Raìna

Raìna, soviel sei schon einmal vorausgeschickt, gehört zu den besten Weingütern Umbriens und Zentralitaliens – und zwar nicht nur in einem, ausschließlich auf den Wein bezogenen, qualitativen Sinne, sondern in seiner gesamten Herangehensweise und Konzeption. 

Es geht auf die Kappe von Francesco Mariani, ein diplomierter Philosoph, der jahrelang als Koch in italienischen Top-Restaurants arbeitete, ehe er zum Weinbauern mutierte. Er erwarb das 10 Hektar Weingärten umfassende Weingut in Turri di Montefalco 2001 und gab ihm den Spitznamen des einstigen Besitzers – nicht die einzige Referenz an die Vergangenheit. Von 2002 bis 2008 bepflanzte er mehrere Lagen vornehmlich mit den Rebsorten der Gegend: allen voran Sagrantino, Sangiovese und Montepulciano aber auch Trebbiano Spoletino und Grechetto. Ergänzt wurde das regionale Quintett von den zwei internationalen Klassikern Merlot und Syrah.

Die Weingärten befinden sich zwischen 220 und 300 Metern Höhe, exponieren sich fast durchwegs in die Morgensonne und haben als Untergrund Kalk und Kiesel. Die Bewirtschaftung ist seit jeher zertifiziert biologisch. Seit 2012 setzt Francesco auch biodynamische Prinzipien in seinen Weingärten um, ein Schritt, der – meines Wissens – bisher nicht offiziell vollzogen wurde. Wie auch immer: Er verzichtet auf chemische Pflanzenschutzmittel, verwendet zur Stärkung der Reben Infusionen und Pflanzenpräparate und borgt sich zur Unkrautbeseitigung die Schafe des Nachbarn aus. Die Energie für den Betrieb stammt aus Solarzellen, das Wasser aus einem eigenen Brunnen.

Im Keller wird gleichfalls komplett auf Chemie verzichtet, mit der Ausnahme einer mikroskopischen Menge SO2 vor der Füllung. Die Gärung startet spontan, auf unnötige Interventionen (Verwendung von Enzymen, Mannoproteinen, Schönungsmittel etc.) wird verzichtet. Ausgebaut wird je nach Weintyp in Stahl, Zement oder Holz.

Francescos Weine sind durch die Bank ausgewogen, animierend, profund, lebendig und  gehaltvoll – bei ihm in Umbrien vorbeizuschauen, lohnt sich also allemal. Wer in größeren Gruppen unterwegs ist, kann – nach Voranmeldung und sofern es seine Zeit erlaubt – auch bei ihm essen.


Francesco Mariani
Adresse: Turri case sparse, 42
Telefon: +39 347 6014856
E-mail: info@vini-raina.it
Webseite: www.raina.it

Weine – eine Auswahl

Grechetto: Grechetto ist eine der langweiligsten Rebsorten, die ich kenne. Umso erfreulicher, dass Francesco es schafft, ihr erstaunlich spannende Seiten abzugewinnen. Nach zweitägigem Schalenkontakt, einem halben Jahr im Stahltank und einigen weiteren Monaten in der Flasche ist der Wein saftig, dicht, dynamisch, fruchtbetont und leicht kräuterig. (ca. € 11)

Trebbiano Spoletino: Ein anderes Kaliber. Einer achttägigen Zeit auf der Maische folgt ein halbjähriger Ausbau in Zement. Hat Druck und Zug, Eleganz und Finesse, herbstliche Aromen, Körper und Ausgewogenheit. Wirkt kühl und einladend und hat doch Tiefe und Substanz. Toller Wein. (ca. € 15)

Montefalco rosso: 70% Sangiovese und jeweils 15% Merlot und Sagrantino. Wird über zwei Jahre im großen Holz und danach noch weitere sechs Monate im Stahltank und in der Flasche gereift. Floral, dunkelfruchtig, erdig. Hat ein feingewobenes Gerbstoffgerüst und einen spürbaren Säurekern. Braucht für gewöhnlich etwas Luft und Zeit.  (ca. € 15)

Rosso della Gobba: 70% Sangiovese, 15% Montepulciano, 15% Sagrantino. 18 monatiger Ausbau im Stahltank. Feine Kräuternoten, dunkle Kirschen, süße Gewürze. Straff, dicht, unkompliziert. Toller Wein für alle Tage (ca. € 12)

Sagrantino di Montefalco: 100% Sagrantino. Ausbau über vier Jahre in Holz, Stahl und in der Flasche. Kompromisslos Sagrantino, ergo: Hat Power, Körper, Tannine und Alkohol und versteckt sie auch nicht. Hat aber auch Säure, Energie und saftige Aromen, die dem Wein Struktur und Trinkfluss geben. Übersteht problemlos zehn Jahre Kellerreife und profitiert vermutlich noch davon. Exzellent. (ca. € 26)

Vermouth: Ein paar hundert Liter Sagrantino und Peschiera di Pacina (ein Weißwein, den ich nicht kenne) zweigt Francesco ab und versetzt sie mit Kräutern (Lakritze, Zimt, Chinarinde, Rhabarber, Enzian und Zitrusfrüchte) und etwas Rohrzucker. Das ergibt dann einen Vermouth mit unzähligen ineinandergreifenden und bestens miteinander korrespondierenden Aromen, ordentlich Gerbstoff und lebendigem Säureprofil, einer konzentrierten Textur und immens langem Finale. Ein Meisterwerk.  (ca. € 30)


Rebsorten: Trebbiano Spoletino, Grechetto, Sagrantino, Sangiovese, Montepulciano, Merlot, Syrah
Rebfläche: 10 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Essmöglichkeit: ja, nach Voranmeldung


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine, decanto.it

AT/DE/CH: vinonudo.at

Mani di Luna

Mani di Luna steht in vielerlei Hinsicht für den langsam einsetzenden aber doch spürbar positiven Umbruch im umbrischen Weinbau.

Betrieben wird das Weingut von Rocco Trauzzola und zwei Mitstreitern, Simone Lazzarin und Alessandro de Filippis, die auf altem Lungarotti-Territorium (die das genaue Gegenteil von Mani di Luna symbolisieren) acht Hektar Weingärten bewirtschaften und ihre Trauben zu Weinen verarbeiten, die man als diametrale Gegenentwürfe zum klassischen umbrischen Weinstil verstehen kann: statt üppig-aufgeblasene, überextrahierte und alkoholschwangere Rotweine und völlig belanglose, banale und neutrale Weißweine (wenig ist bedrückender als die triste Langeweile nahezu aller Weine aus Orvieto) bringen sie quicklebendige und dynamische Rot- und Weißweine in die Flasche, die mit Energie, Trinkfluss und immer öfter auch Tiefgang überzeugen – keine Weine, die einen die Renaissance des umbrischen Weinbaus proklamieren lassen (dafür sind eher die Weine von Raìna geeignet) aber doch solche, die richtig Spaß machen und mit denen man sich gerne nicht nur einmal beschäftigt.

Wurzeln tun die Reben in Torgiano, unweit von Perugia. Die Weingartenarbeit ist seit 2012 offiziell biologisch und wird durch biodynamische Präparate und Tees ergänzt. Mittels einer extrem niedrig gehaltenen Spaliererziehung versuchen die drei die Wüchsigkeit ihrer Reben zu zügeln. Zwischen Sangiovese, Malvasia, Procanico und Grechetto finden sich Kirsch- und Olivenbäume und brechen die Monotonie der Monokultur.

Gelesen wird behutsam per Hand in 18 Kilo fassende Kisten. Die Vinifikation ist im besten Sinne des Wortes handwerklich und folgt dem Regelwerk von vinnatur, was in wenigen Worten bedeutet, dass auf Zusatzstoffe jeglicher Art mit Ausnahme von ein wenig SO2 verzichtet wird.


Rocco Trauzzola, Simone Lazzarin, Alessandro de Filippis
Adresse: Via Roma 50, Torgiano
Telefon: +39 333 7579956 oder 39 333 7286363
E-mail: info@fattoriamanidiluna.com
Webseite: www.fattoriamanidiluna.com

Weine – eine Auswahl

Osè Rosè: Ein rosato, der ziemlich paritätisch aus Sagrantino und Sangiovese besteht und teils im Stahl, teils in Holz ausgebaut wurde. Er erinnert ein wenig an den Rosso Leggero von Martin Goyer, der nicht mehr ganz Rosé aber auch noch nicht ganz Rotwein ist. Folglich also ein Wein, den man an heißen Tagen bestens wegtrinken kann, der aber dennoch Struktur und Tannine hat.

Il Baratto: Weißwein aus Procanico, Malvasia, Grechetto und ein klein wenig Riesling. Baratto ist eine steile, auf sandigem Boden basierende Einzellage, die seit jeher weißen Trauben vorbehalten ist. Hat eine stoffige Textur, einen weichen Körper und florale und kräuterige Aromen. 

Checharello: Einem alten Freund mit junger Seele gewidmet, einem Geschichtenerzähler par excellence und ewigem Ratgeber. Der Versuch der drei aus viel Sangiovese und ein wenig Barbera einen klassischen vino contadino (einen Landwein) zu keltern. Mit ein paar Ecken und Kanten aber auch mit Trinkfluss, Frucht und Vitalität.

La Cupa: Das Opus Magnum der drei. Sangiovese in purezza. Über lange Monate und Jahre, in Zement, Holz, wieder Zement und danach in der Flasche ausgebaut und gereift. Intensiv, energetisch, vital und vielschichtig. Hat Kraft, die auf Muskeln basiert. Sehr gut.


Rebsorten: Sangiovese, Sagrantino, Malvasia, Procanico, Grechetto
Rebfläche: 8 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto.it, callmewine

AT/DE/CH: –


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