La Poiesa ist eines der vielen, verhältnismäßig jungen Weingüter in der extrem umtriebigen Region rund um Piacenza. Es geht auf das Konto von Roberto Cristi, der nach seinem Diplom zum Landvermesser der Idee sein Leben in den Büros von Turin zu fristen nichts abgewinnen konnte und in die Heimat seiner Urgroßeltern Livio und Filomena zurückgekehrt ist. Die bewirtschafteten schon vor gut 100 Jahren einen Flecken Erde in Carpaneto Piacentino, wo auch Roberto heute lebt und arbeitet. Er übernahm den Namen ihres Weinguts, der kein Buchstabensalat aus dem Wort Poesia (Poesie) ist, sondern sich von Poiana ableitet, dem lokalen Namen für den Mäusebussard, der noch immer gelegentlich über die Weingärten schwebt.

Auch wenn er die Gerätschaften modernisiert hat, die das Leben am Feld und im Keller vereinfachen, ist die Herangehensweise weiterhin traditionell und von den Rebsorten der Vergangenheit geprägt. Aus Barbera und Bonarda fabriziert er einen in der Flasche vergorenen Frizzante, der in der Region Gutturnio genannt wird und stilistisch Lambrusco ähnelt. Und aus Ortrugo und Malvasia di Candia Aromatica keltert er zwei maischevergorene Rifermentati: gleichfalls flaschenvergorenen Sprudel, der allerdings mit etwas weniger Druck als beispielsweise ein Franciacorta oder Champagner und ohne Degorgement (Entfernen des Hefesatzes) vinifiziert wird.

La Poiesa ist Mitglied bei Emilia sur li.

Die Weine

Filòm: Frizzante aus 100% Malvasia di Candia Aromatica. Über vier Wochen mit den Schalen in Zementzisternen vergoren. Ungefiltert zur Zweitgärung in die Flasche gefüllt. Hat die Farbe eines Sonnenuntergangs. Reife Zitrusaromen, warme, gelbfruchtige Noten, welkes Laub. Forsch und rustikal, mit Grip und Druck am Gaumen. Hat Charakter. Seht gut. (ca. € 10)

Burbero: Frizzante aus 100% Ortrugo. Über vier Wochen mit den Schalen in Zementzisternen vergoren. Ungefiltert zur Zweitgärung in die Flasche gefüllt. Kräuterig, subtiler und heller in der Aromatik als der Filòm. Spielerisch, leicht aber doch eindrücklich. (ca. € 10)

Livione: Frizzante aus 60% Barbera und 40% Bonarda. Über drei Wochen mit den Schalen in Zementzisternen vergoren. Ungefiltert zur Zweitgärung in die Flasche gefüllt. Dunkel im Auge und in der Nase. Beeren und Pfeffer. Würzig. Straff (dank der Barbera) und doch mit Körper (danke der Bonarda). Brillanter Essensbegleiter zu deftigen Gerichten. (ca. € 10)

Azienda Agricola La Poiesa
Adresse: Strada Poiesa, 50 – Carpaneto Piacentino
Tel. +39 347 0697858
info@lapoiesa.it
www.lapoiesa.it

Es gibt Rebsorten, aus denen sich große oder zumindest eindrucksvolle Weine keltern lassen und andere bei denen das nicht geht, die aber trotzdem – sofern sie denn einen Winzer haben, der sie ernst nimmt und versteht – ganz sympathisch sind. Glera, die Rebsorte, aus der Prosecco fabriziert wird, ist dafür vielleicht das beste Beispiel. Grundsätzlich völlig belanglos, bekommt sie in den richtigen Händen, zumindest ein bisschen Charakter. Ortrugo ist auch so eine Sorte. Anders als Glera wollte sie allerdings auch nie im Mittelpunkt stehen, worauf bereits ihr Name verweist: Erstmals erwähnt wurde sie 1881 im ampelografischen Bulletin des italienischen Landwirtschaftsministerium als Altruga, als „altra uva“ – „andere Traube“ – also diejenige, die im Vergleich zu den übrigen Trauben eine Stufe tiefer stand. 

Angepflanzt wurde sie trotzdem. Weniger um ganz für sich alleine vinifiziert zu werden, sondern um die Malvasia di Candia Aromatica – ohne wenn und aber eine große Rebsorte – zu unterstützen und ihre Wucht und ausladende Aromatik mit ein wenig Subtilität und Finesse zu kombinieren. Dafür eignet sie sich blendend und so fließt sie, als delikater und filigraner Partner, in die mitunter wichtigsten orangen Cuvées der Emilia mit ein.

Da die Malvasia di Candia Aromatica fast ausschließlich in den vier, in Richtung Apennin abzweigenden Tälern Piacenzas (Nure, Arda, Tidone und Trebbia) vorkommt, findet man auch Ortrugo, dessen Schicksal an sie geknüpft ist, fast nur dort. Und weil nicht alle Winzer fortwährend Lust haben, substantielle und nachdrückliche Weine zu keltern, sondern sich manchmal auch mit etwas weniger zufrieden geben, wird sie mittlerweile auch gelegentlich ganz für sich abgefüllt: Fast immer prickelnd, um ihre Leichtigkeit, Lebendigkeit und delikaten Aromen zusätzlich zu unterstreichen. Und fast immer als emilianische Antwort auf Prosecco, mit dem sie es, in ihren besten – flaschenvergorenen – Varianten, auch locker aufnehmen kann.

Ein paar reinsortige Ortrugos

Croci: Lubigo Frizzante
Saccomani: Ortrugo Frizzante
Marco Cordani: Ortrugo Terzolo Frizzante
Davide Valla: Dieci Lune Frizzante
Solenghi: Ortrugo Frizzante
Lusenti: Ciano Frizzante

Ortugo als Partner

Denavolo: Dinavolo (bei vinonudo)
La Stoppa: Ageno
Cascinotta di Rizzolo: Cascinotta
Casè: Casè Bianco
Lusenti: Azzi frizzante

DAS WEINGUT

Marco Cordani ist ein Winzer alten Schlages. Bei Verkostungen, zwischen seinen Kollegen, wirkt er wie aus der Zeit gefallen, ruhig, zurückhaltend und nur dann gesprächig, wenn es um seine Arbeit geht. Die erledigt er seit frühester Jugend tagtäglich nahe der kleinen Ortschaft Carpaneto Piacentino in den Montine di Celleri, wo er die sechs Hektar Weingärten pflegt, die sein Urgroßvater Angelo und sein Großvater Benvenuto angelegt haben. Abgesehen von einem kurzen Intermezzo als Schiffsbauer hat sich Marco Zeit seines Lebens um die Familienreben gekümmert, die sich mit Ausnahme einer kleinen Parzelle Syrah aus den klassischen Sorten des Piacentino zusammensetzen: Barbera und Bonarda (alias Croatina) machen die rote Fraktion aus, Malvasia di Candia Aromatica, Moscato Bianco, Ortrugo und Trebbiano stehen für die weißen und orangen Vinifikation zur Verfügung.

In die Flaschen kommen neben drei Stillweinen (Oracolo, Apogeo & Perigeo) drei Frizzante, die der Tradition entsprechend nach einer Erstgärung in der Flasche mit einem noch vorhandenen Restzuckergehalt überwintern (die Hefen stellen bei entsprechend niedrigen Temperaturen ihre Arbeit ein) und im Frühjahr bereits in die Flasche gefüllt, fertig gären. Der komplette Vinifikationsprozess läuft nach altem Vorbild ab, das heißt, dass weder Reinzuchthefen verwendet werden, noch filtriert oder am Ende der Zweitgärung degorgiert wird. 

Es ist nicht so, dass Marco sich Innovationen völlig verschließen würde – er besucht mehrmals im Kurse und saugt das, was ihn weiterbringt und seiner Konzeption von Wein nicht widerspricht interessiert auf. Manchmal probiert er auch Sachen aus, die er dann wieder bleiben lässt. Mit Reinzuchthefen konnte er sich beispielsweise nicht anfreunden. Er fand den völlig problemlosen Gärverlauf irritierend und das Geschmacksbild seiner Weine austauschbar, banal und identitätslos. Kurz, er erkannte sie nicht wieder und kehrte folglich gleich im nächsten Jahr wieder zu seiner altbewährten Herangehensweise zurück. 

Wer direkt bei ihm vorbeifährt, bekommt auch noch – gleichfalls eine langgehegte und sehr sympathische Tradition honorierend – Weine direkt vom Fass.

Die Weine

Gutturnio Magia Frizzante: Sprudelnde Cuvée aus Bonarda und Barbera, die nach sechstägigem Schalenkontakt spontan vergoren werden. Fantastischer violetter Schaum, dunkle Beerenaromen, würzig, kräftiges Tannin, zupackende Säure, lebhafte Perlage. Profund und doch erfrischend. Passt bestens zu den klassischen Schweinereien aus der Emilia (Prosciutto, Salami).

Labaia Frizzante: Blend aus Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Trebbiano und Moscato Bianco. Dreitägiger Schalenkontakt. Mundfüllend und dicht, eindringlich und fordernd, mit gelben Fruchtaromen und spürbaren Kräuternoten. Hat Kraft und Energie. Der Gerbstoff lenkt, die Säure versprüht Dynamik. Sehr, sehr gut.

Ortrugo Terzolo Frizzante: Nach einem unter dem Weingarten dahinlaufenden Bach benannt. Das Gegenteil des Labaia. Subtil und filigran. Zurückhaltend. Von feinen Blütennoten und delikater weißer Frucht geprägt. Schlank und elegant. 

Oracolo: Aus den gleichen Rebsorten wie der Labaia vinifiziert. Wurde gleichfalls, und wie fast immer, wenn Malvasia di Candia Aromatica im Spiel ist, ein paar Tage auf den Schalen belassen. Und das spürt man auch. Die Aromen sind intensiv und nachhaltig und Gerbstoff und Säure machen Druck. Hat Länge und Kraft.

Perigeo: Cuvée aus hauptsächlich Barbera und ein wenig Bonarda. Einmonatiger Schalenkontakt. Danach ein Monat über in Zementzisternen. Massiver Körper, intensive Aromatik. Viel dunkle Frucht und Würze. Dank der, der Barbera stets innewohnenden Säure geradlinig und direkt. Dicht und fokussiert am Gaumen.  

Marco Cordani

Loc. Montine – Celleri
29013 – Carpaneto Piacentino (PC)
Telefono 334-1480999
e-mail: info@marcocordani.it
www.marcocordani.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 12000 Flaschen
Rebsorten: Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Moscato Bianco, Trebbiano, Barbera, Bonarda
Rebfläche: 6 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein
Mitgliedschaft: Emilia sur li

Die Weine von Marco Cordani gibt es vermutlich nirgendwo im deutschsprachigen Raum. Online aus Italien erhält man sie bei www.decanto.it

 

Das Weingut

Das erste Mal hörte ich von Gianluca Bergianti 2017 bei einer Verkostung in Vignola, der Stadt mit den besten Kirschen der Emilia Romagna. Luciano Saetti, seines Zeichens eine unumstößliche Größe unter den Lambruscowinzern der Region, machte mich auf ihn aufmerksam und meinte, dass ich unbedingt seine Weine probieren sollte. Gesagt, getan – und seither auch immer wieder mit großer Freude und immer neuem Interesse, da Gianluca seinem 2017 noch sehr kleinem Sortiment mittlerweile noch einige Weine mehr hinzugefügt hat.

Gianlucas Familie stammt ursprünglich aus Carpi, einer kleinen Stadt im ebenen Kernland des Lambrusco. Mit Wein hatte die Familie nie wirklich zu tun. Auch Gianluca anfangs nicht, der nach dem Liceo Ingenieurswissenschaften zu studieren begann. Nach einem Jahr sah er jedoch ein, dass Ingenieur nichts für ihn war und beschloss erstmal durch Italien zu reisen, sich umzuschauen und über seinen künftigen Weg nachzudenken. Ein halbes Jahr später schrieb er sich an der Uni Pisa in den Fächern Agrarwissenschaften und Önologie ein und dabei blieb es dann auch. Glücklicherweise, denn Gianluca ist heute einer der interessantesten (im absolut im positiven Sinne des Wortes) und besten Winzer der Emilia. Gemeinsam mit seiner Frau Simona, gleichfalls Agrarwissenschaftsabsolventin und verantwortlich für die landwirtschaftliche Produktion des insgesamt 16 Hektar großen Hofes in Gargallo (man kann ihr Gemüse Freitag nachmittag direkt ab Hof oder am Samstag am Markt in Carpi kaufen). Die Bewirtschaftung basiert seit den Anfängen auf biodynamischen Prinzipien, wobei Gianluca und Simona den Begriff traditionell bevorzugen. Der ampelographische Fokus liegt auf Salamino und Sorbara, den beiden Lambruscosorten der Gegend, die von der weißen Pignoletto und demnächst auch noch von ein wenig Trebbiano Modenese ergänzt werden.

Der Keller von Gianluca ist inspiriert von einem unweit entfernten „Kühlhaus“ aus dem 16. Jahrhundert – einem aufgeschütteten kuppelförmigen Hügel, in dem es stabil zwischen 14 und 16°C hat. Darin vinifiziert er mittlerweile insgesamt sieben Weine, fünf sprudelnde Frizzante & Spumante und zwei weiße Stillweine, mehrere davon in Betoncleyver. Die Gärung ist durch die Bank spontan, die Eingriffe sind minimal (keine Schönung und Filterung, wenig Schwefel). Generell sind die Weine extrem elegant, griffig, mit knackiger Säure, ordentlich Druck in Richtung, filigraner Frucht und einer Menge Charakter.

Il Bianco: Nicht mein Lieblingswein von Gianluca. Pignoletto gehört eigentlich in die Colli Bolognesi und als Grecchetto Gentile nach Umbrien und ich bin mir nicht so sicher, ob er dort nicht besser aufgehoben ist. Breit, weich und doch säurebetont, floral, gelbe Frucht, aber irgendwie unrund.

Perfranco: Einer der Klassiker des Hauses. 100% Lambrusco Salamino di Santa Croce. Nach einer spontanen Erstgärung im Cleyver, fand eine Zweitgärung und nachfolgende zweijährige Lagerung in der Flasche statt. Saftig, kernig und vital. Blüten und Grapefruit in der Nase. Hat Substanz und Tiefe, bereitet aber doch auf unkomplizierte Weise Spaß.

Bergianti Fine: Nochmals Rosato, diesmal allerdings aus Lambrusco di Sorbara. Kein Rifermentato, sondern ein metodo classico (methode champenois). Knochentrocken, vertikal, voller Spannung, und Energie. Beeren und Zitrusfrüchte auf der Zunge. Sehr gut.

Bergianti rosso: Mix aus Salamino und Sorbara, wobei der Salamino klar den Ton angibt. Klassischer Lambrusco, allerdings als metodo classico vinifiziert. Rotbeerig, Waldfrüchte, Kirschen, Kräuter. Staubtrocken wie immer bei Gianluca. Mit ordentlich Rückgrat. Vertikal, linear und belebend.

Weitere Weine von Gianluca Bergianti sind der Rosato Frizzante Saint Vincent und der Primo, die allerdings immer ausverkauft sind, wenn ich ihn treffe.

Zudem vinifiziert er den Stiolorosso (Lambrusco di Sorbara, Oliva und Ancelotta – sehr gut) und den Resmaior (Lambrusco di Sorbara – solala – fein, filigran aber ein bisschen zu mager) von Casalpriore und ist nach dem Tod von Eigentümer Gabriele Ronzoni auch für die Bewirtschaftung verantwortlich.

Bergianti - Terrevive

Via Paganelle Guerri 15
41012 Gargallo di Carpi (MO
simonazerbinati80@gmail.com
g.bergianti@gmail.com
Cell: (+39)349-5227337 Gianluca
Cell: (+39)338-6382870 Simona
www.terrevive.net

Datenblatt

Rebsorten: Pignoletto, Trebbiano modenese, Lambrusco Sorbara, Lambrusco Salamino
Rebfläche: 5 ha
Reberziehung: Guyot
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer & Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung
Wohnmöglichkeit: nein

Croci

Massimiliano Croci macht in einer jener Ecken Italiens Wein, die international (und auch innerhalb des Landes) wenig bekannt sind und doch auf eine lange Geschichte verweisen. Sein Weingut in Castel Arquato im Val d’Arda, östlich von Piacenza, ist zwar nur einen Katzensprung östlich der Kernzone des Lambrusco gelegen, hat damit allerdings so gut wie nichts mehr zu tun. Die Rebsorten sind völlig andere und auch wenn sich die Gegend seit knapp 100 Jahren durch die Erzeugung von Gutturnio Frizzante (eine Antwort auf Lambrusco) eine gewisse Reputation für ordentlichen Sprudel erarbeitet hat, gibt es auch eine Menge spannender Stillweine, eine Vielzahl davon in weiß.

Massimilianos höhergelegene Reben wachsen auf dem 250 Meter hohen Monterosso. Das Terrain ist rötlich und von Eisenoxid geprägt und erweist dem Namen des Hügels alle Ehre. Weiter unten geht es in kalkhaltigen Sand über, ein geologisches Überbleibsel aus Zeiten als die Poebene noch von einem Ur-Meer bedeckt war. 

Die pedologischen Verhältnisse sind karg, für Weinbau jedoch bestens geeignet. Seit 1935 kultiviert die Familie Croci hier Reben, wobei man in Weiß seit jeher auf die fantastische Malvasia di Candia aromatica, Ortrugo, Marsanne und Sauvignon Blanc setzt – die beiden Letzteren sind bekanntlich französische Sorten allerdings bereits seit der Invasion Napoleons auch zwischen Parma und Piacenza zu Hause. Rot beschäftigt sich Massimiliano einzig und allein mit Barbera und Bonarda, den beiden Klassikern der Region. Die Bewirtschaftung der 10 Hektar Weingärten ist seit jeher biologisch, seit einigen Jahren ist er auch offiziell zertifiziert. 

Die Weine  

Gutturnio Frizzante: Barbera und Bonarda, per Hand gelesen. Spontane Erstgärung. Zweigärung über mind. 10 Monate in der Flasche, nicht degorgiert. Rustikal, würzig, dunkelfruchtig, festes Tannin. Mit Zug, Druck, Frische und ordentlich Energie am Gaumen. Trinkfluss mit Tiefgang.  Exzellente Lambruscoalternative.

Colli Piacentini Monterosso Campedello: Frizzante aus Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Trebbiano, Sauvignon Blanc und Marsanne. Spontane Erstgärung. Zweigärung über mind. 10 Monate in der Flasche, nicht degorgiert. Blütennoten, Maulbeeren. Tonic. Fein und subtil am Gaumen. Delikate Perlage. Sehr gut.

Lubigo Frizzante: Eine Rarität: Ortrugo in purezza. 15 Tage mit den Schalen vergoren. Zweigärung über mind. 10 Monate in der Flasche, nicht degorgiert. Floral. Brot und Hefenoten. Steinobst. Das Tannin strukturiert spürbar, wird allerdings von der lebendigen Perlage relativiert. Klingt salzig aus.

Valtolla (orange): Eine jener fantastischen Malvasia di Candia Aromatica Versionen, die keinen Raum für Kompromisse lassen. 30 Tage Mazeration. Fordert vom ersten Schluck weg, macht aber dennoch oder gerade deswegen Spaß. Reife, gelbe Frucht und Kräuterteenoten. Saftig und kompakt. Macht mächtig Druck zum Gaumen hin. Kann man sich über Jahre hinweg in den Keller legen.

Valtolla (rot): Barbera & Bonarda – in der Zement vergoren und gelagert. Dunkel, kraftvoll und saftig – hat von allem nicht zu wenig: Säure, Tannin, Frucht, Würze & Power.  Ist dennoch im Gleichgewicht. Lang und nachhaltig. Lohnt sich sehr.

Adresse

Massimiliano Croci
Monterosso 8
29014 Castell’Arquato
croci@vinicroci.com
tel/fax +39 0523 80332

Cold facts

Rebsorten: Malvasia di Candia Aromitica, Sauvignon Blanc, Marsanne, Ortrugo, Barbera, Bonarda
Rebfläche: 10 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: –
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: nein

Teil 2 über eine der missverstandsten Familien der Welt

– Lambrusco Maestri

Toppt den Grasparossa bezüglich Dunkelheit und Gerbstoff. Maestri findet sich vor allem in der Ebene und den ersten Apenninhügeln zwischen Reggio Emilia und Parma. Reinsortige Lambrusco Maestri gibt es nur wenige, doch werden eine ganze Menge spannender Interpretationen produziert, in denen die Sorte ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Im Verbund mit der Grasparossa beispielsweise gibt sie eine rustikale, pulsierende und aggressive Antwort auf die maßvollen, ausgeglichenen und zurückhaltenden Salamino und Sorbara. Alle vier gehören zur Lambruscofamilie, doch könnten die sensorischen Unterschiede zwischen ihnen kaum größer sein. Exzellente Versionen gibt es, wie bereits erwähnt, gleich mehrere. Allen voran der Neromaestri (70% Maestri und 30% Grasparossa) von Roberto – nomen est omen – Maestri von der Azienda Quarticello, der Pozzoferrato von Storchi oder der Lambrusco Fermente der Agricola La Collina.

 

– Lambrusco Marani

In der Ebene rund um Reggio Emilia zu Hause. Immerhin die drittwichtigste Sorte in Sachen Quantität, wobei mir bislang noch keine wirklich atemberaubende Interpretation davon untergekommen ist.

 

– Lambrusco Fiorano

Fiorano kennt man vor allem als private Teststrecke für Ferrari-Boliden, die kleine Stadt südlich von Modena ist aber auch Namensgeber eines Mitglieds der Lambrusco-Familie. Dank seiner großen Beeren ist Lambrusco Fiorano bisweilen auch unter der Namen Lambruscone (das Suffix -one verweist auf etwas Gewichtiges/Großes) bekannt. Da sie nicht besonders robust ist und folglich anfällig für alle mögliche Krankheiten, hat sie trotz ihrer exzellenten Qualitäten bei den Winzern keinen allzu guten Stand. Claudio Plessi lässt sich davon nicht irritieren und keltert aus ihr den Lambruscaun, einen balsamischen, kirschfruchtigen, würzigen und nur leicht perlenden Wein.

 

– Lambrusco Barghi

Wie schon beim Lambrusco Fiorano gibt es auch vom Lambrusco Barghi kaum reinsortige Versionen, die eine, die ich kenne, hat es allerdings in sich. Der Rio degli Sgoccioli stammt aus den Weingärten von Vanni Nizzoli (Cinque Campi), einem der besten Winzer der Emilia und etwas südlich von Reggio Emilia beheimatet. Zwar wurde die Sorte seit jeher als qualitativ äußerst hochwertig angesehen und auch aufgrund ihrer Resistenz gegen Botrytis und ihres generell hohen Zuckergehalts hochgeschätzt, doch wurden ihr ihre dicke Schale und folglich ihr geringer Saftertrag zum Verhängnis. Heute ist sie fast ausgestorben. Vanni Version riecht nach Unterholz und Kirschen, ist saftig und einladend, hat griffige Tannine und eine lebhafte Perlage und macht Druck am Gaumen und darüber hinaus.

 

– Lambrusco Montericco

Ein Klassiker vergangener Zeiten in der Gegend rund um Albinea. Findet sich heute leider nur noch sporadisch. Schuld daran dürfte die relativ hohe Säure haben. Fließt heute meines Wissens nur noch in Cuvèes ein z.B. in den exzellenten Sottobosco von Ca’de Noci.

 

Weitere Lambruscosorten, über die ich bisher allerdings kaum Bescheid weiß, sind

Lambrusco Viadanese (rund um Mantua)
Lambrusco Oliva
Lambrusco di Corbelli
Lambrusco Benetti

Claudio Plessi ist eine der großen Figuren im biologischen Weinbau der Emilia. Das wissen selbst in der Emilia die wenigsten, was vor allem daran liegt, dass Claudio zwar seit den 70er Jahren immer wieder große Projekte initiiert, sich dabei aber selbst weitgehend zurücknimmt. Folglich sind wir uns erst vor kurzem bei einer dem Lambrusco gewidmeten Verkostung in Vignola erstmals über den Weg gelaufen, wo er eine Handvoll sprudelnder Weine ausschenkte, die sich nicht nur qualitativ von denjenigen der anderen unterschieden. Auch was er einschenkte, sprengte den üblichen Kanon.

Wir starteten mit dem Ruzninteina, einem reinsortigen Ruggine, zu Deutsch „Rost“, einer alten Sorte aus dem Modenese, die ihren Namen ihrer tieforangen Farbe verdankt und nach Trockenfrüchten, Heu und Hefe schmeckt; machten mit dem Sparglàta, einem 100%igen Spergola weiter und krönten die erste Runde mit dem Tarbianein, seinem brillanten, ein wenig barocken, duftigen und mundfüllenden Trebbiano di Spagna.

Zwar pflegt Claudio – wie es sich für die Gegend gehört – die Tradition moussierender Weine, doch belässt er es bei all seinen Weinen bei einem feinen Prickeln, das zwar, ähnlich dezent wie der Winzer, im Hintergrund für Struktur sorgt, anderen Attributen (Aroma, Säure & Textur) allerdings die Bühne überlässt.

Die zweite Runde läutete Claudio mit dem Tàsca Rosato ein. In Rebsorten übersetzt bedeutet das Uva Tosca, in Aromen Kirschen und Unterholz. Uva Tosca ist eine seit ein paar hundert Jahren im emilianischen Apennin beheimatete Sorte, die sich kälte- und frostresistent bis auf 700 Meter hinaufzieht und filigrane, unbeschwerte und aromatisch subtile Weine ergibt, vorausgesetzt man keltert sie so wie Claudio (Vittorio Grazianos exzellenter Smilzo ist ein weiteres Beispiel). Danach wurde es dunkelrot und das heißt in dieser Ecke Italiens Lambrusco grasparossa, die intensivste, kräftigste und forderndste der vielen Lambruscovarianten. Claudios Interpretation macht diesbezüglich keine Ausnahme. Das Tannin ist präsent aber fein, die Aromen sind dunkel (Beeren, Balsam, Erde) und die Struktur ist klar und animierend. Der Wein heißt übrigens Tiepido, eine Referenz an den kleinen Bach, der an seinem Weingarten in Castelnuovo Rangone vorbeifließt und dafür mitverantwortlich ist, dass Claudio auch in den heißesten aller Sommer (2017) nicht bewässert.

Die dritte Runde nahmen wir dann bei Flavio Cantelli in Angriff, dem Eigentümer des Weinguts Maria Bortolotti. Claudio und Flavio bilden eine Art Winzerkollektiv, wobei sie nicht nur die gleichen Ideen vertreten (beide haben die Carta degli intenti dei Vignaioli Arigianali Naturali unterzeichnet), sondern sich auch einen Keller teilen. Was sich allerdings unterscheidet sind die Rebsorten und die Region. Flavios Weingut in Zola Pedrosa befindet sich zwar nur 15 Kilometer von Claudios Weingarten entfernt, doch ist man dort bereits in den Colli Bolognesi und folglich in einer zwar topographisch ähnlichen, ampelographisch allerdings völlig anderen Welt. Flavios wichtigste Sorte ist Pignoletto und statt Lambrusco und Uva Tosca hat er Barbera, der in den bolognesischen Hügeln bereits seit dem 12. Jahrhundert dokumentiert ist und aus dem er einen der besten Rotweine der Emilia keltert – doch davon ein andermal.

Die dritte Runde eröffnete Claudio mit dem Tarbian, seines Zeichens Trebbiano modenese und einer seiner allerbesten und den ausnahmslos sehr guten Weinen. Der Tarbian bleibt als einziger Weißwein für ein paar Tage auf der Maische (Claudio meint, die Sorte verlange danach), was ihm – laut Claudio – zusätzlich Struktur, Substanz und Aromen gibt. Er ist weich und rund, mit einer feinen Perlage und einem Aromaprofil, das Platz für Blüten, Zitrusfrüchte, Salz und Hefe lässt. Unter all den raren Sorten, die wir sukzessive durchprobieren, ist dann auch eine dabei, die noch rarer ist, als alle anderen zuvor und von der Claudio meint, dass er wohl weltweit der Einzige wäre, der sie vinifizieren würde. Der Caveriòl ist zu 100% Festasio, Rot und elegant, mit feinen Tanninen, milder Perlage, reifer roter Frucht und, wie so oft bei ihm, einem erdigen Unterton. Das letzte Wort in der dritten Runde gehört aufs Neue einem Lambrusco: diesmal der Spielart aus Fiorano, dem Ort, wo von Zeit zu Zeit Formel I Boliden die Weingärten beschallen. Der Lambruscaun ist dunkel und fleischig, ein wenig bitter und vielleicht der einzige unter Claudios Weinen, der in einer Cuvèe besser aufgehoben wäre. Doch das widerspräche seiner Idee, die Bandbreite und den Charakter marginalisierter Rebsorten aufzuzeigen – wie eigenwillig sie auch bisweilen sein mögen..

Die vierte Runde trugen wir vor kurzem in Claudios Weingarten aus – zwischen dunklen, reifen Trauben und ganz ohne Wein. Dafür erzählte mir Claudio von seinem Leben als Winzer, dass 1958 als Sechsjähriger begann, als seine Eltern einen ersten Weingarten (Belussi) kauften und er in der Bütte mit den Füßen über die Beeren stampfte. Damals verkaufte man den Großteil der Trauben noch an die Genossenschaft in Settecani und kelterte aus dem Rest Flaschen für den Hausgebrauch.

Mit 18 verabschiedete er sich fürs erste vom tagtäglichen Landleben, studierte in Reggio Emilia Landwirtschaft und forschte danach in Parma und Piacenza weiter. Nicht nur über Wein, sondern auch über alte Olivenarten in der Emilia (die ihn bis heute intensiv beschäftigen), autochthone Kirschensorten und über Hühnerrassen rund um Modena. Daneben blieb noch ausreichend Zeit um sich politisch dort zu positionieren, wo das Herz schlägt, aktiv in der Arbeiteravantgarde mitzuarbeiten und Präsident des Radio Cooperativa Modenese, einem Piratensender zu werden. Bereits als Professor für Landwirtschaft wurde er einer der Vorreiter der biologischen Bewegung der emilia und war 1987 einer der Gründerväter von Il Salto, einem Konsortium biologisch und biodynamisch produzierender Landwirte.

1986 übernahm er den 1958 gepflanzten Hektar, 2004 pflanzte er dann in die Ebene rund um sein Elternhaus 3,5 Hektar mit jenen Reben, die heute das Fundament für seine einmalige Serie an Schaumweinen bilden. Sämtliche Reben stehen in der Ebene, auf einem Gemisch aus Ton und Kalk, über das sich eine feine Sandschicht gelegt hat. Zwischen den Rebzeilen wächst, was wachsen will, gewipfelt wird grundsätzlich nicht, das gelegentliche Zuviel an Blätter entfernt er manuell. Die Lese ist für emilianische Verhältnisse spät, doch weiß er um die Qualität und Resistenz seiner Trauben.

Im Keller läuft alles nach eingespielten Regeln ab. Die Weine werden, je nach Sorte, gar nicht, kurz oder etwas länger mazeriert, spontan vergoren und ohne Temperaturkontrolle in Stahltanks ausgebaut. Gefiltert wird nicht, geschwefelt schon (ca. 30mg/l) Die Zweitgärung findet in der Flasche statt, degorgiert wird nicht.

Claudios Mission ist noch nicht zu Ende. In den letzten Jahren pflanzte er noch eine weitere Sorten aus (Grappello), mit der er demnächst sein ohnehin schon imposantes Sortiment weiter vergrößern wird. Einer fünften Runde steht also nichts im Wege.

Ps: Claudio Plessi tritt seit kurzem auch gelegentlich öffentlich in Erscheinung: beispielsweise schenkt er seine Weine bei der großen Kulturweinverkostung in Fornovo und bei den Zusammenkünften von Emilia sur li aus und wer weiß, vielleicht wird es seine Weine auch irgendwann im deutschsprachigen Raum zu kaufen geben. Lohnen würde es sich allemal.

Claudio Plessi
Stradello Monari 11, Castelnuovo R. (MO)
Telefono: 366.3955807
E-mail: claudioplessi@gmail.com

WEINE

Ruzinteina (Ruggine)
Tarbianein (Trebbiano di Spagna)
Tarbian (Trebbiano modenese)
Sparglata (Spergola)
Tàsca rosato (Uva tosca)
Tiepido (Lambrusco grasparossa)
Caveriòl (Festasio)
Lambruscaun (Lambrusco di Fiorano)
Sgavàta (Sgavetta)

Die Preise der Weine liegen zwischen € 9 und € 16 (2017)

Claudio Plessi ist Unterzeichner der Carta d’intenti dei Vignaioli Artigianali Naturali  und Mitglied bei Emilia sur li.

Jahresproduktion: ca.15000 Flaschen
Rebsorten: Trabbiano di Spagna, Trebbiano modenese, Spergola, Ruggine, Lambrusco grasparossa, Lambrusco di Fiorano, Sgavetta, Festasio, Grappello, Uva Tosca
Rebfläche: 4 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: ja, alle paar Jahre
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja – am Weingut Bortolotti und nach Voranmeldung
Wohnmöglichkeit: nein

Podere Cervarola
Via per Castelvetro/Villabianca

WEINE

Rondinina (rosato frizzante – Lambrusco Grasparossa)
Cenerino (rosso frizzante – Lambrusco Grasparossa)

Jahresproduktion: ca.4000 Flaschen
Rebsorten: Lambrusco Grasparossa, ausgepflanzt wurden zudem Trebbiano modenese, Trebbiano di Spagna und Occhio di gatto
Rebfläche: 1 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: nein
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: nein

Andrea della Casa gehört zu jener mutigen Truppe an Winzern, die ihren alten Job an den Nagel gehängt und ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben. Nach Jahren als technischer Zeichner hat sich Andrea nochmals auf die Schulbank gesetzt, Landwirtschaft studiert, um sich danach – gemeinsam mit seiner Partnerin Raffaella Caselli einen Hektar Land an der Peripherie von Castelvetro di Modena zu kaufen.

Idee: Bestockt war der Weingarten bereits mit alten Lambrusco-Grasparossa-Reben, neben die die beiden auch noch Trebbiano modenese, Trebbiano di spagna und Occhio di gatto, autochthone Sorten aus der Region gesetzt haben. Zum einen, weil sie von ihrer Qualität überzeugt sind (und wer je die Trebbianoversionen von Vittorio Graziano und Claudio Plessi probiert hat, weiß, dass sie damit nicht falsch liegen), zum anderen, weil sie zu der wachsenden Anzahl von Weinbauern zählen, die Landwirtschaft (und eben auch Weinbau) und die Konservierung und Diversität lokaler Sorten auch als Kulturauftrag verstehen.

Wer mit einer solcher Haltung Reben pflanzt bzw. rekultiviert, arbeitet für gewöhnlich auch im Weingarten bewusst und sorgfältig und folglich wundert es nicht, dass Andrea und Raffaela von Anfang ihre kleine Rebfläche biologisch bewirtschafteten. Auch beim Ertrag setzen die beiden auf Mengen, die ihnen die Möglichkeit geben, hohe Qualitäten zu produzieren. Statt mit den industrieüblichen 15000 Kilo am Hektar begnügt man sich mit 4000-5000. Und das schmeckt man.

Mit dem Jahrgang  2016 gibt es nun die beiden ersten, mit der gleichen Intention vinifizierten Weine: die erste Gärung fand dabei in Zementzisternen statt, die zweite (mit dem noch vorhandenen Restzucker der Erstgärung) in der Flasche (methode ancestrale) – auf das Degorgieren verzichtete man genauso wie aufs Filtern, 5 mg Sulfit auf die Maische sind die einzige Konzession ans italienische Lagerhaus.

WEINE: Der Rondinina ist ein geradliniger, erdiger Rosato, der allerdings schnell auch noch ein paar Beerennoten in den Talon wirft und die zwei, drei Gramm Restzucker zu viel, mit lebhafter Säure auffängt. Richtig Substanz hat dann der Cenerino, der nach 6 Tagen auf den Schalen ausreichend Tannin hat, um dem Wein Struktur, Charakter und Richtung zu geben und außerdem noch einen fleischigen Unterton, der bestens zur dunklen Frucht passt. Da die beiden naheliegenderweise nicht warten wollten, gibt es den Cenerino schon jetzt, wobei man keinen Fehler macht, wenn man ein paar Flaschen davon im Keller verstaut.

Die Weine gibt es meines Wissens nur ab Hof. Das wird sich mit Sicherheit ändern: wer sich aber zurzeit in der Ecke aufhält, sollte die Gelegenheit nutzen und bei den beiden vorbeischauen.

Weingut: Alberto Carretti und Claudia Ianelli betreiben im Val Ceno, eine halbe Stunde südlich von Parma eines der spannendsten Projekte im emilianischen Weinbau. Alberto kaufte Pradarolo, eine historische Villa, 1971 und verwandelte sie 1989 in ein Weingut, das sich dem Anbau einheimischer Sorten widmet und dabei auf alte Kulturtechniken setzt (vor allem im Keller). Die sukzessive erschlossenen Weingärten liegen zwischen 250 und 500 Meter in einer Gegend, die zunehmend gebirgig, sowohl geologisch wie auch klimatisch vom Apennin geprägt ist – wobei durch verschiedene Täler und wie durch ein Kanalsystem auch fortwährend Meereswinde in die Weingärten blasen.

Insgesamt umfasst Pradarolo 60 Hektar Land, wobei nur fünf davon dem Weinbau gewidmet sind. Der Rest besteht größtenteils aus Wald, in dem, in den vergangenen Jahrhunderten viel Adel auf der Jagd nach adäquatem Abendessen unterwegs war. Die fünf kultivierten Hektar sind vor allem mit Malvasia di Candia Aromatica bestockt, einer der spannendsten weißen Sorten, wenn es um die Produktion mazerierter Weine geht. Ergänzt wird der Rebsortenspiegel von Barbera und Croatina, Klassikern der Gegend, die ein paar Kilometer weiter im Westen die Basis für den Gutturnio bilden.

Weine: Im Weingarten wird seit jeher biologisch gearbeitet, wobei vor allem versucht wird die Diversität im und über dem Boden so breit und vielfältig wie möglich zu gestalten. Handarbeit und individuelle Rebstockpflege haben oberste Priorität. Das Resultat sind perfekte Trauben für eine Batterie an Weine, die quer durch die Stile die Messlatte hoch legt. Absolut fantastisch ist der Vej Metodo classico, der Schaumwein von Pradarolo, ein Monument an Aromen, Kraft und Intensität. Die Herstellungsart ist dabei so ungewöhnlich wie wegweisend für die generellen Intentionen von Pradarolo: der Grundwein, ein reinsortiger Malvasia di Candia Aromatica wird über 60 Tage mazeriert und nach einer kurzen Reifezeit in Zement und Stahl ohne Filtration und vor allem auch ohne Schwefel in die Flasche gefüllt, wo er über weitere 24 Monate auf der Hefe reift. Danach wird er degorgiert und pas dosé verkorkt. Entkorkt schmeckt und riecht der Vej nach Rosen, Beeren und Zitrusfrüchten, ist unglaublich druckvoll, hat ordentlich Gerbstoff und Säure und ist dabei so ausgewogen wie man sich das nur wünschen kann.

Ähnlich spektakulär ist der stille Vej, der ebenfalls aus Malvasia di Candia aromatica gekeltert wird und je nach Jahrgang, zwischen drei und neun Monaten auf der Maische bleibt (der lange Maischekontakt erklärt sich übrigens daraus, dass Alberto auf die natürlichen Abwehrkräfte der Traube setzt und die Antioxidantien in der Schale entsprechend nutzen will – er verzichtet folglich auf jegliche Additiva). Das mag extrem klingen, ist es bisweilen auch; der ausgedehnten Zeit mit den Schalen folgen 16 Monate im Fass und danach bis zu 7 Jahre in der Flasche – auch das hängt vom Jahrgang ab. Der Wein ist zwar auch danach noch fordernd, doch bieten sich für alle, die sich darauf einlassen, neben den zupackenden Tanninen und der lebhaften Säure, ein Potpourri an Aromen, das an der Oberfläche balsamisch und fruchtig ist, dahinter allerdings noch Platz für zusätzliche Entdeckungen lässt.

Der Velius ist die rote Antwort auf seine orangen Versionen – 90 Tage bleiben Barbera (90, gelegentlich auch 100%) und Croatina (max. 10%) auf der Maische, ehe sie für 15 Monate in große Holzfässer wandern. Danach wird gefüllt, wobei die minimale Reifezeit in der Flasche bei sechs Monaten liegt, die tatsächliche aber eigentlich stets bei ein paar Jahren. Der Alkohol ist quer durch die Jahrgänge erstaunlich unterschiedlich (zwischen 12-14%), die Säure fordernd (weshalb sich der Velius speziell als Essensbegleiter bestens macht), die Aromen weisen in eine dunkle Richtung und werden stets von einer – über die Jahre intensiver werdenden Würze begleitet. Je nach Jahrgang kommen für gewöhnlich noch ein paar Weine dazu, die allesamt den Prinzipien der oben beschriebenen Weine folgen und durch die Bank originell, außergewöhnlich und beeindruckend sind.

In der Villa kann man übrigens wohnen und sollten die Bilder auch nur einigermaßen der Wahrheit entsprechen, sollte das recht kommod sein.

Podere Pradarolo
Via Serravalle 80
43040 VARANO DE’ MELEGARI (PR)
tel: 338 61 32 220
tel:  335 23 18 27
email: info@poderepradarolo.com
www.poderepradarolo.com

WEINE

Vej
Pradarolo Bianco
Vej Metodo Classico
Velius
Pradarolo rosso
Libens
Frinire de Cicale
Il Canto del Ciò

Die Preise der Weine liegen zwischen € 15 und € 25 (2017)

Pradarolo ist Mitglied bei Emilia sur Li und nimmt außerdem alljährlich an der Manifestation in Fornovo (Vini dei Vignaioli) teil

Jahresproduktion: ca.20000 Flaschen
Rebsorten: Malvasia di candia aromatica
Rebfläche: 5 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: ja


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