Corte Sant'Alda

Marinella Camerani zeigt seit Jahren, wie es im Valpolicella eigentlich laufen sollte. Sie gehört zu den gewichtigsten Stimmen einer alternativen und nachhaltigen Weinkultur und bringt zudem Weine in die Flasche, die zu den besten der ganzen Region gehören.

Sie ist seit 2003 biologisch und seit 2011 biodynamisch zertifiziert, die Idee ihren Zugang im Weingarten verändern zu müssen, kam ihr allerdings bereits 1985 – ziemlich zeitgleich mit dem Auftauchen von Elisabetta Foradori, die das Trentino eigenhändig veränderte und mit der sie gewisse gedankliche Ähnlichkeiten aufweist.

Heute blüht und gedeiht alles prächtig in ihren 19 Hektar Weingärten, die sich größtenteils rund um das Weingut in Mezzane di Sotto spannen. Zwischen den Rebreihen wachsen unter anderem Rucola, Minze und Kamille, wilde Pflanzen der Umgebung, die der Monokultur Wein ein Vitalität und Vielfalt entgegensetzen. Der menschliche Einsatz im Weingarten reduziert sich mittlerweile auf ein zurückhaltendes Begleiten, in der notwendige Interventionen einzig und allein auf natürlicher Basis stattfinden.

In ihren insgesamt 13 Parzellen geben die klassischen Sorten des Valpolicella den Ton an, wobei neben Corvina vor allem auch Rondinella erstaunlich viel Platz gewidmet ist. Zwei Weingärten reichen auch ins benachbarte Soave hinüber, sodass Marinella auch über eine kleine aber feine Charge Weißwein verfügt.

Die Böden sind mager und basieren auf Kalk, was den Weinen generell eine gewisse Straffheit mit auf den Weg gibt und die grundsätzlich opulente Textur speziell des Amarone aber auch des Ripasso bündelt. Jenseits der Geologie spielt auch das Klima eine tragende Rolle, was angesichts der hoch aufragenden Monte Lessini im Hintergrund schnell offensichtlich wird – von ihnen strömen speziell in der Nacht immer wieder frischen Luftmassen durch die Weingärten und relativieren die gerade im Sommer oft sehr hohen Temperaturen.

Kontakt

Marinella Camerani
Adresse: Via Ca’Fioi 1
Telefon: +39 045 8880477
E-mail: info@camerani.wine.it
Webseite: www.cortesantalda.com


Rebsorten: Corvina, Corvinone, Rondinella, Molinara, Garganega, Trebbiano di Soave, Chardonnay
Rebfläche: 19 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biodynamisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: ja


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine

AT/DE/CH: –

Weine – eine Auswahl

So wie Marinella draußen im Freien sukzessive neues Terrain erschlossen und sukzessive von der konventionellen zur biologischen und weiter zur biodynamischen Bewirtschaftung vorgestoßen ist, hat sie auch im Keller agiert – wobei im Weingarten wie auch bei der Vinifizierung neuen Ideen stets Platz gewährt wird. Grundsätzlich spiegelt ihr Sortiment die Agenda des Valpolicella wieder – es gibt zwei exzellente Valpolicella classico, einen Ripasso, einen Amarone und einen Recioto –, daneben finden sich aber auch ein in der Amphore vinifizierter Rosato (der einzige, den ich kenne) und ein lange auf der Maische vergorener Garganega. Alle Weine werden mit wilden Hefen spontan vergoren, nicht geschönt und ungefiltert und mit wenig SO2 gefüllt.

Valpolicella Ca’Fiui: Corte San’Aldas Einstiegsvalpolicella stammt von Weingärten, die sich alle mehr oder weniger auf 350 Meter Seehöhe befinden und in die Morgensonne schauen. Nach einer Maischezeit von 15-20 Tagen wird der Wein über ca. 10 Monate in großen Holzfässern ausgebaut. Er ist rotfruchtig, vital, druckvoll und elegant und viel besser als das, was man sonst im Basissegment des Valpolicella bekommt.

Agathe: Eine Rosé aus 100% Molinara – letztere Sorte eignet sich dank ihrer straffen Säure und ihrem filigranem Körper perfekt für Rosé – die Mazeration ist aufgrund der sehr zurückhaltenden Farb- und Gerbstoffe lange. Vergoren und gereift wurde der Wein in einer 500-Liter fassenden Amphore. Er ist floral, rotbeerig, leicht würzig, frisch und belebend.

Inti: Inti bedeutet auf Quechua Sonne und bezieht sich auf die Farbe des reinsortigen Garganega. Die tendiert leicht ins orange, was seinen Grund in einer 40-tägigen Maischestandzeit hat. Ausgebaut wird der Wein über ca. 10 Monate in einem Betonbecken. Die Struktur ist straff und unterlegt von Gerbstoff. Honig, Kräuter und Zitrusfrüchte prägen das Aromaprofil. 

Valpolicella Ripasso Campi Magri: Hochklassige Ripasso Version. Nach einer ersten Vinifikation wird der Wein mit den Trestern des Amarone ein zweites Mal vergoren. Der nachfolgende Ausbau findet über zwei Jahre in Kirschholzfässern statt (Kirschen sind das zweite ganz wichtige landwirtschaftliche Produkt aus dem Valpolicella). Der Ripasso wirkt warm, ruhig und einladend, er ist von süßen Gewürzen und roten Früchten geprägt, lang und eindrücklich. Sehr gut.

Amarone della Valpolicella: Klassisch produzierter Amarone. Die Trauben (40% Corvina, 40% Corvinone, 20% Rondinella) werden bereits im Weingarten selektiert, wobei nur optimales Material in die Holzkisten wandert, die später in einem speziellen, bestens durchlüfteten Raum über drei Monate luftgetrocknet werden. Nach der rund um Weihnachten stattfindenden Gärung wird der Wein über vier Jahre in unterschiedlich großen Eichenholzfässern ausgebaut und riecht danach nach Tabak, Tee, süßen Gewürzen und reifen roten Früchten. Er ist korpulent, samtig und weich und dabei doch druckvoll und direkt. Wie eigentlich immer bei exzellenten Amarone lohnt sich ein wenig Geduld.

Davide Xodo

Davide Xodo ist Önologe. Er hat Zeit seines Lebens mit Wein gearbeitet, sein eigenes Weingut besitzt er allerdings erst seit wenigen Jahren. 2018 pachtete er die Weingärten von Ermidio Piva, einem alteingesessenen Winzer in den Colli Berici, eine jener Zonen des Veneto, die kaum jemand kennt, die sich aber in jeder Hinsicht zu entdecken lohnen. 

Die Gegend wurde vor Jahrhunderten vor allem von den Venezianern geschätzt, die speziell im Sommer gerne die feuchtheiße Lagune verließen, um in den Hügeln Abkühlung zu finden. Sie bauten sich Villen, legten Gärten an und setzten nicht selten Reben in die Erde. Sie führten damit eine Weinkultur fort, die stets von auswärtigen Einflüssen geprägt war – bestens ablesbar ist das anhand der Rebsorten, die in Davides Weingärten wachsen. Auf gerade einmal zwei Hektar trifft man dort auf Tai Rosso (Cannonau/Grenache), Merlot, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Carmenére, Garganega, Glera, Pinot Bianco, Tai Bianco (früher Tokaj) und Malvasia Istriana. Die französischen Sorten inklusive Carmenére wurden angeblich im 19. Jahrhundert von venetischen Erntehelfern aus dem Bordeaux mitgebracht und ausgepflanzt. 

Davide versucht für alle das perfekte Gleichgewicht zu finden und geht dabei im Weingarten wie auch im Keller hochindividuell vor. Jeder Weingarten und jede Rebsorte hat ihre ganz eigenen Attribute und die gilt es zu erkennen und herauszuarbeiten. 

Grundsätzlich gültig ist ein biologischer Ansatz und ein möglichst reduzierter Einsatz von Maschinen und Traktoren. Handarbeit bis zur Lese ist die Devise. Im Keller wird akribisch das beste Material selektiert und spontan und ohne Temperaturkontrolle vergoren. Insgesamt vier Stillweine und ein Frizzante werden je nach Rebsorte und Weinstil entsprechend ausgebaut. Allen gemein ist, dass sie weder geschönt noch gefiltert und nur minimal geschwefelt werden.

Weine – eine Auswahl

Lamatta: Rifermentato (Frizzante) aus Glera, Garganega und Sauvignon Blanc. Davide belässt den Most für einige Tage in Kontakt mit den Schalen, was dem späteren Wein zusätzlich Struktur und Aromen mit auf den Weg gibt. Er ist federleicht, temperamentvoll, geradlinig und anders als die meisten Prosecco knochentrocken.

Nina: Ein kurz auf der Maische vergorenes Cuvée aus Pinot Bianco und Garganega. Unterholz, Laub, Orangenschalen. Spürbares und griffiges Tannin. Solar, aromatisch, mit kompaktem Körper und viel Zug zum Gaumen. Sehr gut.

Campetti: Cuvée aus den beiden Cabernets, Merlot und Tai Rosso. 20 Tage mazeriert und in Zement ausgebaut. Hat Kraft, Energie und Dynamik, eine belebende Säure, eine warme und feste Textur und reife dunkle Aromen.


Davide Xodo
Adresse: Via Pissotto 4, Nanto, Colli Berici
Telefon: 3491015132
E-mail: vino@davidexodo.it
Webseite: www.davidexodo.it


Rebsorten: Tai Rosso (Cannonau/Grenache), Merlot, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Carmenére, Garganega, Glera, Pinot Bianco, Tai Bianco (früher Tokaj) und Malvasia Istriana
Rebfläche: 2 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: shop.macafame.it

AT/DE/CH: –

 

Das Weingut

Fährt man von Soave und Gambellara weiter in Richtung Norden, kommt man nach Roncà, in eine der kühlsten und interessantesten Weinbauzonen des Veneto – dort keltert eine Handvoll Winzer Weine, die diejenigen ihre viel bekannteren Nachbarn im Süden ziemlich oft ziemlich alt aussehen lässt. Das mag zum einen an den sehr speziellen klimatischen und geologischen Verhältnissen (Vulkangestein) liegen, die am Fuße der Dolomiten vorherrschen; noch wichtiger scheint mir allerdings das Vorherrschen der Durella zu sein, einer Rebsorte, die du einzig und allein an den Hängen der Monte Lessini findest. Meiner Ansicht nach gehört sie zu den besten weißen Rebsorten Italiens und eignet sich wie kaum eine andere für die Herstellung fantastischer Schaumweine. 

Cristina Meggiolaro und Riccardo Roncolato von der 2004 gegründeten Azienda Meggiolaro machen genau das. Zwei Weingärten am Monte Calvarina ein paar hundert Meter über Ronca liefern dafür den Rohstoff – biologisch kultivierte Trauben, die sie auf unterschiedliche Art und Weise verarbeiten. Der Sotoca’ ist ein brillanter Rifermentato, während der flaschenvergorenen Spumante Corte Roncolato zeigt, was in den venetischen Bergen (und jenseits des Prosecco) in Sachen Schaumwein alles möglich ist.

Unten am Talgrund in Roncà haben die beiden außerdem einen Weingarten mit Garganegareben, aus deren Trauben sie einen präzis-geradlinigen aber durchaus stoffigen Weißwein keltern. Und hoch oben, auf gut 600 Metern, läuft gerade ein Projekt an, dem man mit Spannung entgegensehen darf. Dort haben die beiden gerade einen Weingärten mit Pinot Nero Reben bestockt, von dem es allerdings frühesten in zwei, drei Jahren erste Proben geben wird. 

Die Weine

Durella Sotoca’: In vulkanischen Böden am Monte Calvarina gewachsen. 30 Jahre alte Rebstöcke.  Alte Pergolaerziehung. Spontanvergoren. Zweitgärung in der Flasche. Straff, geradlinig, klar. Mineralisch. Feinfruchtig. Lebhafte Säure. Saftig. Vitales, animierendes Finish. Besser als nahezu alles, was aus dem Prosecco kommt.

Durella Corte Roncolato: Meggiolaros Opus Magnum. 95% Durella, 5% Garganega. 30 Jahre alte Rebstöcke. Vulkanische Böden. Spontanvergpren. Zweitgärung über 36 Monate in der Flasche. Pas dose. Streng, mineralisch. Zischt mit ordentlich Dampf durch die Adern. Belebt. Hat eine ordentliche Säure allerdings auch die nötige Substanz, um ihr Contra zu geben. Hefig, feinfruchtig, lang. sehr gut.

Garganega Sarò: Vom Talgrund in Roncà. Wurzelt gleichfalls in vulkanischem Basalt. Spontanvergoren. Über sechs Monate im Stahltank ausgebaut. Battonage. Cremige Textur. Weicher und geschmeidiger als die Schaumweine. Nie aufdringliche, delikate Frucht. Fein.

Kein Vertrieb im deutschsprachigen Raum

Wer in die Gegend kommt, sollte möglichst auch bei Daniele Piccinin und in der Käserei Roncolato vorbeischauen (Via Nuova 1, Roncà)

Meggiolaro

Cristiana Meggiolaro & Riccardo Roncolato
Via Roncolati, 43/B
37030 Roncà
Cristiana Meggiolaro +39 335 69 58 085
Riccardo Roncolato +39 320 26 44 965
info@meggiolarovini.it
www.meggiolarovini.it

Ein paar Fakten

Rebsorten: Durella, Garganega
Rebfläche:
Manuelle Lese: ja
Dünger: ja, organisch
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: nein

In die Colli Euganei aufzubrechen lohnt sich eigentlich immer. Die Dichte an exzellenten Trattorien, wo man für ein paar Euro selbstgemachte Pasta bekommt, konkurriert mit der Casinokonzentration in Las Vegas und die alten Vulkankegel mitten in der Poebene stehen ähnlich unvorbereitet in der Landschaft wie die Felsbrocken im Monument Valley.

Zumindest eigenwillig ist zudem die Tatsache, dass gleich zwei der sechs Winzer, die an den Hängen und Kuppen der Vulkane außergewöhnliche Weine keltern, in einem früheren Leben exzellente Musiker waren und mit Kontrabass (Paolo Brunello) und Französischem Horn (Alfonso Soranzo) die Konzerthallen der Welt bespielten. Den Kontrabass habe ich schon mal erwähnt, das Französische Horn dagegen ist neu.

Bis er 30 war, habe er darauf gespielt, erzählt Alfonso und ein Leben geführt, das dem eines klassischen Bohemiens relativ nahe gekommen sein dürfte. Gespielt, gearbeitet und gelebt wurde in der Nacht – mit all seinen positiven und negativen Konsequenzen, der Tag gehörte dem Schlaf; das machte er so lange bis er keine Lust mehr auf diesen Rhythmus hatte und sich der Wunsch bildete, statt Hörnern Töne, Trauben Aromen zu entlocken.

Das Jahr 1999 wurde somit zum Anfang seiner neuen Zeitrechnung. In den Hügeln über dem kleinen Ort Zovon di Vò, am westlichen Rand der Hügel übernahm Alfonso einen Hektar Weingärten von seinem Vater – nicht viel aber genug, um erste Weine keltern zu können. Anfangs kam die Hilfe von außen – seine Eltern wussten zwar über die elementaren Produktionsschritte Bescheid, doch war es Alfonsos Ziel mehr als nur „vino sfuso“ zu keltern – weshalb er auf die professionelle Hilfe eines Önologen setzte. Zudem hörte er sich bei den älteren Generationen in der Nachbarschaft um und setzte sich so sukzessive seine Vorstellung eines idealen Weins zusammen. Diese Vorstellungswelten wurden 2002 noch einmal radikal verändert als Alfonso Angiolino Maule kennenlernte.

Maule galt damals schon als streitbarer Vertreter der Naturweinnische und erzählte bereitwillig jungen Winzern von alternativen Ansätzen im Weingarten und Keller. Alfonso hörte zu und setzte vieles, was Maule empfahl, in seinen Weingärten um. Die Arbeit im Weingarten musste er dabei kaum verändern. Schon sein Vater verwendete weder Pestizide noch Herbizide. Alfonso machte das offiziell, zertifizierte seine Parzellen BIO und setzte sukzessive auch ein paar neue Weingärten aus. Da auch die im Bioweinbau gebräuchliche Bordeauxbrühe (Kupfer), laut Alfonso „kein Rosenwasser“ ist, experimentiert er zudem mit natürlichen Präparaten.

Insgesamt sind es heute 5,5 Hektar, die er bewirtschaftet, vorwiegend auf kalkhaltigen und vulkanischen Böden und vorwiegend mit Cabernet Franc. In den Colli Euganei werden Bordelaiser Reben seit dem 19. Jahrhundert kultiviert, als italienische Landarbeiter und Tagelöhner die Rebstöcke aus Frankreich mitbrachten. Heute wurzelt in den Colli Euganei und den benachbarten Colli Berici so viel Carmenere wie nirgendwo sonst in Europa und Cabernet Franc, Merlot und Cabernet Sauvignon werden quasi als heimische Rebsorten betrachtet.

Die Weine

Das gleiche gilt auch für die Serprino – doch was ich im ersten Moment als wahrhaft autochtone Rebsorte verortete, ist lediglich ein Synonym für die Glera, die wiederum ein Synonym für Prosecco  ist. Fakt ist, dass es eine eigene DOC dafür in den Hügeln gibt und dass sich Alfonsos Version, der RIF (für rifermentato in bottiglia – flaschenvergoren), locker mit den besten Interpretationen der Kernregion des Glera/Prosecco messen kann. Ähnliches kann man über seinen Garganega sagen, den Vigneto Carantina, der saftig, konzentriert, und rauchig den Vergleich mit den besten Exemplaren aus Soave und Gambellara nicht scheuen muss. Malvasia, Garganega und Moscato Bianco sind die Bestandteile des Cassiara, einer staubtrockenen, mineralischen und aromatischen Cuvée, die 2018 exzellent ausgefallen ist. Die Vinifikation unterscheidet sich dabei kaum. Alfonso schwefelt die Maische minimal (die pH-Werte in den Hügeln sind seiner Ansicht nach nicht so niedrig, dass er darauf verzichten will), danach wird spontan und ohne Temperaturregulierung vergoren und der Wein – weiß wie rot – in Zementfässern gelagert. Geschönt und gefiltert wird nicht, geschwefelt erst wieder vor der Einflaschung.

Neben dem brillanten Cabernet Franc (davon ein anderes Mal detaillierter) keltert Alfonso einen geradlinigen und erstaunlich fruchtigen Carmenere und zu guter Letzt einen Wein, der in seiner Zusammensetzung definitiv einzigartig auf der Welt ist. In einem Projekt mit der Universität Padua hat Alfonso Soranzo eine Parzellen seiner Weingärten alten autochtonen Sorten gewidmet: seit einigen Jahren kultiviert er Marzemina Nera, Pattaresca und Cavrara und keltert daraus einen Wein, dem er den Namen „Vecchie varieta“ (alte Rebsorten) verpasst hat – rustikal, saftig, ledrig, dunkel und kraftvoll.

Monteforche ist Mitglied bei Vinnatur.

Monteforche – Alfonso Soranzo
Vò, Franzione Zovon
Via Rovarolla, 2005
Tel: 3332376035
soranzo1968@gmail.com

Weine

RIF
Pinot Grigio
Cassiara (Garganega, Malvasia)
Vigneto Carantina (Garganega)
Carmenere
Cabernet Franc
Vigne Vecchie (autochthone rote Rebsorten)

Jahresproduktion: 16000 Flaschen
Rebsorten: Malvasia, Marzemina Bianca, Traminer, Garganega, Pinot Grigio, Moscato; Cabernet Franc, Merlot, Carmenere, Marzemina Nera Bastarda, Turchetta, Recantina, Corbinona, Pattaresca und Cavrara
Rebfläche: 5 Hektar
Manuelle Lese: ja
Dünger: ja, biodynamische Präparate
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch ja
Direktverkauf:ja
Wohnmöglichkeit: ja
On the road: Villa Favorita, Fornovo, La Terra Trema

Italienische Schaumweine boomen, wobei man dieses Statement auch deutlich präziser formulieren kann. Das Prosecco und seine Frizzante boomen – und zwar so sehr, dass auch die frechen Gebietsvergrößerungsdiskussionen und Pestizidskandale sanft wie ein frischer Frühlingswind an ihnen vorbeistreifen und so schnell in Vergessenheit geraten wie die meisten Prosecchi, die man je im Glas hatte. Obwohl sich die meisten Händler, Supermarktketten, Wirtsleute und Tankstellenbetreiber vor allem am potenziellen Profit orientieren und bezüglich italienischer Frizzante folglich meist exklusiv auf Prosecco setzen, ist es erfreulich, dass sich viele gebietsfremde Winzer davon nicht irritieren lassen und dem süßlichen Kommerzsprudel für das gleiche Geld oft wesentlich hochklassigere Beispiele entgegensetzen.

10 Beispiele exzellenter Proseccoalternativen

Claudio Plessi, Tarbianein (Emilia-Romagna): Ein fantastischer, barocker, mundfüllender nur sanft sprudelnder Frizzante aus Trebbiano di Spagna, der Rebsorte, die ansonsten fast ausschließlich für Aceto Balsamico verwendet wird.  (Leider nur vor Ort erhältlich)

Cirelli, Wines Of Anarchy (Abruzzen): Francesco Cirelli ist ein exzellenter Winzer, der normalerweise mit Stillweinen aus Montepulciano und Trebbiano punktet. Aus letzterer Rebsorte keltert er seit kurzem auch einen rifermentato, der rustikal und frisch nach Salz, weißen Blüten und gelben Früchten schmeckt. (wineyou.it – verschickt nach AT und DE)

Nevio Scala, Gargante (Veneto): extrem vitaler, feingliedriger und klarer Garganega-Sprudel aus den Colli Euganei vom ehemaligen italienischen Fußballnationalspielers und Trainer des BVB und AC Parma. www.vinonudo.at

Bera, Moscato d’Asti (Piemont): Der beste Moscato d’Asti, den ich kenne. So filigran, fein, und zurückhaltend, dass man die begleitende Süße nur als dezentes Detail wahrnimmt. Gianluigis Moscato ist, so unwahrscheinlich das klingen mag, ein leiser Wein, dessen florale und fruchtige Aromen sich hinter kühler Mineralität verstecken. Toll.  (Leider habe ich keine Ahnung, wo man den Wein im deutschsprachigen Raum bekommen kann)

Ca’ de Noci, Querciole (Emilia-Romagna): Animierend, geradliniger und profunder Frizzante der Brüder Masini aus den Hügeln südlich von Reggio Emilia. Aus der wenig bekannten aber für Schaumwein prädestinierten Sorte Spergola gekeltert. Elegant und pulsierend, von Grapefruit und Tonic geprägt. Ungeschwefelt. www.vinonudo.at

Camillo Donati, La mia Malvasia (Emilia Romagna): Einer der Großmeister in Sachen natürlicher Schaumweinvinifizierung. Aromatisch, intensiv duftig, filigran und persistent. Macht Spaß und hat doch genug Charakter, um sich ein paar Gedanken darüber zu machen. (Findet sich bei einigen italienischen Händlern, die für gewöhnlich auch nach AT und DE verschicken.)

Castello di Stefanago, Blanc de Blancs ancestrale (Lombardei): Eigenwillige aber exzellente Cuvée aus Chardonnay, Müller-Thurgau und Riesling. Ein rifermentato mit einer Reifezeit in der Flasche wie ein Champagner. Ungefähr wie ein solcher – lebhaft, strukturiert, mit weißen Blüten und Hefearomen – schmeckt er dann auch. www.vinonudo.at

La Marca di San Michele, Numero Zero: Exzellentes Weingut aus Cupramontana, dem Epizentrum des Verdicchio. Daraus entsteht auch der Numero Zero, ein vitaler, mineralischer und von Blüten unterlegter Extra-Brut. Top. (aus Italien verschickt die Enoteca Galli)

Cascina Boccaccio Infernot (Piemont): 100% Cortese. Rifermentato. Ohne irgendwelche Zusätze in der Flasche vinifiziert. Ungeschwefelt und ungefiltert. Ein großer Trinkspaß. Fruchtig, dynamisch und für gewöhnlich knochentrocken. 

Davide Spillare L1 (Veneto): Davides L1 riecht nach Holunderblüten und Zitrusfrüchten, ist dank eines fünfprozentigen Anteils der stark säurehaltigen Durella spritzig und lebendig und ansonsten doch von der weichen Textur der Garganega geprägt. www.vinonudo.at

Filippo Filippi bei der Garganegalese

Filippo Filippi bei der Garganegalese

In Italien gibt die Region den Protagonisten und die Rebsorte ist lediglich Bestandteil des restlichen Ensembles. Ruhm und Renomèe gebühren folglich vor allem Barolo und Montalcino und nicht Nebbiolo und Sangiovese, die ihren Part allerdings meist exzellent spielen.

Manchmal ist es aber auch besser sich als Sorte hinter einer Region verstecken zu können, vor allem dann, wenn die Region unter Weinkritikern ungefähr denselben Ruf genießt wie Ed Wood unter Filmkritikern. Setzt man einem Kenner des Fachs einen Soave vor, kann man sich fast sicher sein, dass er das als Affront auffassen wird – Ausnahmen bestätigen freilich die Regel. Schenkt man dagegen Garganega ein, wird er eventuell sogar Interesse heucheln, da man unbekannten Dingen zumindest kurzfristig Aufmerksamkeit schenken sollte, bevor man über sie herzieht. Nun ist Soave eben immer auch Garganega, meist zu 100% und wer sich die Mühe macht, sich durch das erstaunlich breite Repertoire der Lagensoaves (der alten Kernzone des Soave) zu trinken, wird schnell feststellen, dass das keine Mühe macht und erst recht kein Affront ist. Guten Winzern und der Garganega sei Dank – die sollte man halt möglichst nicht in die fruchtbare Ebene setzen, kunstdüngen, totspritzen und 15000 Kilo Ertrag/Hektar davon erwarten (was leider viel zu oft getan wurde), sondern in vulkanische oder Kalkböden und mit 10000 Kilo weniger Ertrag rechnen. Tut man das und verfügt man nebenbei noch über alte Rebstöcke – was gerade in der klassischen 1000 Hektar umfassenden Kernzone über Soave oft der Fall ist – bekommt man Qualitäten in die Flasche, die nicht nur verblüffen sondern auch verdeutlichen, warum das Soave vor nicht einmal 70 Jahren als Chablis Italiens bezeichnet wurde.

Garganega reift spät und je höher oben man sich befindet desto später wird es. Lange Vegetationsphasen bauen zusätzliche Aromen auf, hinzu kommt ein natürlicher Säuregehalt, der näher am Riesling als am Veltliner liegt. In Italien ist man sich zumindest in Winzerkreisen über die Qualitäten der Sorte im klaren, weshalb sie nicht nur in Soave sondern auch in Gambellara und im Bianco di Custoza die erste Geige spielt. In Sizilien fungiert die Garganega als Grecanico und hat dabei durchaus Bedeutung – gleich vier Appellationen (Alcamo, Delia Nivolelli, Contessa Entellina und Contea di Scalafani) probieren das beste aus der Sorte rauszuholen.

Soave classico wird für gewöhnlich im Edelstahl oder Zementzisternen ausgebaut, die gehaltvolleren Lagenvarianten landen ganz gerne in gebrauchten Holzfässern. Ernsthafte Soave reifen zudem blendend und sollten – will man wirklich der Essenz der Weine nahekommen für 5-7 Jahre (je nach Jahrgang) weggelegt werden. Für die Interpretationen aus Gambellara gilt übrigens Gleiches, wobei dort noch ein paar exzellente maischevergorene Versionen hinzukommen (Maule, Spillare), die zeigen, dass ein wenig Gerbstoff der Sorte zusätzliche Dimensionen (und Aromen) verleihen kann. In beiden Orten – den Hochburgen der Sorte – wird übrigens auch Recioto, eine Süßweinvariante aus traditionellerweise im Wind getrockneten Trauben hergestellt.

Garganega sind ihrer miesen Reputation wegen viel zu billig.

10 Garganega, die man probieren sollte.

Cantina Filippi: Castelcerino (Soave)

Cantina Filippi: Vigne di Bra (Soave)

Corte Zanuso: Soave classico

La Capuccina: San Brizio (Soave)

Balestri Valda: Sengialta (Soave)

Suavia: Monte Carbonare (Soave)

La Biancara: Pico (Gambellara)

La Biancara: Sassaia (Gambellara)

Davide Spillare: Bianco Rugoli Vecchie Vigne (Gambellara)

Giovanni Menti: Monte del Cuco (Gambellara)

Soave mit dem Fahrrad zu erkunden, birgt Überraschungen. Man nimmt Dinge wahr, die einem im Auto verborgen bleiben. Tote Katzen zum Beispiel, die in einer Art Leichenstarre am Straßenrand liegen und deren Todesursache man irgendwie automatisch mit den weißen Pestizidwolken in Verbindung bringt, die in der Ebene Soaves in besorgniserregendem Takt aus den Pergolen aufsteigen.

Zudem kann man die Steilheit des Geländes im Detail registrieren und staunt über die sich über hunderte Höhenmeter hinziehenden Einzellagen. Bösartig ist dabei die Tatsache, dass auch die Winzer direkt in und an ihren Weingärten leben und ganz besonders hart ist dabei die Anfahrt zu Filippo Filippi. Er bewirtschaftet die höchsten Lagen in der ganzen Region (biodynamisch) und das heißt dann auch, dass es von der toten Katze bis zu ihm knapp 300 Höhenmeter und ca. 20 Spitzkehren sind. Die Welt dort oben, ist dann auch eine andere. Nachdem er mich mit etwas Wasser und ein paar Witzen über mein Transportmittel wieder aufgepäppelt hat, besteht er glücklicherweise darauf, mit dem Traktor eine Spritztour an seinen Weingärten vorbei zu machen.

Bis fast 500 Meter ziehen sich hier die Stöcke über die Kuppen, eingebettet in kleine Wäldchen und bestens durchlüftet vom Wind, der über die Hügel bläst. Der bringt auch gleich Regen mit und treibt uns in eine – von Menschen ausgeschlagene – Kalksteinhöhle. Die Terrassenmauern der Weingärten sind daraus gebaut und auch das, aus dem 13. Jahrhundert stammende, Haus der Filippis. Auf Kalk steht auch der Vigneto Monteseroni, einer der weniger weißen kalkigen Einsprengsel im Vulkanland Soaves, steinalte Stöcke, die quasi in einer Blumenwiese wurzeln. Filippo Filippi ist beileibe nicht der einzige, der hier dezidiert biologisch arbeitet, er scheint seine Auffassung von Naturwein jedoch am konsequentesten durchzuziehen.

Er setzt damit zum einen auf all die Vorteile gesunder und vitaler Böden zum anderen arbeitet er auch seinen Vorstellungen konsequent folgend im Keller weiter. Gärtemperaturen werden reguliert, jedoch nur nach oben (mehr als 24°C möchte er dann doch nicht haben), Schwefel in Minimalmengen eingesetzt, die Schwerkraft ersetzt die Pumpen und die Weine mal sechs Monate mal länger (bis zu 18) auf der Hefe gelassen. Filter sind was für Kaffee, nicht aber für Filippis Wein und möchte man kein blaues Auge riskieren, nimmt man das Wort Enzym besser nicht in den Mund. Dafür lohnt es sich, das mit seinen drei Garganega-Einzellagenweinen, den beiden vulkanisch geprägten Castelcerino und Vigne della Brà und dem oben erwähnten Monteseroni zu tun:

Castelcerino 2009 (nicht mehr Soave Classico sondern Schon Soave Scaligeri): „mein Basiswein“, meint Filippo bescheiden und der Wunsch ständig mit solchen Einsteigern zu tun zu haben, keimt auf. Puro und präzis, mineralisch, floral, Orangenzesten, straff, kräftige Säure, die bestens in den dichten Körper passt – kostet irgendwo um die € 8 und ist damit grob unterbepreist.

Monteseroni 2009: Filippos Antwort auf das Chablis, also mal wirklich Feuerstein, Nüsse und Limetten, saftig, dicht und bestens strukturiert, lang, Magnesiumgaumen (oder so ähnlich), salzig und ausklingend ein wenig Grapefruit. Toll. Übrigens € 9 und damit genauso viel zu billig.

Vigne della Brà 2009: kräftiger und üppiger als seine Kollegen allerdings noch lange nicht barock. Mandeln und Blüten. Und haufenweise Kräuter. Kompakt und lebendig, druckvoll, eindrucksvoll straff, mit Zug zum Gaumen, lang und Potenzial² (Garganega reift übrigens fantastisch, Potenzial bedeutet hier 10 Jahre +).

Das war es aber noch nicht. An Filippos dickem Holztisch stehen noch zwei eigentümliche Spezialitäten. Als erstes ist da der reinsortige Trebbiano di Soave (einer von zwei, die es in Soave noch gibt) von der Lage Turbiana aus 80 Jahre alten Stöcken, die – da Pergola-erzogen – dick wie Baumstämme wirken.

Turbiana 2008: Trockenfrüchte, nussig und Honig in der Nase, erstaunlich trocken am Gaumen, konzenriert, straff und exotisch, sehr eigen

Und dann ist da noch die Garganega Spätlese 2007: erstmal drei Monate mazeriert, danach 36 Monate im Stahl, Honig und Marillen, nussig und kalkig, salzig und Orangen, die Femme fatale in Filippos Programm, kokett und kühl (jedenfalls mit Stil), und natürlich wiederum zu billig für so eine Diva

Fazit: Filippos Weine sind durch die Bank topp, die Abfahrt nach Soave danach herrlich.


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