09 Okt 2015
Vittorio Grazianos phänomenale Weine
Vittorios Grazianos Lambrusco Fontana dei Boschi ist reinsortig Grasparossa, die am spätesten reifende Lambruscosorte, dunkel wie die Nacht, mit lebendigem Tannin, kräftiger schwarzer Frucht, erdigen Noten, Eisen und Blut. Dabei bleibt er doch leichtfüßig, belebend, und erfüllt vollends die Idee eines frischen Speisenbegleiters zur emilianischen Herzinfarktküche (Cotecchino, gefüllte Schweinsfüße & Co. – toll aber tödlich). Ein weiteres Meisterwerk Vittorios ist der Sassoscuro, der zu 80% aus Malbo Gentile und zu 20% aus sechs weiteren (teils unbekannten) Rebsorten besteht. Schwarz wie Kohle, mit Aromen, die sich von Kaffee bis Oliven und Lakritze ziehen, zählt er definitiv zu den großen Rotweinen der Region und eigentlich auch Italiens.
Die beiden roten Meisterwerken werden weiß und sprudelnd vom Ripa di Sopravento (Trebbiano und drei unbekannte weiße Sorten) ergänzt, leichtgewichtig und schlank und doch mit profunden Aromen. Die Säure dominiert die Struktur und vermittelt Lebendigkeit. Die stille Variante heißt Tarbianaaz, ist ein Trebbiano modenese und verbringt volle drei Wochen auf den Schalen, was ihm ordentlich Farbe und Gerbstoff, eine strenge Textur und eine primäre Schicht an Kräutern einbringt. Abgerundet wird das Sortiment durch den Smilzo, einen sprudelnden Rosè aus Grasparossa, den Vittorio selbst als simplen Nachmittagswein abtut (was prinzipiell auch kein Nachteil ist), der aber so belebend, bekömmlich, animierend und vital schmeckt, dass man ihn auch problemlos zum Frühstück und eventuell auch am Abend trinken kann.
08 Okt 2015
Denny Binis Weine
Die Weine von Denny Bini stammen aus biologisch bewirtschafteten Weingärten. Die Erstgärung bei seinen vier Schaumweinen setzt spontan ein und da die Zweitgärung nicht degorgiert wird, finden sich naturgemäß ein paar Trubstoffe. Der totale Sulfitgehalt liegt generell bei ca. 30mg/l, der Alkoholgehalt der Schaumweine liegt selten über 12%.
Der Levante 90 (Malvasia) ist knackig, lebendig, aromatisch und so frisch und druckvoll, dass man endlich glaubt die Alternative zum Nachmittagsbierchen gefunden zu haben. Der Rosato (Rosa dei Venti – Malbo Gentile/ Grasparossa) – wie schon der von Luciano Saetti – ist geschmeidig und saftig und die Alternative zum zweiten Krügel. Danach wird es profunder: der Grasparossa (Ponente 270) kombiniert sich bestens mit einer Zigarre und selbst wenn die fehlt, hat man ein wenig Tabak in Nase und Mund, der Fuso 21 (die Lambruscosorten) ist weich, dicht und rund, der stille Malbo (Maestrale 315) dagegen erdig, ledrig, substantiell, würzig und dicht. Alles total beeindruckend.
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Maestrale 315: Malbo Gentile ist eine der großen Unbekannten in der roten Ampelographie Italiens. Sie wächst einzig zwischen Modena und Reggio Emilia und ergibt Weine, die besser in den Winter als in den Sommer passen.
Dennys Version stammt von kalkdurchsetzten Tonböden, die nach 40 Zentimeter von einer steinigen Schicht abgelöst werden. Die Rebstöcke wurden 2003 gepflanzt und tragen knapp 7000 Kilo am Hektar – das mag viel erscheinen, ist jedoch für die fruchtbaren Verhältnisse der Lambuscoregion am untersten Ende. Vergoren wird spontan, die Mazeration beträgt ca. 3 Wochen, wobei diesbezüglich der Jahrgang sein Wort mitzureden hat. Ausgebaut wird in gebrauchten Barriques, es wird weder gefiltert noch geschönt, geschwefelt wird vor der Füllung (Gesamt ca. 30mg/l). All das ergibt einen Wein, der dunkel wie Teer, Lakritze und Zwetschken ist und auch ein wenig so schmeckt. Da die Malbo Schale dick wie Baumrinde hat, legt sich ganz ordentlich Gerbstoff auf den Gaumen, zu dem sich aber auch noch kräftige Würze, saftige Frucht und ledrige Noten gesellen. In guten Jahren entwickelt er sich locker über 8-10 Jahre.
04 Okt 2015
Eugenio Bocchino, Nebbiolo d’Alba La Perucca
Dichtung: Intensiv, kraftvoll und erdig. Kein Wein für einen Kindergeburtstag. Dass man die Flasche theoretisch trotzdem locker alleine packen würde, liegt daran, dass Tannin und Säure brillant puffern. Der Nebbiolo riecht schon strukturiert, ein paar Beeren, ein paar mediterranen Kräutern wechseln mit dunkler Noten ab (Erde, Moos). Die Kühle des Jahrgangs belebt zusätzlich, erdige Aromen tragen ihn über den Gaumen. Lang und wie jeder gute Barolo, der erst 6 Jahre am Buckel hat, jung.
Wahrheit: Am liebsten hätte ich jeden Tag ein paar Gläser Nebbiolo. Oder Flaschen. Ist nicht: zum Trost gibt es immerhin gelegentlich ein Glas von Eugenio Bocchinos Nebbiolo La Perucca – den kann man definitiv zu den fünf besten Nebbioli zwischen den ZONEN zählen. Die Zonen? Barolo und Barbaresco. Von Eugenio Bocchinos Weingarten La Perucca kann man, ist man gut in Form, einen Stein nach Barbaresco rüberwerfen. Hilft alles nichts. La Perucca schmeckt zwar wie Barbaresco (und viel besser als viele, die ich von dort kenne) ist aber bloß ein Nebbiolo d’Alba. Tut prinzipiell nichts zur Sache, kostet halt nur die Hälfte und da einer der Gründe, warum es Barolo nicht auf Tagesbasis gibt der Kostenfaktor ist, sei der Preis (€ 24 bei vinonudo.at) eben mal erwähnt. La Perucca basiert vor allem auf Lehm, Kalk und Sand, die Pflanzdichte liegt bei 5000 Stöcken pro Hektar bei einem durchschnittlichen Ertrag von 1kg/Stock. Gepflanzt wurde der Weingarten 1995 auf 280 Meter Höhe, seit einigen Jahren wird er konsequent biodynamisch bearbeitet, wobei auch die alljährlichen Kupfermengen kontinuierlich abnehmen. Der Ausbau befindet sich in einer Umstellungsphase. 2008, der Jahrgang, mit dem ich mir meine Abende vertreibe, lag noch in gebrauchten Barriques, seit 2010 landet der Wein in großen slawonischen Eichenfässern. Vinifiziert wird quasi interventionsfrei.