Die besten Bio- und Naturweinwinzer in den Hügeln
Die Colli Euganei – Vulkane in der Ebene
Die Colli Euganei gehören anders als das Soave, Valpolicella oder Prosecco-Gebiet rund um Conegliano und Valdobbiadene zu den wenig bekannten Regionen des Veneto. Nachvollziehbar ist das nur bedingt. Zum einen liegen sie quasi im Herzen der Region – Padua befindet sich an den Ausläufern der Hügel, Verona und Venedig sind jeweils nur eine knappe Autostunde entfernt – zum anderen werden dort seit einiger Zeit Weine gekeltert, die zu den besten des Veneto gehören. Das hat vor allem mit der geologischen und topographischen Konstellation der Hügel zu tun, die selbst für die grundsätzlich heterogenen Landschaften des Veneto erstaunlich vielfältig sind.
Die Colli Euganei sind das Resultat vulkanischer Eruptionen, die sich vor ca. 30 Millionen Jahren ereigneten. Damals erhoben sich rund 50 Vulkane aus dem damals die Ebene bedeckenden Meer. Letzteres erklärt auch den Umstand, warum in tiefergelegenen Teilen der Hügel Kalk vorherrscht und man beim Wandern immer wieder auf Meeresfossilien stößt. Neben dem breitgefächerten geologischen Spektrum sorgen auch die topographischen Verwerfungen und die für das Veneto sehr warmen klimatischen Bedingungen für ein abwechslungsreiches und extrem eigenständiges Terroir.
Die spannendsten Weine der Hügel stammen von nördlich exponierten oder hoch gelegenen (vulkanischen) Weingärten, wo kühlere Luftmassen den Weinen ausreichend Struktur mit auf den Weg geben. Dank des Talents und dem Wissen vieler Winzer, finden sich aber auch aus tiefer gelegenen Lagen brillante Interpretationen. Und zwar in Rot und in Weiß und mitunter auch sprudelnd. Zwar bieten die Colli Euganei grundsätzlich ideale Voraussetzungen für stoffige und dichte Rotweinen, aufgrund des hohen Kalkanteils in vielen Weingärten haben aber auch Weißweine eine oft straffe wenngleich auch stoffige Struktur.
Die dominanten Rebsorten sind französischer Provenienz, was möglicherweise ein Grund für die zurückhaltende Rezeption der euganeischen Weine ist. Ohne autochthone Rebsorte tun sich selbst Regionen schwer, die auf ein einmaliges geologisches Fundament verweisen können. Wichtigste Rebsorte der Hügel ist Merlot. Und wo Merlot wurzelt, ist Cabernet Sauvignon selten weit. Cabernet Franc und Carmenere machen das Duo zu einem Quartett (wobei speziell Cabernet Franc beeindruckende Weine ergibt). Grund für die Dominanz Bordelaiser Sorten waren angeblich die exzellenten Verbindungen zwischen den Eigentümern des Castello di Lispida (bis heute einer der Vorreiter und besten Weingüter der Hügel) zu einigen Chateaubesitzern im Bordeaux. Einige der interessantesten Winzer der Region, allen voran Alfonso Soranzo von Monteforche, Claudio und Nevio Scala und Filippo Gamba von Alla Costiera experimentieren seit einigen Jahren in Kooperation mit der Universität in Padua mit alten autochthonen Rebsorten wie Marzemina Nera Bastarda, Turchetta, Recantina, Corbinona, Pattaresca und Cavrara.
Weiß ist das Spektrum nationaler, wenn auch nicht lokaler geprägt. Serprino könnte man zwar für eine autochthone Sorte halten, allerdings ist sie lediglich ein Synonym für Glera (Prosecco) und auch in den Hügeln Basis für Schaumweine. Garganega wird seit langem sehr erfolgreich angebaut und ist definitiv die Basis für die besten Weißweine der Colli.
Fior d’Arancio – ein Süßwein basierend auf Moscato – hat erstaunlicherweise DOCG-Status, wobei ich keinen einzigen wirklich guten Produzenten kenne, der sich damit beschäftigt, was einiges über den eigentlichen Stellenwert des Weinstils aussagt.
Spezialitäten der Region
Oca in Onto (Presidio Slow Food): Michele Littames Gänsefarm ist ein ziemlich schräger Ort – ein paar Kilometer südlich der Colli Euganei im absoluten Nichts gelegen, hallt einem von weit her ein unaufhörliches Geschnatter entgegen. Wie er das aushält, weiß ich nicht. Vermutlich, in dem er seinen Gänsen von Zeit zu Zeit den Hals umdreht und aus ihnen Gänsehack macht. Und Oca in Onto (eingelegte Gans), Gänsesalsiccia, Gänsegrammeln, geräucherte Gänsebrüste und was man aus einer Gans sonst noch machen kann.
Wer in der Gegend ist und vorbeischauen will:
Michele Littamè, Sant’Urbano, Via Dosso, 2, Tel. 0039 338 6161094
Links & Literatur
Patricia Guy: Colli Euganei (englisch oder italienisch)
Andreas Essl: Der Wein der Kaiser und der Dogen (Frankfurter Allgemeine)