Aglianico

Wie so oft, wenn es um italienische Rebsorten geht, ist alles ganz anders als man denkt. Selbst ohne Studium der Altphilologie oder Linguistik liegt es nahe, die Herkunft von Aglianico in Griechenland zu verorten. Noch dazu, wo die Rebsorte nahezu ausschließlich in der Basilicata und in Kampanien zu finden ist, einstigen Hotspots der griechischen Besiedlung Italiens. Allerdings finden sich diesbezüglich tatsächlich recht wenig Belege und auch die Linguisten meinen, dass die laienhafte Ableitung von Elleniko zu Aglianico keine wirkliche Grundlage hat.

Es scheint vielmehr wahrscheinlicher, dass die große rote Rebsorte Süditaliens via Spanien in Kampanien eingetroffen ist. Erste Dokumente über die Rebsorte stammen erst aus dem frühen 16. Jahrhundert, einer Zeit als die spanischen Bourbonen bereits ihre lange Herrschaft über die Gegend angetreten hatten. Doch letzten Endes bewegt man sich auch diesbezüglich auf unsicherem Terrain, sodass der tatsächliche Ursprung der Sorte diffus bleibt.

Fester wird der Boden, wenn man behauptet, dass Aglianico zu den allerbesten roten Rebsorten Süditaliens gehört. Manche gehen soweit sie ganz oben auf dem Podest zu platzieren. Ian d’Agata, Autor von „Native Wine Grapes“, dem Standardwerk über italienische Rebsorten, geht noch einen Schritt weiter und stellt Aglianico auf dieselbe Stufe wie Nebbiolo und Sangiovese („It’s one of the world’s dozen or so best wine grapes.“)

Heute wird Aglianico in ganz Süditalien angebaut, wobei es mit Taurasi, Taburnio (beide Kampanien) und Vulture (Basilicata) drei große Zentren dafür gibt. Alle drei basieren auf vulkanischem Terrain, dem unbestritten besten Untergrund für Aglianico (wobei im kampanischen Cilento auch einige exzellente Version auf kalkdominierten Böden wachsen). Aglianico hat generell kleine Beeren mit dicken Schalen, die wenig fäulnisanfällig sind und eine lange Vegetationsperiode ermöglichen. Er wird selten vor Mitte Oktober gelesen, in manchen höhergelegenen oder nordwärts ausgerichteten Weingärten kann es auch später November werden. Ziemlich widerstandsfähig gegen herbstliche Wetterkapriolen und die meisten Pilzkrankheiten, machen ihm eher zu hohe Temperaturen zu schaffen – weshalb er nicht selten in erstaunlich hoch gelegenen Weingärten zu finden ist.

Anders als Nebbiolo oder Sangiovese ist Aglianico nur selten ein Wein, der von seinem Terroir erzählt, sondern selbst gerne im Mittelpunkt steht. Aglianico ergibt fast immer üppig-kräftige Weine, die von tiefer Frucht dominiert, oft einen erdig-steinigen Unterton haben und immer wieder auch von floralen Noten begleitet werden. Er hat viel Gerbstoff und noch mehr Säure, was ihn – sofern die Winzer es darauf anlegen – für eine lange Reifezeit prädestiniert. Im Optimalfall gehört Aglianico tatsächlich zu den besten Rebsorten des Südens. Der tritt allerdings seltener als erhofft ein. Viel zu oft hat man es leider mit zwar potenten aber dann eben doch nur erschlagenden und wenig nuancierten Weinen zu tun.

Eine Auswahl

Kampanien

La Cantina di Enza: Aglianico Passione
Luigi Tecce: Satyricon
Cantina Giardino: Nude
Cantina Giardino: Drogone
Casa Brecceto: Pitatza Aglianico
Contrada di Taurasi: Taurasi
Michele Perillo: Taurasi
Primalaterra: Primalaterra
Masseria Starnali: Conte di Galluccio
I Cacciagalli: Phos

Basilicata

Musto Carmelitano: Serra del Prete
Musto Carmelitano: Pian del Moro
Camerlengo: Camerlengo
Camerlengo: Antelio
Aglianico del Vulture „Grifalco“ Grifalco della Lucania

Apulien

L’Archetipo: Aglianico

Cantina Giardino

Die Cantina Giardino ist eines der legendären Projekte der italienischen Naturweinwelt. Offiziell ins Leben gerufen wurde sie 2003, doch startete Antonio di Gruttola, der einzige Önologe im 10-köpfigen Team bereits fünf Jahre früher mit ersten experimentellen Vinifizierungen, bei denen er auf jede Art von Zusatzstoffen verzichtete. Er folgte 1998 naturgemäß keiner Mode, sondern wies damals selbst den Weg.

Die Ausgangsidee für die Gründung der Cantina Giardino war allerdings nicht die, die ersten Naturweine Kampaniens in die Flasche zu bringen, sondern die ampelographische Vielfalt und Biodiversität in den Weingärten der Irpinia (der berühmtesten Weinbauregion Kampaniens) zu bewahren. Mitte der 1990er Jahre war das leichter gesagt als getan. Man befand sich damals in den Boomjahren internationaler Rebsorten. Allerorten wurden Cabernet & Co. ausgepflanzt. Die Arbeit an austauschbaren Klonselektionen wurde vorangetrieben. Selbst in den hintersten Winkeln Italiens predigten Vertreter der „schönen neuen Weinwelt“ deren Vorzüge und prophezeiten denjenigen den Untergang, die dieses Spiel nicht mitmachen wollten.

Antonio und seine Freunde spielten nicht mit. Im Gegenteil. Sie starteten mit ihrem Projekt, alte Weingärten vornehmlich alter Winzer ausfindig zu machen und ihnen ihre Trauben abzukaufen. Dafür reisten sie quer durch die Gegend und wurden immer wieder fündig. Sie stießen auf Weingärten mit alten Fiano- oder Coda di Volpe-Reben, auf Parzellen mit Piedirosso, Greco und vor allem Aglianico, der Königin unter den süditalienischen Rebsorten.

Diesem sozial-kulturellen Ansatz ließen sie einen ökologischen folgen. Sie bewirtschafteten ihre eigenen Rebflächen biologisch und überzeugten die Weinbauern, von denen sie Trauben bezogen, es ihnen gleichzutun. So entstand sukzessive eine immer intensivere und gleichzeitig sensiblere Beziehung zu ihrem Territorium, ihren Winzern und ihren Reben. Anfangs extrem kritisch beäugt, kapierten über die Jahre immer mehr Menschen die damit verbundenen positiven Konsequenzen: die Aufwertung autochthoner Rebsorten und Kulturtechniken und die Bewahrung ökologischer Inseln dank einer durchdachten und nachhaltigen Landwirtschaft.

Das Rebmaterial vinifizierten sie in der Folge wie bereits oben kurz erwähnt und bauten es in Hölzern der Umgebung aus. In den letzten Jahren kamen auch mehrere Amphoren hinzu, die aus eigenem Ton von einem befreundeten Töpfer hergestellt werden. Das Resultat sind heterogene und oft brillante Weine, die viel von ihrer Region aber auch von ihren Schöpfern erzählen.


Antonio/Daniela di Gruttola
Adresse: Via Petrara 21b, Ariano Irpinia
Telefon: +39 0825 873084
E-mail: info@cantinagiardino.com
Webseite: www.cantinagiardino.com

 

Weine – eine Auswahl

Coda di Volpe rosa: Ein ganz großer Rosato aus Coda di Volpo rosso, einer raren Rebsorte mit dicker Schale und ausgeprägter Aromatik. Wird über zwei Tage mazeriert und danach für ein Jahr im Kastanienholz ausgebaut. Dichter, stoffiger und aromatischer als nahezu alle anderen Rosati, die ich kenne. Hat Zug und Druck, Körper und Vitalität, Energie und Trinkfluss. Exzellent. (€ 23)

Paski: Coda di Volpe gibt es auch in weiß, tatsächlich ist er in weiß wesentlich bekannter. Wächst auf 450 Metern Höhe in Kalk, die Reben sind 60 Jahre alt. 30% der Charge werden kurz im Kastanienfass ausgebaut und danach mit den restlichen Trauben für ein weiteres im Stahltank vereint. Spielerisch, unbeschwert, feingliedrig, dank einer kurzen Mazeration auch griffig, und strukturiert, mit Blüten- und Steinobstnoten. (€ 22)

Le Fole: Aglianico aus Montemarano, auch Heimat der Cantina di Enza. Wird über in gut 40 Tage mazeriert und in Holz und Stahl ausgebaut. Dunkel. Frisch, saftig, strukturiert. Hat Kraft und energie. Bleibt auch am Gaumen dunkel und intensiv. (€ 18)

Drogone: Abermals Aglianico, allerdings von älteren Reben und einem sich über drei Jahre hinziehenden Ausbau. Riecht nach mediterranen Kräutern und reifen Beeren. Macht Druck. Hat Substanz, spürbar präsente Tannine und einen nachhaltigen Abgang.   

Nude: Aglianico zum Dritten. Das rote Opus Magnum der Cantina Giardino. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der wein noch produziert wird. Das Sortiment fluktuiert fortwährend. Jedenfalls gibt es noch diverse ältere Jahrgänge auf dem Markt. Der jüngste scheint 2011 zu sein. Im Nude wird Aglianico komplett ausgereizt. Die Lese ist spät, der Kontakt mit den Schalen lang, der Ausbau zieht sich über Jahre, der Alkohol ist hoch und die Aromen intensiv und eindrücklich. In der Mitte des Gaumens befindet sich ein profunder Säurekern, der dem Wein Struktur gibt. Alles hier ist kraftvoll und mächtig und doch dynamisch und voller Spannung. Kein Wein für alle Tage. Gelegentlich macht sowas aber schon Spaß.


Rebsorten: Coda di Volpe bianco und rosso, Fiano, Greco, Aglianico, Piedirosso
Rebfläche: 7 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto, callmewine, wineyou

AT/DE/CH: –

 

Primalaterra

Primalaterra – zuerst das Land – heißt das Weingut von Salvatore Magnoni. Entstanden ist der Name nicht, wie man annehmen könnte, aus der Bedeutung, die das Land und alles was dazugehört für ihn hat, sondern als Antwort auf eine Frage.

Die stellte sich, als Salvatore nach Jahren als DJ und Plattenverkäufer sich ins Cilento, genauer nach Rutino zurückzog und dort einen restaurierungswürdigen Hof mit 35 Hektar verwilderter Oliven- und Weingärten übernahm. Er machte sich Gedanken darüber, womit er eigentlich anfangen sollte und entschied sich letztlich dafür, prima la terra, zuerst das Land, wieder instandzusetzen.

Das steigt im Cilento erst sachte und dann rapide vom Meer bis auf 2000 Meter an. Salvatores Weingärten befinden sich ca. auf 300 Metern, ohne dabei je allzu steil zu werden. Bepflanzt sind sie mit Aglianico, Kampaniens wichtigster Sorte, von der einige meinen, dass sie neben Nebbiolo Italiens beste rote Rebsorte sei. Anders als im Rest der Region basieren Stefanos Weingärten nicht auf vulkanischem Untergrund, sondern einem Ton-Kalk-Gemisch, was für die notorisch opulente Sorte alles andere als ein Nachteil ist, macht es sie doch ein wenig straffer und geradliniger – wobei sich auch Stefanos Interpretationen mit ihren 14-15% Alkohol für keinen Kindergeburtstag eignen.

Nachdem er mit dem Land fertig war, hat sich Stefano dem Hof gewidmet und auch diesen, mitsamt seinem alten Keller, restauriert. Darin entstehen gegenwärtig lediglich zwei Weine – beide aus Aglianico – die er in Stahltanks vergärt und danach in Holz ausbaut. Auf Zusatzstoffe verzichtet er komplett (auch auf Schwefel), allerdings filtert er die Weine grob (damit sich keine Insekten oder Schmutz im Wein wiederfinden). Primalaterra befindet sich zwar abseits der üblichen kampanischen Weinpfade, seine Weine gehören allerdings zu den besten der Region.


Salvatore Magnoni
Adresse: Via Fratelli Magnoni, 11, 84070 Rutino
Telefon: 329 8125129
E-mail: info@primalaterra.it
Webseite: www.primalaterra.it

 

Weine – eine Auswahl

Rosso del Ciglio: Aglianico von 20 Jahre alten nach Süden schauenden Reben. Über 10 Tage auf der Maische belassen und danach sanft abgepresst. In Tonneaux und gebrauchten Barriques ausgebaut. Wirkt trotz seiner 14,5% Alkohol bekömmlich und ausgewogen, mit Trinkfluss und einem spürbaren, lenkenden Säurekern. Wirft sensorisch rote Beeren, Pfeffer, Tabak und mineralische Nuancen in die Waagschale. Reift mit Sicherheit blendend. (ca. € 15)

Primalaterra: Salvatore Magnonis Flaggschiff. Wird etwas später als der Rossi del Ciglio gelesen. Bleibt für 20 Tage auf der Maische und wird danach über 22 Monate in 1000 Liter Fässern gereift. Vereint Power mit Energie und Dynamik. Hat wie auch sein kleiner Bruder einen strukturierenden Säurekern und keine allzu fordernden Tannine. Wirkt trotz seiner Wärme und den üppig, reifen Aromen fokussiert und kompakt. Fließt lang und weich über den Gaumen. Brillant. (ca. € 24)


Rebsorten: Aglianico
Rebfläche: 8 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: vinisud, si-wine

AT/DE/CH: –

 

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DAS WEINGUT

Kampanien ist Vulkanland. Mit Ausnahme der südlichen Küstenregionen wachsen die Reben quasi ausnahmslos auf Basalt, Tuff und Asche. In den Campi Flegrei genauso, wie in Ischia, am Vesuv, in Taurasi, Irpinia und Roccamonfina. Letztere bezeichnet eine Gruppe erloschener Vulkane an der Grenze zwischen Latium und Kampanien mit dem kleinen Ort Galluccio als Zentrum, der gleichzeitig eine eigene DOC ist.

Genau dort hat die 1965 gegründete Masseria Starnali ihre Weingärten. Seit jeher biologisch bewirtschaftet, ruht die Philosophie von Maria Teresia di Biasio, der Besitzerin des Weinguts, auf drei stabilen Säulen: zum einen geht es ihr darum, den vulkanischen Ursprung auch in den Weinen wahrnehmbar zu machen, zum zweiten um die adäquate Interpretation ihrer drei Rebsorten – Aglianico, Piedirosso & Falanghina und zu guter Letzt um das Thema Nachhaltigkeit. Und da Maria  Teresia eine energische und ihren Prinzipien treue Person ist, setzt sie alle drei Grundsätze auch konsequent um. 

Die Kellerarbeit ist wie auch die im Weingarten auf größtmögliche Nichtintervention und präzise Beobachtung fokussiert. Die Gärung startet spontan und läuft sowohl bei den Weißweinen wie auch den Rotweinen ohne Temperaturkontrolle ab. Es wird nicht geschönt, gelegentlich grob gefiltert und der Einsatz von SO2 reduziert sich auf eine Minimum. 

Maria Teresia keltert (mittlerweile unterstützt von ihrem Sohn Luigi) insgesamt nur drei Weine, die ich immer sehr mochte. Sie haben alle eine, vermutlich auch dem Terrain geschuldete Stoffigkeit und Weichheit und entwickeln doch zum Gaumen hin Druck und Elan. Der Aglianico ist weniger intensiv als seine wesentlich berühmteren Interpretationen aus Taurasi, was ich eher als Vorteil ansehe.

Die Weine

Maresa: 100% Falanghina, einer steinalten, wenn richtig verarbeitet richtig guten Rebsorte. Das passiert zugegebenermaßen selten. Maria Teresa verwandelt sie in einen einfachen aber lebhaften und doch auch stoffigen Wein, bei dem gelbe Fruchtaromen und delikate florale Noten den Ton angeben. 

Santo Sano: 85% Aglianico, 15% Piedirosso. Wie auch der Maresa im Stahltank ausgebaut. Der Inbegriff dessen, was man gemeinhin als ehrlichen Wein versteht, der allerdings, im Gegensatz zu diesem, so gut wie nie ehrlich ist. Kombiniert ohne Fehl und Tadel Frucht, Säure und Tannin zu einem ausgewogenen Ganzen. Der ideale vino da tavola.

Conte di Galluccio: 100% Aglianico. Das unbestrittene Meisterwerk von Maria Teresa und Luigi und dabei auch eine vergleichsweise günstige Version der besten süditalienischen Sorte (ohne die Inseln). Massiv und vibrierend. Hat die Statur eines großen Weines. Duftig, dicht und druckvoll. Mit zupackendem Gerbstoff, einem festen Körper, einer ausladenden Aromatik und ordentlich Zug über den Gaumen. 

Masseria Starnali

Via Masseria Starnali, fraz. Sipicciano
81044 Galluccio (CE).
Tel: 333 9830957.
e-mail: masseriastarnali@libero.it
www.masseriastarnali.it

Cold Facts

Jahresproduktion:
Rebsorten: Aglianico, Piedirosso, Falanghina
Rebfläche: ein paar Hektar
Manuelle Lese: ja
Dünger: ja, organisch
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein

Die Weine der Masseria Starnali gibt es meines Wissens nirgendwo im deutschsprachigen Raum. Online (aus Italien) erhält man sie bei si-wines.

 

Weingut

Valentino Dibenedetto ist kein gewöhnlicher Weinbauer. Zwar keltert auch er eine Batterie optimaler Weine, doch unterscheidet ihn das nicht allzu sehr von anderen, die das ebenfalls regelmäßig hinbekommen. 

Vielmehr ist es sein landwirtschaftlicher Ansatz, durch den er sich von anderen Winzern abhebt. Und auch sein Wille stets noch einen Schritt weiterzugehen und weiterzudenken. Schon in den 1980er Jahren begann er – damals gemeinsam mit seinem Vater Carlo – die Weingärten biologisch zu kultivieren. Nach der Lektüre von Rudolf Steiners Schriften über die Landwirtschaft stellte er auf biodynamische Bewirtschaftung um, später – nach dem Studium der Bücher Masanobu Fukuokas – sich an der Permakultur zu probieren. 

Mittlerweile betreibt er „agricoltura sinergica“ – synergetische Landwirtschaft – bei der es in wenigen und vermutlich zu simplifizierenden Worten darum geht, dass sich die Bodengesundheit einzig durch ein reziprokes Verständnis der Pflanzen miteinander einstellt. Natürlicher Humusaufbau durch fallendes Laub oder spontan wachsende Kräuter hat oberste Priorität. Die Eingriffe sind minimal. Er verzichtet auf schweres Gerät, um die Böden nicht zu verdichten und lässt die Finger von Pestiziden & Co.

Auf diese Art und Weise pflegt er gemeinsam mit Frau und Kindern in der apulischen Murgia, einer felsig-kalkigen Hochebene zwischen Bari und Taranto, erstaunliche 25 Hektar Rebfläche. In ihnen wächst eine Batterie lokaler Sorten, die sich nicht in Primitivo und Negroamaro erschöpft, sondern auch Susumaniello, Greco, Aglianico, Fiano, Verdeco, Maresco und Marchione Platz einräumt. 

Nachdem Valentino im Weingarten auf Chemikalien jeglicher Art verzichtet, lässt er naheliegenderweise auch im Keller – mit Ausnahme von ein wenig SO2 vor der Füllung – die Finger davon. 

So entsteht ein 13-teiliges Panorama meist reinsortig vinifizierter Weine (10 Stillweine, 3 Schaumweine), die in ihrer Klarheit, Präzision und Straffheit einen erstaunlich-vitalen Gegenentwurf zu den oft üppig-fetten Interpretationen liefert, die man sonst aus der Gegend kennt.

Weine

Litrotto bianco: Wie der Quotiano von La Felce und der Litrozzo von Le Coste ein Wein für die Leute der Umgebung: aus vier weißen Rebsorten (Verdeco, Falanghina, Marchione und Fiano) gekeltert, im Liter abgefüllt, günstig, ein Tischwein, einfach aber nie banal. Suggeriert Zitrusaromen, Blüten, Kräuter und gelbe Früchte.  

Litrotto rosso: Das rote Pendant. Die Basis dafür stammt aus Montepulciano, Merlot, CS, Primitivo und Susumaniello. Ungeschönt und ungefiltert. Rote Früchte, Kräuter, Unterholz, straff aber stoffig.

Fiano: Nicht aus Fiano di Avellino, dem viel berühmteren Namensbruder, sondern aus Fiano Minutolo gekeltert. Ungeschönt, ungefiltert und ohne die Beigabe von Sulfiten abgefüllt. Salzig, kräuterig. Macht ordentlich Druck am Gaumen. Ist persistent, saftig und vom Kalk geprägt. Top.

Verdeca Sette Lune: Nach sieben Monden (ein Tribut an Winnetou?), also ungefähr sieben Monaten Schalenkontakt abgepresst. Verdeca ist eine der spannendsten weißen Rebsorten des italienischen Südens, die sowohl mazeriert wie auch klassisch weiß richtig gute Weine ergibt. Floral, kräuterig, Laub, Grapefruit. Hat Grip und Säure.

Aglianico: Anders als die Versionen, die man für gewöhnlich aus Kampanien bekommt. Weniger opulent und auch niedriger im Tannin. Dafür halt auch eleganter und nicht so erschlagend. War erst zwei Jahre im Edelstahl und danach noch zwei Jahre im gebrauchten Holzfass. Brombeeren, Pfeffer, Gewürznelken, Kräuter. Fließt stoffig und mit genau der richtig Menge Säure über den Gaumen. 

Niuru Maru: 100% Negroamaro. Abbild seines Terroirs. Das ist, anders als im Salento, der eigentlichen Heimat des Negroamaro, wesentlich kühler und von Kalk geprägt. Der Niuru Maru ist folglich straff und saftig, mit lebendiger Frucht, feiner Säure und erfrischendem Trinkfluss.

Daneben gibt es auch noch einen gleichfalls erstaunlich leichtfüßigen Primitivo, eine Primitivo-Agianico Cuvèe, einen exzellenten Greco, über den die Autoren des brillanten Buches Vini da scoprire eine Laudatio geschrieben haben und die drei Spumante, die ich allerdings noch nie probiert habe.

Die Weine von L’Archetipo gibt es bei vinifero in Wien und bei callmeweine in Italien. Sie kosten zwischen 10 und 18 Euro.     

L'Archetipo

C.da Tafuri sp21, km7
Coordinate
16° 51’ 40,00’’ Est
40° 41’ 19,00’’ Nord

Castellaneta Taranto/Puglia 74011
Tel:+39 3286014607
email: info@larchetipo.it
www.larchetipo.it

Datenblatt

Rebsorten: Greco, Fiano minutolo, Verdeca, Marchione, Susumaniello, Primitivo, Negroamaro, Aglianico, Merlot, CS
Rebfläche: 25 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: nein

 

Aglianico ist vermutlich eine der großen Sorten Italiens. Sie hat Tannin und Säure, Kraft und Aromen, Vitalität und Dichte und die Fähigkeit ziemlich präzise von ihrem Ort zu erzählen. Und doch bleibt es bei einem vermutlich, da es gerade einmal eine Handvoll Weingüter gibt, die dem Potenzial der Sorte gerecht zu werden scheint. Zu oft setzt man auf pure Power, späte Lesen, viel Alkohol und viel zu viel Holz. Das ergibt dann im besten Fall konzentrierte, warme, saftige und wuchtige Weine (der Poliphemo von Luigi Tecce ist dafür ein gelungenes Beispiel), viel öfter jedoch hat man es mit plumpen, ausladenden, umharmonischen und alkoholischen Monstren zu tun, die selbst im tiefsten Winter keinen Spaß machen. Oft tut man gut daran, sich mit den Einstiegsweinen zu begnügen, da sie – meist  unfreiwillig – weniger konzentriert gelesen werden,  in alten Holzfässern oder in Zementbottichen landen und so auf eine einfache aber einladende Art von der leiseren aber lebendigeren Seite des Aglianico erzählen.

Winzerin: Elisabetta Musto Carmelitano gehört zu den wenigen Winzerinnen, die sich den leiseren Tönen der Sorte verschrieben hat. Aufgewachsen zwischen den Getreidefeldern und Rebstöcken der Großeltern, hat sie seit nunmehr gut 10 Jahren das Ruder in der Hand. Auf dem dezidiert biologischen Kurs, den sie seither steuert, wird sie von ihrem Bruder Luigi und ihrem Vater Francesco begleitet und gelegentlich greift auch noch Fortunato Sebastiano ein, ein Önologe, der ihr bei der Umstellung auf biologische Bewirtschaftung (zertifiziert seit 2011) mit Rat und Tat zur Seite stand. Vier Hektar stehen ihr insgesamt zur Verfügung, allesamt an den Ausläufern des Vulture gelegen, einem erloschenen Vulkan im Norden der Basilicata und das mit Abstand spannendste Terroir einer nicht nur vitikulturell vernachlässigten Region. Der Untergrund besteht zum größten Teil aus einer rötlichen Tonart, das Klima ist heiß und trocken und der Enthusiasmus von Elisabetta, aus diesen Voraussetzungen das Beste zu machen, ist groß und leidenschaftlich.

Weine: Insgesamt keltert die noch immer sehr junge Winzerin fünf Weine, wobei der Aglianco mit vier unterschiedlichen Interpretationen eindeutig den Ton angibt. Daneben hat sie aber auch einen Weißwein im Programm, über den man durchaus ein paar Worte verlieren kann.  Der Maschitano Bianco ist ein reinsortiger Moscato, der zwar mit Aromen nicht geizt, sie allerdings nur sukzessive und in dezenter Dosierung freisetzt. Der Körper ist saftig und dicht, die Textur griffig und lebendig. Vergoren wird, wie auch bei den Rotweinen, spontan, ausgebaut wird in Zement, gefiltert und geschönt wird nicht (dito Rotweine). Der Maschitano rosso setzt auf Frucht und Trinkfluss und ist die leichteste und einfachste der vier Aglianicoversionen. Aus einem schon völlig anderen Holz geschnitzt, ist der Serra del Prete (meiner Meinung nach der beste ihrer Weine), der unbeschwert, kompakt und druckvoll, Rauch, Pfeffer und rote Fruchtnoten geradlinig und ohne Schlenker über den Gaumen trägt. Ausgebaut wird erst ein halbes Jahr in Stahl und danach ein weiteres halbes Jahr in Zement. Der Pian del Moro stammt aus knapp 100 Jahre alten Aglianicostöcken der gleichnamigen Riede, hat Kraft und Körper, bündelt sie allerdings bestens durch ausreichend Säure und Gerbstoff. Die Textur ist stoffig, die Aromen sind intensiv und vielschichtig. Ein wenig Geduld tut gut. Ausgebaut wird teils in Zement, teils in 500 Liter fassenden Holzfässern.

Beeindruckend, weil konzentriert und mit ordentlich Fleisch auf den Knochen, aber eben trotzdem mit Trinkfluss und Fokus sind die gelegentlichen Versionen des Etichetta Bianca Aglianicos, eine Art Special Edition, die nur in besonderen Jahren gekeltert wird. Die Etichetta Bianca wird über 12 Monate in Zement ausgebaut und ungeschwefelt gefüllt, ist saftig, substantiell und strukturiert mit dichtgewobenen, dunklen Aromen.

Musto Carmelitano

Via Pietro Nenni, 23 85020 Maschito
Telefono e Fax +39 097 233312
Mobile +39 388 6069526 (Elisabetta)
Mobile +39 3285777201 (Luigi)
info@mustocarmelitano.it
www.mustocarmelitano.it

WEINE

Maschitano Bianco (€12)
Mascitano Rosso (€12)
Serra del Prete (€ 15)
Pian del Moro (€ 18)
Etichetta Bianca (€ 35)

ungefähre Preise 2017

Musto Carmelitano ist, so tragisch das auch sein mag, im deutschsprachigen Raum nicht erhältlich

LINKS

Basilicata

Musto Carmelitano ist Mitglied bei Vinnatur

Jahresproduktion: ca.20000 Flaschen
Rebsorten: Moscato, Aglianico
Rebfläche: 4 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: nein


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