Wenig bekannt, gehören die Marken zu den spannendsten Weinregionen Italiens – schon deswegen, weil man hier auf relativ wenig Fläche große Weißweine und exzellente Rotweine findet. Letzteres ist in Italien fast zur Selbstverständlichkeit geworden, ersteres ist dagegen weiterhin eine Seltenheit.
Die Marken beginnen kurz vor Pesaro und ziehen sich, eingeklemmt zwischen Apennin und Adria, über knapp 200 Kilometer bis nach Ascoli Piceno. Dazwischen fließen in fast regelmäßigen Abständen kleine Flüsse in Richtung Meer, an deren Hängen konsequent und oft unter idealen Voraussetzungen Wein angebaut wird. Richtig spannend wird es erstmals um Jesi und Cupramontana, wo in einer dahinrollenden Hügellandschaft im Landesinneren der Marken Verdicchio den Ton angibt.
Verdicchio ist das vielleicht beste Rebsorte, die Italien in Sachen weiß zu bieten hat. Sie liefert, vorausgesetzt man geht sorgsam mit ihr um, Weine mit Struktur, Fülle, Lebendigkeit und einem komplexen Aromaprofil, dass generell mit Blütennoten und filigraner Frucht punktet, es gleichzeitig aber auch schafft, den „genius loci“ im Wein widerzuspiegeln. Steine kann man also gelegentlich genauso dazu addieren wie Kräuter oder Zitrusaromen. Verdicchio schafft es sogar einigermaßen unbeschadet mit neuem Holz umzugehen, wobei die besten Ergebnisse für gewöhnlich in großen Fässern entstehen. Eine zweite Verdicchio-Bastion findet sich rund um Matelica (beide Regionen haben DOCG-Status, wobei die besten Versionen wie so oft IGTs sind), wobei aufgrund der mikroklimatischen Voraussetzungen die Weine Matelicas sowohl eine höhere Säure wie auch eine höhere Alkoholgradation aufweisen, kurz die profunde Alternative zur Eleganz von Jesi bilden.
Zwischen den beiden Verdicchio-Zonen und mit Blick auf die Adria (die südlich von Ancona erstmals richtig schön wird) liegt der Monte Cònero, ein eindrucksvoller Felsklotz auf dem sich vor allem Montepulciano (im Verbund mit Sangiovese) wohl fühlt. Das Meer gibt hier klimatisch den Ton an, es ist wärmer als im Landesinneren, der Wind aus dem Norden bleibt meist am Bergrücken hängen und die Exposition der Rebflächen tendiert gnadenlos in Richtung Süden. Das Resultat sind opulente Weine, denen es relativ oft an der nötigen Balance mangelt (wobei ich bester Dinge bin, dass sich auch hier in nächster Zeit einiges ändern wird).
Weiter im Südwesten, dort wo es langsam aber stetig und immer steiler den Apennin hinaufgeht, findet sich eine jener Rebsorten-Enklaven, auf die man in Italien immer wieder stößt – in dem Fall dreht es sich um Vernaccia Nera, einer roten Sorte, die rund um das Dorf Serrapetrona konsequent kultiviert wird und aus der man tiefdunkle, gewichtige von Blüten und Beeren geprägte SCHAUM-Weine keltert. Erstaunlich ist dabei nicht nur, dass man bei der Vinifikation auf sprudelnde Weine setzt, ebenso überraschend ist die Tatsache, dass 40% der Beeren luftgetrocknet sein müssen. In der Zwischenzeit keltert man – vermutlich aus ökonomischen Gründen – auch stille Versionen, die ebenfalls strukturiert und fruchtintensiv und insgesamt ziemlich beeindruckend sind.
Der südliche Teil der Marken ist das Hoheitsgebiet des Pecorino. Der stand zwar immer im Schatten des Verdicchio, in den letzten Jahren hat man in der Gegend um Offida jedoch zunehmend versucht, sein ganzes Potenzial auszuloten. Entscheidend ist es durch eine entsprechende Reduzierung der Erträge, den richtigen Biotypus, geeignete Expositionen und eine späte Lese die teils extrem hohen (Apfel-)Säurewerte in den Griff zu bekommen. Pecorino hat generell relativ intensive Kräuternoten, die oft an Birnen und Apfelaromen gekoppelt sind. Der Körper ist für gewöhnlich schlank, die Alkoholgradationen sind dafür jedoch oft erstaunlich hoch.
Ganz unten im Süden, an der Grenze zu den Abruzzen – liegt mit dem Piceno eine Region, deren Wein – nicht ganz zu Unrecht – über Jahrzehnte hinweg belächelt wurde. Man setzte auf Menge und das geht auch unter besten Voraussetzungen meist auf Kosten des Geschmacks. In den letzten 15 Jahren hat sich jedoch unter der Ägide von Marco Casolanetti vom Weingut Oasi degli Angeli (die rote Nr.1 in den Marken und eines der besten Weingüter Italiens) eine Gruppe an Winzern darangemacht, den Spieß umzudrehen und ausdrucksstarke Weine in geringer Auflage zu keltern. Man räumt Experimenten Platz ein, arbeitet biologisch oder konvertiert gerade und setzt mit immer größerem Erfolg auf die Expressivität von Montepulciano, Sangiovese und Pecorino.
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