Natalino del Prete

Zu sagen, welcher Winzer den besten Barolo, Barbaresco, Chianti, Lambrusco oder Taurasi macht, ist ein unmögliches Unterfangen. Im Salento allerdings, würde zumindest meine Antwort ganz selbstbewusst Natalino del Prete heißen – und ich kenne viele, die genau den gleichen Namen nennen würden.

Das hat, um ausnahmsweise einmal mit negativen Gründen zu beginnen, leider auch damit zu tun, dass sich zwischen all den Wundern, die das Salento zu bieten hat, recht wenige Winzer befinden. Es liegt aber auch an Natalino, der mit einer Handvoll exzellenter Weine, wie ein Leuchtturm aus einem Meer an Durchschnittlichkeit herausragt.

Natalino del Prete hat mittlerweile ein stattliches Alter erreicht, bei der letzten Weinmesse von vinnatur (2022) war er dennoch zugegen: mit wetterzerfuchtem Gesicht und Händen, denen man ansah, dass sie zeitlebens für härtere Arbeiten verwendet wurden als Artikel in einen Computer zu tippen.

Anstatt wie seine Brüder dem Land, genauer San Donaci den Rücken zu kehren und zu studieren, blieb er am Weingut seiner Eltern und führte es mit klaren Vorstellungen in die Zukunft. 1994 stellte er als einer der ersten in Apulien auf biologische Landwirtschaft um. Diesem Schritt lagen sowohl ökologisch-ethische wie auch qualitative Motive zugrunde, die sich auch in einer Vielzahl weiterer Handlungen widerspiegelten: Seiner Fokussierung auf lokale Sorten beispielsweise, selbst in Zeiten als Merlot und Cabernet Sauvignon am Stiefelabsatz Einzug hielten. Oder in der Vermehrung seiner Reben durch massale Selektion, um die Diversität in den Weingärten hoch zu halten. 

Insgesamt bewirtschaftet Natalino del Prete heute 11 Hektar Rebflächen. In seinen Weinen erzählt er die Verhältnisse seines Terroirs und die Eigenheiten seiner Rebsorten nach und legt offen, was im Salento alles möglich wäre, würde es nur mehr Winzer seines Schlages geben. Dafür verzichtet er auch im Keller auf unnötigen Schnickschnack, vergärt seine Weine spontan und ohne Gärkontrolle und setzt für die Reifung seiner Weine auf Zementzisternen und den Faktor Zeit.

Weine – eine Auswahl

Anne: Aus 100% Negroamaro, der klassischen roten Sorte des Salento. Im Stahltank vergoren, in Zement gereift. Warm, dunkelfruchtig, kräuterig. Stoffig und korpulent, von der Sonne des Salento geprägt. Hat mürbe Tannine, die allerdings ausreichen, um dem Wein Struktur und Richtung zu geben.

Natalì: 100% Primitivo. Auf sandig-kalkigem Untergrund gewachsen. Ist erstaunlich elegant und von Zwetschken, Thymian, reifen Kirschen usw.  geprägt. Vereint Körper und Kraft mit Vitalität und einem feinen Tanningerüst. Ist ein extrem gelungener Gegenentwurf zu den meist recht opulenten Versionen der Rebsorte. Lohnt sich sehr.

Susumaniello: Eine der raren Interpretationen der alten apulischen Rebsorte. Über sechs Monate in Zementbottichen ausgebaut. Aromatisch. Floral. Balsamisch. Lebendig. Mit ordentlich Trinkfluss und viel Tiefe. 

Il Pionere: Negroamaro mit ein wenig Malvasia Nera. Dunkelfruchtig, Kräuter, Lakritze. Ein Sommerwein, in dem Sinne, dass er von der Sonne geprägt ist. Solar, warm, profund. Mit einem stoffigen, eher weichem Körper und einer mundfüllenden Textur. Lohnt sich ebenfalls sehr.

Kontakt

Natalino del Prete
Adresse: Via Mesagne, 72, 72025 San Donaci
Telefon: 0831 681584
E-mail: del_prete_natalino@ticali.it
Webseite:


Rebsorten: Negroamaro, Primitivo, Susumaniello, Malvasia Nera, Malvasia di Brindisi
Rebfläche: 11 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto.it, rollingwine.com

AT/DE/CH: –

Weingut

Valentino Dibenedetto ist kein gewöhnlicher Weinbauer. Zwar keltert auch er eine Batterie optimaler Weine, doch unterscheidet ihn das nicht allzu sehr von anderen, die das ebenfalls regelmäßig hinbekommen. 

Vielmehr ist es sein landwirtschaftlicher Ansatz, durch den er sich von anderen Winzern abhebt. Und auch sein Wille stets noch einen Schritt weiterzugehen und weiterzudenken. Schon in den 1980er Jahren begann er – damals gemeinsam mit seinem Vater Carlo – die Weingärten biologisch zu kultivieren. Nach der Lektüre von Rudolf Steiners Schriften über die Landwirtschaft stellte er auf biodynamische Bewirtschaftung um, später – nach dem Studium der Bücher Masanobu Fukuokas – sich an der Permakultur zu probieren. 

Mittlerweile betreibt er „agricoltura sinergica“ – synergetische Landwirtschaft – bei der es in wenigen und vermutlich zu simplifizierenden Worten darum geht, dass sich die Bodengesundheit einzig durch ein reziprokes Verständnis der Pflanzen miteinander einstellt. Natürlicher Humusaufbau durch fallendes Laub oder spontan wachsende Kräuter hat oberste Priorität. Die Eingriffe sind minimal. Er verzichtet auf schweres Gerät, um die Böden nicht zu verdichten und lässt die Finger von Pestiziden & Co.

Auf diese Art und Weise pflegt er gemeinsam mit Frau und Kindern in der apulischen Murgia, einer felsig-kalkigen Hochebene zwischen Bari und Taranto, erstaunliche 25 Hektar Rebfläche. In ihnen wächst eine Batterie lokaler Sorten, die sich nicht in Primitivo und Negroamaro erschöpft, sondern auch Susumaniello, Greco, Aglianico, Fiano, Verdeco, Maresco und Marchione Platz einräumt. 

Nachdem Valentino im Weingarten auf Chemikalien jeglicher Art verzichtet, lässt er naheliegenderweise auch im Keller – mit Ausnahme von ein wenig SO2 vor der Füllung – die Finger davon. 

So entsteht ein 13-teiliges Panorama meist reinsortig vinifizierter Weine (10 Stillweine, 3 Schaumweine), die in ihrer Klarheit, Präzision und Straffheit einen erstaunlich-vitalen Gegenentwurf zu den oft üppig-fetten Interpretationen liefert, die man sonst aus der Gegend kennt.

Weine

Litrotto bianco: Wie der Quotiano von La Felce und der Litrozzo von Le Coste ein Wein für die Leute der Umgebung: aus vier weißen Rebsorten (Verdeco, Falanghina, Marchione und Fiano) gekeltert, im Liter abgefüllt, günstig, ein Tischwein, einfach aber nie banal. Suggeriert Zitrusaromen, Blüten, Kräuter und gelbe Früchte.  

Litrotto rosso: Das rote Pendant. Die Basis dafür stammt aus Montepulciano, Merlot, CS, Primitivo und Susumaniello. Ungeschönt und ungefiltert. Rote Früchte, Kräuter, Unterholz, straff aber stoffig.

Fiano: Nicht aus Fiano di Avellino, dem viel berühmteren Namensbruder, sondern aus Fiano Minutolo gekeltert. Ungeschönt, ungefiltert und ohne die Beigabe von Sulfiten abgefüllt. Salzig, kräuterig. Macht ordentlich Druck am Gaumen. Ist persistent, saftig und vom Kalk geprägt. Top.

Verdeca Sette Lune: Nach sieben Monden (ein Tribut an Winnetou?), also ungefähr sieben Monaten Schalenkontakt abgepresst. Verdeca ist eine der spannendsten weißen Rebsorten des italienischen Südens, die sowohl mazeriert wie auch klassisch weiß richtig gute Weine ergibt. Floral, kräuterig, Laub, Grapefruit. Hat Grip und Säure.

Aglianico: Anders als die Versionen, die man für gewöhnlich aus Kampanien bekommt. Weniger opulent und auch niedriger im Tannin. Dafür halt auch eleganter und nicht so erschlagend. War erst zwei Jahre im Edelstahl und danach noch zwei Jahre im gebrauchten Holzfass. Brombeeren, Pfeffer, Gewürznelken, Kräuter. Fließt stoffig und mit genau der richtig Menge Säure über den Gaumen. 

Niuru Maru: 100% Negroamaro. Abbild seines Terroirs. Das ist, anders als im Salento, der eigentlichen Heimat des Negroamaro, wesentlich kühler und von Kalk geprägt. Der Niuru Maru ist folglich straff und saftig, mit lebendiger Frucht, feiner Säure und erfrischendem Trinkfluss.

Daneben gibt es auch noch einen gleichfalls erstaunlich leichtfüßigen Primitivo, eine Primitivo-Agianico Cuvèe, einen exzellenten Greco, über den die Autoren des brillanten Buches Vini da scoprire eine Laudatio geschrieben haben und die drei Spumante, die ich allerdings noch nie probiert habe.

Die Weine von L’Archetipo gibt es bei vinifero in Wien und bei callmeweine in Italien. Sie kosten zwischen 10 und 18 Euro.     

L'Archetipo

C.da Tafuri sp21, km7
Coordinate
16° 51’ 40,00’’ Est
40° 41’ 19,00’’ Nord

Castellaneta Taranto/Puglia 74011
Tel:+39 3286014607
email: info@larchetipo.it
www.larchetipo.it

Datenblatt

Rebsorten: Greco, Fiano minutolo, Verdeca, Marchione, Susumaniello, Primitivo, Negroamaro, Aglianico, Merlot, CS
Rebfläche: 25 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: nein

 

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Cristiano Guttarolo

„Der Grund liegt im Boden“, meint Cristiano Guttarolo und löst damit die Frage auf, warum sein vitaler und säurereicher Primitivo einen solchen Kontrapunkt zu den üblichen – fetten, weichen und oft erschlagenden – Versionen einer Rebsorten darstellen, die im persönlichen Ranking ganz tief unten angesiedelt ist (wie auch der Negroamaro, den Cristiano ebenfalls kultiviert und aus dem er ebenfalls einen Gegenentwurf keltert).

Der Boden also – das ewige Argument. Meistens steht man dann in der Gegend rum, nickt bejahend und verständnisvoll den Kopf und vermutlich ist das auch das Beste, was man tun kann. Wirklich verstehen kann man den Einfluss von Böden vermutlich nur dann, wenn man wie Cristiano Guttarolo jeden Tag darauf steht, mit ihm arbeitet und sukzessive seine Eigenheiten wahrnimmt. Bei Cristiano haben wir auf Terra Rossa zu unseren Füßen, die in der Sonne gebacken werden, wobei sich nur wenige Zentimeter darunter dicke Kalkschichten breitmachen, die – ähnlich wie bei den Winzern im Roussillon (Gauby, Matassa…) dafür sorgen, dass die pH-Werte niedrig und die Säure folglich selbst bei 350 Tagen Sonne im Jahr hoch bleibt.

Cristianos Weingärten befinden sich ein wenig jenseits des Primitivo-Epizentrums, auf der Hochebene der apulischen Murgia, wobei hoch hier ca. 400 Meter bedeuten. Die etwas kühleren Temperatur und das bisschen Wind sind freilich ähnlich entscheidend wie die kalkigen Böden und schnüren die Rebsorte folglich in ein straffes Korsett. Ein ordentlicher Rausch geht sich dabei trotzdem recht problemlos aus, denn unter 14% Alkohol kriegt auch Cristiano seine Primitivi (drei + gelegentliche Experimente) nicht in die Flasche.

Was auch nicht wundert. In Apulien brennt die Sonne nicht nur zwei Wochen im Jahr in die Weingärten, im Grunde, meint Cristiano, regnet es im Sommer so gut wie nie und heiß ist es noch dazu. Das sieht man. Die Böden sind ocker, das Gras, das noch im Frühling zwischen Primitivo, Negroamaro und Verdeca (weiß, spannend aber leider bis zum letzten Tropfen ausgetrunken) wucherte, ist längst geschnitten und stellt keine Konkurrenz für den Rebstock mehr dar. Bewässert wird übrigens trotzdem nicht.

Der Albtraum eines jeden österreichischen Winzers ist Cristianos tägliche Realität, weshalb die spärliche Wasserversorgung  dann auch kein Problem darstellt, meint er. Kennt er ja. Im Gegenteil. Die nicht vorhandene Feuchtigkeit lässt keinen Pilzdruck aufkommen. Kupfer braucht er folglich nie, Schwefel wenig. Biologisch zertifiziert ist er seit vielen Jahren.

2004 übernahm Cristiano 2,2 Hektar alte, in albarello erzogene Primitivo-Weingärten von seinem Opa und machte sich auf den steinigen Weg Primitivo ein neues Gesicht zu verleihen. Dafür schaffte er sich erstaunlicherweise gleichmal ein paar umbrische Amphoren an (die Arbeit eines Freundes) und probierte aus.

Holz, meinte er, hätte dem ohnehin wuchtigen Primitivo noch mehr Gewicht verliehen, er wollte allerdings Leichtigkeit, Eleganz und Frische. Stahl wäre eine Möglichkeit gewesen (er verwendet es für seine Basisweine), der Ausbau in der Amphore war der andere. Heute stehen gut und gerne 25 Amphoren in seinem Keller herum und darin wird nicht nur Primitivo gekeltert sondern auch Verdeca. Ausgebaut wird rot wie weiß übrigens über 12 Monate, manchmal auch länger, je nachdem, ob er die Amphoren für den Folgejahrgang braucht oder nicht.

Struktur und Vitalität sind dann auch die herausragenden Komponenten all seiner Weine, sei es nun der Lamie delle Vigne (ein reinsortiger primitivo) oder auch den IOHA, eine Cuvée aus Negroamaro und Primitivo, der seine 14% bestens hinter dunklen, kühlen Fruchtnoten und mächtig Pfeffer versteckt. Der Kracher des Sortiments ist allerdings der Anfora (2010), der lang, saftig, vielschichtig und lebendig Primitivo auf eine neue Ebene hebt und von dem man, einst unvorstellbar beim Gedanken an die Rebsorte, auch problemlos eine ganze Flasche wegtrinken kann.


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