlichen Böden (viel Mergel und ein wenig Sand) und wilden Wetterkapriolen als vielmehr mit einer – sukzessive wieder – größer werdenden Palette an autochthonen Sorten. Neben Verduzzo giallo und Picolit sind es vor allem die vier roten Sorten Schioppettino, Tazzelenghe, Refosco und Pignolo, die den Collio Orientale zu einem Kontrapunkt und gleichzeitig zu einer extrem vielseitigen und spannenden Ergänzung zu den beiden anderen Zonen werden lässt.