Italienische Schaumweine boomen, wobei man dieses Statement auch deutlich präziser formulieren kann. Das Prosecco und seine Frizzante boomen – und zwar so sehr, dass auch die frechen Gebietsvergrößerungsdiskussionen und Pestizidskandale sanft wie ein frischer Frühlingswind an ihnen vorbeistreifen und so schnell in Vergessenheit geraten wie die meisten Prosecchi, die man je im Glas hatte. Obwohl sich die meisten Händler, Supermarktketten, Wirtsleute und Tankstellenbetreiber vor allem am potenziellen Profit orientieren und bezüglich italienischer Frizzante folglich meist exklusiv auf Prosecco setzen, ist es erfreulich, dass sich viele gebietsfremde Winzer davon nicht irritieren lassen und dem süßlichen Kommerzsprudel für das gleiche Geld oft wesentlich hochklassigere Beispiele entgegensetzen.

10 Beispiele exzellenter Proseccoalternativen

Claudio Plessi, Tarbianein (Emilia-Romagna): Ein fantastischer, barocker, mundfüllender nur sanft sprudelnder Frizzante aus Trebbiano di Spagna, der Rebsorte, die ansonsten fast ausschließlich für Aceto Balsamico verwendet wird.  (Leider nur vor Ort erhältlich)

Cirelli, Wines Of Anarchy (Abruzzen): Francesco Cirelli ist ein exzellenter Winzer, der normalerweise mit Stillweinen aus Montepulciano und Trebbiano punktet. Aus letzterer Rebsorte keltert er seit kurzem auch einen rifermentato, der rustikal und frisch nach Salz, weißen Blüten und gelben Früchten schmeckt. (wineyou.it – verschickt nach AT und DE)

Nevio Scala, Gargante (Veneto): extrem vitaler, feingliedriger und klarer Garganega-Sprudel aus den Colli Euganei vom ehemaligen italienischen Fußballnationalspielers und Trainer des BVB und AC Parma. www.vinonudo.at

Bera, Moscato d’Asti (Piemont): Der beste Moscato d’Asti, den ich kenne. So filigran, fein, und zurückhaltend, dass man die begleitende Süße nur als dezentes Detail wahrnimmt. Gianluigis Moscato ist, so unwahrscheinlich das klingen mag, ein leiser Wein, dessen florale und fruchtige Aromen sich hinter kühler Mineralität verstecken. Toll.  (Leider habe ich keine Ahnung, wo man den Wein im deutschsprachigen Raum bekommen kann)

Ca’ de Noci, Querciole (Emilia-Romagna): Animierend, geradliniger und profunder Frizzante der Brüder Masini aus den Hügeln südlich von Reggio Emilia. Aus der wenig bekannten aber für Schaumwein prädestinierten Sorte Spergola gekeltert. Elegant und pulsierend, von Grapefruit und Tonic geprägt. Ungeschwefelt. www.vinonudo.at

Camillo Donati, La mia Malvasia (Emilia Romagna): Einer der Großmeister in Sachen natürlicher Schaumweinvinifizierung. Aromatisch, intensiv duftig, filigran und persistent. Macht Spaß und hat doch genug Charakter, um sich ein paar Gedanken darüber zu machen. (Findet sich bei einigen italienischen Händlern, die für gewöhnlich auch nach AT und DE verschicken.)

Castello di Stefanago, Blanc de Blancs ancestrale (Lombardei): Eigenwillige aber exzellente Cuvée aus Chardonnay, Müller-Thurgau und Riesling. Ein rifermentato mit einer Reifezeit in der Flasche wie ein Champagner. Ungefähr wie ein solcher – lebhaft, strukturiert, mit weißen Blüten und Hefearomen – schmeckt er dann auch. www.vinonudo.at

La Marca di San Michele, Numero Zero: Exzellentes Weingut aus Cupramontana, dem Epizentrum des Verdicchio. Daraus entsteht auch der Numero Zero, ein vitaler, mineralischer und von Blüten unterlegter Extra-Brut. Top. (aus Italien verschickt die Enoteca Galli)

Cascina Boccaccio Infernot (Piemont): 100% Cortese. Rifermentato. Ohne irgendwelche Zusätze in der Flasche vinifiziert. Ungeschwefelt und ungefiltert. Ein großer Trinkspaß. Fruchtig, dynamisch und für gewöhnlich knochentrocken. 

Davide Spillare L1 (Veneto): Davides L1 riecht nach Holunderblüten und Zitrusfrüchten, ist dank eines fünfprozentigen Anteils der stark säurehaltigen Durella spritzig und lebendig und ansonsten doch von der weichen Textur der Garganega geprägt. www.vinonudo.at

MÜLLER-THURGAU 2016

HINTERGRUND

Die Freude hält sich im Allgemeinen in Grenzen, wenn man einen Müller-Thurgau vorgesetzt bekommt. Die Sorte birgt für gewöhnlich so viel Substanz wie ein Glas Wasser. Ausnahmen gibt es kaum. In Deutschland zumindest nicht. In Österreich hat immerhin die Domäne Wachau beschlossen, aus der Not (ein alter Müller-Thurgau Weingarten) eine Tugend (Spontangärung im Betonei, schwefelfreier Ausbau, exzellent) zu machen. In der Schweiz kenne ich mich nicht aus, in Südtirol allerdings hat die Sorte gleich ein paar Interpreten gefunden, die ihr mehr entlocken als zwei Wasserstoff-Atome und ein Sauerstoff-Atom. Allen voran Norbert Blasbichler von Radoar und Christian Kerschbaumer von Garlider. Die Müller-Thurgau Reben von Letzterem befinden sich auf rekordverdächtigen 800 Metern Höhe auf Quarzphyllit und atmen dort oben zum einen viel frische Luft, zum anderen versuchen sie aus ihrer Nähe zur Sonne das Beste zu machen.

Alles entscheidend ist allerdings, dass Christian Kerschbaumer im Keller auf eine sorgsame und geduldige Vinifikation setzt. Er vergärt den Most spontan und nicht zu kühl und gibt dem Wein ausreichend Zeit auf der Feinhefe.

STIL

Saftig, präzis, lebendig und animierend. Christian Kerschbaumer macht aus Müller-Thurgau einen Einstiegswein, der fruchtbetont, kompakt und feinstrukturiert zeigt, dass auch hinter vermeintlicher Leichtigkeit Tiefe und Substanz stecken kann.

Datenblatt

Rebsorte: 100% Müller-Thurgau
Bewirtschaftungsart: biologisch
Weingarten: Auf ca. 800 Meter; geprägt von Quarzit
Lese: Per Hand
Vergärung: spontan | wilde Hefen
Ausbau: im Stahltank
Filtration: ja
SO: < 50 mg
Trinktemperatur: 8-10 °C
Perfekte Trinkreife: ab sofort – 2023

Die Weine von Christian Kerschbaumer gibt es bei vinonudo in Wien und bei Bergwein in München.

RULÄNDER 2016

HINTERGRUND

Nicht umsonst spricht Christian Kerschbaumer bisweilen auch von Pinot Gris, wenn die Rede auf seinen Pinot Grigio kommt. Lichtjahre entfernt von dem oft dünnen Zeug aus dem Trentino, Veneto oder Friaul bildet er vielmehr einen Südtiroler Brückenschlag ins Elsass ohne dabei die Frische und Kühle des hohen Eisacktals preiszugeben. Auf knapp 600 Meter wachsen Kerschbaumers Reben. Unter ihnen ziehen sich der Fluss, die Bahn und die Autobahn dahin, weit genug entfernt um nicht mehr wahrgenommen zu werden. Die meiste Zeit sehen die Reben in die Sonne (sofern sie denn scheint), sind nach Südosten ausgerichtet und akkumulieren so ausreichend Zucker, um einen profunden Wein zu ergeben. Gleichzeitig sorgt die Höhenlage für Bedingungen, die puffernde Säure selten zu einem Problem werden lässt. Die seit über zehn Jahren konsequent betriebene biologische Bewirtschaftung seiner Rebflächen sorgt zudem für belebte Böden und letztlich Traubenmaterial, mit dem sich im Keller ohne große Eingriffe arbeiten lässt.

Für den Grauburgunder bedeutet das im Detail, dass er nach einer kurzen Maischestandzeit spontan vergoren und danach auf der Feinhefe ausgebaut wird. Anders als die meisten Winzer im Tal setzt Christian Kerschbaumer auf den Faktor Zeit, der sukzessive die Substanz seines Pinot Grigio offenlegt.

STIL

Kompakt, druckvoll, kräftig und vital. Die Idee im Eisacktal Grauburgunder zu keltern, mag zwar ungewöhnlich sein, die Ausführung ist allerdings topp. Präzis und klar erzählen seine Aromenund seine Textur eine vielschichtige und anspruchsvolle Geschichte von der Nase bis zum Gaumen.

Datenblatt

Rebsorte: 100% Ruländer (Pinot Grigio)
Bewirtschaftungsart: biologisch
Weingarten: Auf ca. 600 Meter; geprägt von Quarzit
Lese: Per Hand
Vergärung: spontan | wilde Hefen
Ausbau: in gebrauchten Holzfässern
Filtration: nein
SO: < 50 mg
Verschluss: Naturkorken
Trinktemperatur: 10-12 °C
Perfekte Trinkreife: ab sofort – 2025

Müller Thurgau, Grauburgunder, Traminer, Riesling und natürlich Pinot Noir. Wir befinden uns in Bötzingen am Kaiserstuhl Oltrepo Pavese, genauer in Borgo Priolo, wo das Castello di Stefanago seit gut 1000 Jahren über den kleinen Ort wacht. Wie, wann und warum all diese Rebsorten ihren Weg in das Castello gefunden haben, bedarf noch immer vollständiger Klärung, wobei man sie nicht nur in den sandigen und tondurchsetzten Böden von Stefanago, sondern im ganzen Oltrepo Pavese findet. Beeindruckende 3000 Hektar Pinot Noir hat man im Laufe der letzten 200 Jahre selbstbewusst in die Weingärten der Region gesetzt, mit Abstand die größte Pinot-Fläche in Italien.
Auf Stefanago wird die Sorte im Campo Castagno angebaut, der höchsten und kühlsten Lage des Weinguts, dort wo es zwar tagsüber sonnig, nachts allerdings verhältnismäßig kühl ist. 5000 Reben am Hektar, aus denen man, der Tradition des Oltrepo Pavese entsprechend, gleich vier unterschiedliche Weine keltert. Einen Stillwein und drei Spumante, wobei einer davon, sofort abgepresst und nach der einst üblichen „Methode ancestral“ vinifiziert wird, ein zweiter die gleiche Herstellungsart in rosa durchläuft und ein dritter, der Cruasé, den Werdegang eines rosafarbenen Champagners durchmacht.

Weinbau wird an den Hängen des Castello di Stefanago seit Generationen betrieben, seit Antonio und Giacomo Baruffadi das Ruder in der Hand haben, zählt man in dem ohnehin umtriebigen Gebiet zu den Vorreitern einer Bewegung, die sich eine nachhaltige Bewirtschaftung auf die Fahnen geschrieben hat. Biologisch zertifiziert ist man seit 2005, die Reberziehung ist der Sorte und dem Terroir angepasst, und die Intention ist es auch hier die Herkunft sprechen zu lassen. Das ergibt zwar beispielsweise einen völlig anderen Riesling als man das gewohnt ist, aber letztlich doch auch einen Wein, der florale und filigran-fruchtige Aromen, Länge und Substanz in petto hat – der große Unterschied ist die Säure, die in Oltrepo Pavese, im Gegensatz zur Nahe, Mosel oder Pfalz, ywar durchaus vorhanden ist, allerdings eher mild und weich ausfällt.

Der Müller-Thurgau macht wesentlich mehr Spaß als der größte Teil seiner deutschen Kollegen, was vermutlich mit der Bewirtschaftungsart, ziemlich sicher mit der Traubenqualität und ganz sicher damit zu tun, dass man im Keller auf die Finten moderner Weintechnologien verzichtet, wilde Hefen ihre Arbeit verrichten lässt und ansonsten nicht allzu viel tut.

Rot ist man neben dem Pinot Noir vor allem den klassischen Sorten der Region verpflichtet: man setzt also auf Uva rara, Croatina und Barbera, reife aber nie überreife und vor allem gesunde Trauben. Ausgebaut wird meist zwischen 12 und 24 Monate in verschiedensten Holzarten und Fassgrößen, je nachdem, was den jeweiligen Sorten am besten steht und den Intentionen der Winzer am besten entspricht. Das Resultat sind druckvolle und dichte Weine, denen es weder an Power noch an Trinkfluss mangelt.

Castello di Stefanago
27040 Borgo Priolo
Tel: + +39 335 6992052
info@baruffaldivini.it
www.baruffaldivini.it
www.castellodistefanago.it

WEINE

Stefanago Ancestrale Pinot Nero (bianco)
Stefanago Ancestrale Rosé Pinot Nero
Stefanago Cruasé Oltrepò Pavese DOCG
Stefanago Ancestrale Müller Thurgau
Bianco
Arò Bianco
Campo Piano Pinot Grigio
San Rocco Oltrepo Pavese Riesling
Campo Castagna Pinot Nero
Castellare Cabernet Sauvignon
Piedilupo Barbera
Croatina
Rosso

Jahresproduktion: ca.50000 Flaschen
Rebsorten: Riesling, Müller Thurgau, Traminer, Pinot Grigio, Pinot Noir, Barbera, Cabernet Sauvignon, Uva rara, Croatina
Rebfläche: 20 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja
Wohnmöglichkeit: ja

LINKS

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