Mamoiada ist ganz tief mit dem Namen Sedilesu verbunden. Ohne Giuseppe und Grazia, die mittlerweile fast so alt sind wie die ältesten Rebstöcke des kleinen Dorfes, wäre Mamoiada vermutlich noch immer ein gottverlassener Ort, ein wenig südlich der Provinzhauptstadt Nuoro. Doch als die beiden im Jahr 2000 anfingen, ihren Wein als erste des Dorfes in Flaschen zu füllen und auch noch erfolgreich zu verkaufen, lösten sie eine zwar langsame aber doch stetige Revolution aus, die Mamoiada heute zum Hotspot sardischer Weinkultur macht. 2001 begann auch Giampietro Puggione mit der Flaschenfüllung, 2004 Giovanni Montisci. 2015 waren es insgesamt sechs Winzer, 2020 – nach der Gründung der lokalen Winzerorganisation Mamoja – stolze 22.
Federführend in der Etablierung des Namen Sedilesu und damit auch Mamoiadas waren dann vor allem Salvatore und Francesco Sedilesu, die Söhne von Giuseppe und Rosalia, die im Weingarten an den Traditionen der Gegend festhielten, sie jedoch in offizielle Bahnen lenkte. Die 22 Hektar Weingärten – mit Abstand die meisten in Mamoiada – sind heute offiziell biozertifiziert, gearbeitet wurde allerdings von keinem Winzer des Ortes je anders: das ist nicht zwingend auf ein ausgeprägteres ethisches Bewusstsein als in anderen Regionen der Welt zurückzuführen, sondern ganz einfach auf die Tatsache, dass Pflanzenschutz aufgrund der extrem trockenen und windigen Bedingungen kaum notwendig ist.
Die Weingärten der Sedilesus liegen zwischen 600 und 850 Meter Seehöhe und sind zum größten Teil mit Cannonau bestockt. Cannonau ist das sardische Synonym für Grenache oder Garnacha und ein Relikt der Spanier, die vom früher 14. Jahrhundert hinweg Sardinien beherrschten. Seit damals dürfte sich die Sorte auch auf der Insel befinden, genug Zeit also, um sich quer durch das Land auszubreiten. In Mamoaida und speziell auch in den Weingärten der Sedilesus zeigt sie ihr ganzes Potenzial. Daneben kultiviert die Familie aber auch noch Granazza, eine autochthone weiße Sorte, die einzig und allein in der Barbagia, dem zentralen Hochland Sardiniens vorkommt. Früher versuchte man damit den Cannonau zu zähmen, heute wird sie jedoch immer öfter reinsortig und im Fall der Sedilesus auch mit längeren Schalenkontakt ausgebaut.
Im Keller des Weinguts, das sich mitten im Zentrum Mamoiadas befindet, ist in den letzten zwei Jahrzehnten einiges passiert. Was nicht bedeutet, dass die Sedilesus die ihnen zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten komplett ausnutzen. Im Gegenteil. Man genießt zwar den Umstand ausreichend Platz zu haben, vinifiziert jedoch großteils so wie es auch schon Giuseppe gemacht hat. Die Gärung startet spontan und ohne Temperaturkontrolle oder sonstige Interventionen. Je nach Weintyp gibt es unterschiedlich lange Maischestand- und Ausbauzeiten. Gereift wird größtenteils in Holz. Geschönt und gefiltert wird grundsätzlich nicht.
Die wichtigsten Weine
Granazza: Das weiße Aushängeschild der Gegend. Profitiert wie auch der Cannonau von den klimatischen Bedingungen. Ergo: tagsüber viel Sonne, kalte Nächte, viel Wind. Über 10 Monate in Zement ausgebaut. Blütenaromen, weiße Fruchtaromen, Kräuter. Nicht zu viel aber doch ausreichend Säure.
Granazza sulle bucce (Granazza auf den Schalen): Definitiv die spannendere Variante. Vital und druckvoll. Erdig. Tiefe, reife gelbe Frucht. Intensive Blütennoten. Macht Dampf in Richtung Gaumen. Wirkt am Ende warm und doch belebend.
Perda Pintà: 100% Garnazza. Nach einer Großlage in Mamoiada benannt. Im Barrique vergoren und ausgebaut. Meist recht kompromisslos im Alkohol (2018 hatte ich eine Version – ich glaube 2014 – mit 17,3% Alk.). Für klassische Rieslingtrinker gewöhnungsbedürftig. Kräuter & Balsamnoten. Kaum Frucht. Mediterran in jeglicher Hinsicht.
Mamuthone: 100% Cannonau. Der Klassiker des Hauses.
Ballu Tundu: Damit fing im Hause Sedilesu alles an. Cannonau von 100-Jahre alten Reben. Wochenlang auf den Schalen und zwei Jahre im Fass. Opulent, dicht und warm. Unter sardischer Sonne gewachsen. Ein Wein, der zeigt, wo er herkommt. Reife, rote Frucht, süße Gewürznoten. Kraftvoll, konzentriert und ausgewogen.
Sedilesu: 100% Cannonau. Wie schon beim Ballu Tundu Trauben von sehr, sehr alten Reben. Über zwei Jahre im Holz ausgebaut. Üppig und mächtig. Dank präsenter Säure und bündelndem Tannin allerdings auch im Gleichgewicht. Kraftvoll und ausdrucksstark. Konzentrierte Frucht, mediterrane Kräuter, tiefe Würze. Lang.
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