DAS WEINGUT

Es gibt nicht viele Leute, die dem Land ihrer Kindheit und Jugend so verbunden sind wie Elisabetta Montesissa. Das lässt sich in ihrem Fall nicht nur in Worten bemessen. Viel offensichtlicher wird es anhand der Tatsache, dass sie sich jedes Wochenende ins Auto oder in den Zug setzt und von Rom, wo sie bei Campagna Amica – einer landwirtschaftlichen Vereinigung zur Aufwertung lokaler Produkte – arbeitet, ins Val Chero in den äußersten Westen der Emilia aufbricht. 500 Kilometer hin, 500 Kilometer zurück, um ihren Eltern bei der Herstellung und Vermarktung von drei Weinen zu helfen, die basierend auf dem Gedankengut der Naturweinszene, eine vergangene Sensorik wiederbeleben.

Wobei sich schon ihre Eltern und Großeltern den Avancen der Agroindustrie größtenteils zu entziehen wussten. Die vergärten ihre Weine – allesamt Frizzante, wie es der Tradition der Region entspricht – bis in den November hinein, ehe die Hefen – bei noch vorhandenem Restzucker – aufgrund der zunehmend tiefen Temperaturen ihre Arbeit einstellten. Im Frühjahr filterten sie dann, ehe sie die Weine in Flaschen füllten, wo sie bei steigenden Temperaturen zu Ende gärten. Das Filtern lässt Elisabetta mittlerweile wieder weg, ansonsten ist fast alles gleichgeblieben. 

Wie im Keller zollen Elisabetta und ihre Eltern auch im Weingarten der Geschichte der Region Tribut. Die vier wichtigsten Sorten Piacenzas – Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Barbera und Bonarda – sind auch bei ihnen die Protagonisten, ergänzt von ein paar Reihen Syrah und ein paar alten autochthonen Sorten der Region. Erzogen werden sie im Guyot Piacentino, das einen sehr kurzen Rebschnitt vorsieht und die spätere Lesemenge schon vorab reduziert. Die Weingartenarbeit ist zertifiziert biologisch und geschieht größtenteils per Hand.

Die Weine 

Buonissima: Einer der großen Schaumweine der Emilia. Aus Malvasia di Candia Aromatica und Ortrugo gekeltert. Aufgrund einer zehntägigen Mazeration der Schalen mit Ecken und Kanten, fordernd aber doch auch animierend und einladend. Hat trotz seines geringen Alkohols ordentlich Kraft und Substanz. Öffnet sich einem breiten Aromaspektrum aus Kräutern, Zitrusfrüchten und  reifem Steinobst. Lebhaft und strukturiert bis zum Gaumen. Reift mit Sicherheit blendend.

Rosissima: Rosé-Frizzante aus Barbera und Bonarda. Nach dem Salasso-Prinzip hergestellt. Dabei wird der unter dem Druck der aufeinanderliegenden Trauben abfließende Most aufgefangen und vergoren. Die Zweitgärung findet wiederum in der Flasche statt. Hat eine lebhafte Säure, Grapefruit und Beerennoten. Fürs flotte Wegtrinken gedacht.

Rio Mora: Nochmals Frizzante aus Barbera und Bonarda, diesmal allerdings in rot. Im Grunde genommen ein klassischer Gutturnio, der allerdings nicht als solcher deklariert ist. 15 Tage auf der Maische. Zweitgärung in der Flasche (rifermentato), danach noch ein Jahr zur Reifung in der Flasche. Dunkel, fruchtbetont, würzig, fleischig. Eher weiches Tannin. Lebhafte Säure. Sehr direkt und geradlinig. Wie so oft in der Emilia, vor allem auch als Essensbegleiter gedacht. 

Den Rio Fratta (Syrah, Barbera, Bonarda) habe ich noch nie probiert.

Emilio Montesissa

Azienda Agricola Montesissa Emilio
Loc. Magnano – Case Biasini, 189 – 29013 Carpaneto P.no (PC)
Tel. +39.0523.850158
email: info@montesissaemilio.it

www.montesissaemilio.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 15000 Flaschen
Rebsorten: Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Barbera, Bonarda, Syrah
Rebfläche: 10 ha, 5 ha bewirtschaftet
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein

Die Weine von Biscaris gibt es vermutlich nirgendwo im deutschsprachigen Raum. Online erhält man sie bei winepoint.it, callmewine.it

Croatina alias Bonarda

Erstmal vorab: Croatina ist eine Rebsorte, aus der exzellente Weine gekeltert werden. Oft unter ihrem herkömmlichen Namen, noch öfter allerdings unter dem Namen Bonarda, unter dem die Sorte im Oltrepo Pavese in der Lombardei und in den Colli Piacentini in der Emilia Romagna bekannt ist. Unglücklicherweise gibt es im Piemont gleichfalls eine Sorte namens Bonarda (meist Bonarda Piemontese genanannt), die wiederum nichts mit Croatina und folglich auch nichts mit den Bonardas aus der Emilia und der Lombardei zu tun hat. Für Verwirrung ist also gesorgt.

Croatina/Bonarda ist in den beiden Regionen weit verbreitet und findet sich zudem seit jeher auch in den südpiemontesichen Colli Tortonesi, wo auch einige ihrer besten Versionen in die Flasche kommen. Die Rebsorte erfreut sich einer nicht unberechtigten Popularität unter biologisch arbeitenden Winzern, da sie recht robust ist und speziell mit Oidium kaum Problem hat. Dank ihrer dicken Schale eröffnet sie den Winzern zudem eine Palette an stilistischen Möglichkeiten. Bereits nach wenigen Tagen abgepresst ergibt sie grundsätzlich sanfte und fruchtige Weine, nach längeren Maischestandzeiten kann sie hingegen recht fordernde und massive Tannine entwickeln, die einem bisweilen etwas Geduld abverlangen (was sich dann allerdings meistens auch bezahlt macht). Während sie in den Colli Tortonesi grundsätzlich solo vinifiziert wird, mehren sich im Oltrepo Pavese die Versionen, wo Croatina zwar oft die erste Geige spielt, jedoch von anderen Rebsorten begleitet wird. In der Emilia ist Croatina dann ausschließlich unter dem Namen Bonarda zu haben und quasi ausnahmslos in Begleitung von Barbera, mit dem sie still aber auch sprudelnd  die Basis für den in der Region allgegenwärtigen Gutturnio stellt. Im Nordpiemont wiederum ergänzt sie bisweilen Nebbiolo, im Valpolicella fließt sie dagegen immer öfter in den Amarone mit ein.

Croatina/Barbera verträgt sich bestens mit Holz, wobei – wie so oft – große oder gebrauchte Fässer die Sorte mehr zu Wort kommen lassen als Barriques. Auch wenn es naheliegenderweise lokale Unterschiede gibt und viele Winzer ihr Handwerk glücklicherweise nach ihren eigenen Ansichten ausüben, haben Weine aus Croatina bei eher mäßiger Säure eine meist nicht zu unterschätzende Gerbstoffstruktur, einen substantiellen Körper und Aromen, die nicht selten dunkle Fruchtaromen, Blütennoten und eine tiefe Würze in den Mittelpunkt rücken.

Eine Auswahl

Daniele Ricci (Colli Tortonesi): Elso – exzellent, 100% Croatina
Daniele Ricci: Matt – die zugänglichere Version, gleichfalls sehr gut und 100%Croatina (vinonudo)
Vigneto Massa (Colli Tortonesi): Pertichetta
Tenuta Belvedere (Lombardia): Croatina La Coccinea
Castello di Stefanago: Croatina

Cuvées
Lino Maga (Oltrepo Pavese): Barbacarlo – ein Monument, einer der großen Rotweine Italiens
La Stoppa (Piacenza): Macchiona
Andi Fausto: (Oltrepo Pavese): Estro
Podere Paradrolo (Parma): Velius
Solenghi (Piacenza): Gutturnio Riserva Battorossa
Cardinali (Piacenza): Nicchio
Vino del Poggio (Piacenza) Navel Rosso

DAS WEINGUT

Früher lief durch das Val Trebbia, dem laut Ernest Hemingway schönsten Tal der Welt, eine „via del sale“, eine Salzstraße. Verpflegung für die Handelsreisenden gab es unter anderem in Travo, wo die Familie Borri eine Osteria hatte. Das Gasthaus gibt es nicht mehr, geblieben sind allerdings drei Hektar Reben, aus denen Andrea Pradelli, ein Diplomlandwirt, gemeinsam mit seiner Mutter Gabriella Borri ein erstaunlich umfangreiches Sortiment an Weinen keltert.  

Die Weingärten liegen zwischen 400 und 700 Metern, basieren größtenteils auf Kalkmergel (wie in der Steiermark und im Collio) und exponieren sich in Richtung Süden und Südwesten. Die Bewirtschaftung erfolgt fast überall per Hand und ist generell biologisch, wobei man sich nicht zertifizieren lassen will, da im Jahr 2008 die meisten Reben der, von der amerikanischen Rebzikade verbreiteten Flavescenza Dorata zum Opfer gefallen sind, gegen die – im Fall des Falles – nur Insektizide helfen.

Die daraufhin stattfinden Neuauspflanzungen nutzte Andrea, um neben die Klassiker der Region –  Bonarda, Barbera, Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Moscato Bianco, Sauvignon Blanc und Trebbiano – auch die aus Bonarda und Barbera gekreuzte Rebsorte Ervi auszusetzen, aus der er mittlerweile den Don Dante, einen intensiv-würzigen und  körperreichen Rotwein keltert.

Im Keller wird grundsätzlich spontan vergoren, nicht filtriert und wenig bis gar nicht geschwefelt. Die Trester werden zu Grappa weiterverarbeitet.

Weine (eine kleine Auswahl, ich kenne bei weitem nicht alle)

Mappale 25: Sauvignon Blanc. Das ist weniger ungewöhnlich, als es scheint. Sauvignon ist in Parma und Piacenza seit gut 200 Jahren zu Hause und macht sich erstaunlich gut. Weniger kräuterig als sonst, dafür gelbfruchtig, straff und konzentriert.

MaSrà: Rifermentato, ergo Zweitgärung in der Flasche. Hauptanteilig Ortugo, unterstützt von ein wenig Malvasia und Sauvignon Blanc. Einige Tage Maischestandzeit, weder geschönt noch gefiltert. Sympathisch, einladend, leicht. Mit ordentlich Säure und schönem Druck am Gaumen.

Zerbina: Malvasia di Candia Aromatica, Moscato Bianco, Sauvignon Blanc. Eine Tage auf der Maische, danach Ausbau über 1 Jahr im Stahltank. Ungefiltert und ungeschönt. Trockenfrüchte, Laub, Zitrus. Gehaltvoll und dicht, dabei jedoch kühl und strukturiert.

Don Dante: gelungenes Experiment. Andrea ist einer der ganz wenigen Winzer weltweit sein, der sich Ervi (was für ein trostloser Name), dieser Kreuzung aus Bonarda und Barbera, ernsthaft annimmt. Nach einem Jahr im Tonneaux ist der Don Dante pfeffrig und rotbeerig, üppig, dicht und konzentriert, ein Monument, kraftvoll und eindringlich.

Tenuta Borri

Andrea Pradelli
loc. Margherita, 29020 Travo PC
info@tenutaborri.it
+39 338 469 3571
www.tenutaborri.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 15000 Flaschen
Rebsorten: Ortrugo, Malvasia di Candia Aromatica, Sauvignon Blanc, Moscato Bianco, Trebbiano Romagnolo, Barbera, Bonarda, Ervi
Rebfläche: 3,5 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: nein
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein

 

DAS WEINGUT

Andrea Cervini macht in Statto, am Eingang zum Val Trebbia Wein – einem historischen Ort in önologischer wie auch in militärischer Hinsicht. Von ersterem erzähle ich weiter unter. Von letzterem zeugt der Elefant auf Andreas Flaschenetiketten, ein bildlicher Verweis auf Hannibals Sieg gegen den römischen Konsuls Tiberius Sempronius Longus im Jahr 218 v. Chr. an der Trebbia, einem vom Apennin herabströmenden Nebenfluss des Po. Bei dieser Schlacht vernichtete Hannibal zwar die Armee seines Kontrahenden, gleichzeitig verlor er allerdings auch 36 seiner 37 Kampfelefanten – mit dem letzten sollte er dann triumphal in Arezzo einreiten. 

In önologischer Hinsicht historisch ist die Gegend deswegen, weil hier seit knapp 30 Jahren Giulio Armani seinem Handwerk nachgeht, der – gemeinsam mit Elena Pantaleoni von La Stoppa – die Geschicke der Region fast im Alleingang und ziemlich nachhaltig verändert hat. Armani war es auch, der Cervini dazu animierte, aus den Trauben, die er bis dahin weiterverkaufte, eigene Weine zu keltern, was Andrea schlussendlich von 2006 an auch tat. 

Seine Weine tragen folglich auch ein wenig die Handschrift Armanis und lassen sonst vor allem die Reben und das Terroir des Val Trebbia zu Wort kommen: also Malvasia di Candia Aromatica, aus der er eine eindringliche und fordernde maischevergorene Version keltert, Barbera, die er zu einem geradlinigen und dynamischen Tischwein und Essensbegleiter verarbeitet und Bonarda, aus der er gemeinsam mit Barbera, eine profunde und anspruchsvolle Cuvée fabriziert. Die vier Hektar Weingärten bewirtschaftet er biologisch, die Eingriffe im Keller sind marginal aber nachhaltig: so belässt er Rotweine wie Weißweine auch noch bei der Reifung für drei bis sechs Monate in Kontakt mit den Schalen, um auch wirklich alles, was sich an Phenolen und Aromen darin findet, in seine Weine zu extrahieren.

Vino del Poggio Bianco: Eine eindrucksvolle Widerlegung, dass lange mazerierte Weine nichts von ihrer Umgebung erzählen. Wer die Weine von Denavolo, La Stoppa oder Casè kennt, wird nicht lange zögern und diesen Wein nicht nur in die Emilia, sondern gleich mitten ins Val Trebbia platzieren. Aus Malvasia di Candia Aromatica gekeltert, spontan vergoren und erst nach sechs Monaten abgepresst bietet Andreas Bianco Grip, Struktur und Profil wie ein Nebbiolo, eine profunde aber doch elegante Textur und zudem ein erstaunliches Potpourri an floralen, kräuterigen und gelbfruchtigen Aromen. Ungeschwefelt.

Vino del Poggio Rosso: zur Gänze aus Barbera gekeltert. Spontan im Edelstahl vergoren und danach in großen Holzfässern ausgebaut. Rustikal, mit einer nicht zu unterschätzenden Säure ausgestattet. Fokussiert und puristisch. Rotfruchtig. Pfeffrig. Offen und einladend. Exzellenter Essensbegleiter zu emilianischen Schweinereien. Ungeschwefelt.

Vino del Poggio Navel Rosso: Barbera/Bonarda. Kompromisslos fordernd wie auch seine andere beiden Weine. Kein weichgespültes Allerweltsgetränk, vielmehr ein Beleg dafür, was passiert, wenn man die Inhaltsstoffe einer Traube tatsächlich komplett in den Wein transportiert. Nach dreimonatigem Schalenkontakt und einem einjährigen Ausbau im gebrauchten Barrique bietet der Navel erdige Unterholznoten und dunkle Frucht. Die Struktur ist ausgewogen, wobei es weder an Säure noch an Gerbstoff mangelt. Der Körper ist erstaunlich elegant, der Trinkfluss unbeschwert. Ungeschwefelt. Wie alle seine Weine kann man auch den Navel ohne Bedenken für einige Jahre im Keller vergessen.

Andrea Cervini - Il Poggio

Località Poggio Superiore Statto, 6
29020 Travo (PC)

tel. +39.334.1544810
tel. +39.328.3019720
www.poggioagriturismo.com

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 10000 Flaschen
Rebsorten: Malvasia di Candia Aromatica, Barbera, Bonarda
Rebfläche: 4 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein
Essmöglichkeit: ja

Die Weine von Andrea Cervini gibt es vermutlich nirgendwo im deutschsprachigen Raum, während man sie online aus Italien bei allen größeren Naturweinhändlern (callmewine, decanto, rollingwine, wineyou) bestellen kann.

 

Es gibt Rebsorten, aus denen sich große oder zumindest eindrucksvolle Weine keltern lassen und andere bei denen das nicht geht, die aber trotzdem – sofern sie denn einen Winzer haben, der sie ernst nimmt und versteht – ganz sympathisch sind. Glera, die Rebsorte, aus der Prosecco fabriziert wird, ist dafür vielleicht das beste Beispiel. Grundsätzlich völlig belanglos, bekommt sie in den richtigen Händen, zumindest ein bisschen Charakter. Ortrugo ist auch so eine Sorte. Anders als Glera wollte sie allerdings auch nie im Mittelpunkt stehen, worauf bereits ihr Name verweist: Erstmals erwähnt wurde sie 1881 im ampelografischen Bulletin des italienischen Landwirtschaftsministerium als Altruga, als „altra uva“ – „andere Traube“ – also diejenige, die im Vergleich zu den übrigen Trauben eine Stufe tiefer stand. 

Angepflanzt wurde sie trotzdem. Weniger um ganz für sich alleine vinifiziert zu werden, sondern um die Malvasia di Candia Aromatica – ohne wenn und aber eine große Rebsorte – zu unterstützen und ihre Wucht und ausladende Aromatik mit ein wenig Subtilität und Finesse zu kombinieren. Dafür eignet sie sich blendend und so fließt sie, als delikater und filigraner Partner, in die mitunter wichtigsten orangen Cuvées der Emilia mit ein.

Da die Malvasia di Candia Aromatica fast ausschließlich in den vier, in Richtung Apennin abzweigenden Tälern Piacenzas (Nure, Arda, Tidone und Trebbia) vorkommt, findet man auch Ortrugo, dessen Schicksal an sie geknüpft ist, fast nur dort. Und weil nicht alle Winzer fortwährend Lust haben, substantielle und nachdrückliche Weine zu keltern, sondern sich manchmal auch mit etwas weniger zufrieden geben, wird sie mittlerweile auch gelegentlich ganz für sich abgefüllt: Fast immer prickelnd, um ihre Leichtigkeit, Lebendigkeit und delikaten Aromen zusätzlich zu unterstreichen. Und fast immer als emilianische Antwort auf Prosecco, mit dem sie es, in ihren besten – flaschenvergorenen – Varianten, auch locker aufnehmen kann.

Ein paar reinsortige Ortrugos

Croci: Lubigo Frizzante
Saccomani: Ortrugo Frizzante
Marco Cordani: Ortrugo Terzolo Frizzante
Davide Valla: Dieci Lune Frizzante
Solenghi: Ortrugo Frizzante
Lusenti: Ciano Frizzante

Ortugo als Partner

Denavolo: Dinavolo (bei vinonudo)
La Stoppa: Ageno
Cascinotta di Rizzolo: Cascinotta
Casè: Casè Bianco
Lusenti: Azzi frizzante

DAS WEINGUT

Marco Cordani ist ein Winzer alten Schlages. Bei Verkostungen, zwischen seinen Kollegen, wirkt er wie aus der Zeit gefallen, ruhig, zurückhaltend und nur dann gesprächig, wenn es um seine Arbeit geht. Die erledigt er seit frühester Jugend tagtäglich nahe der kleinen Ortschaft Carpaneto Piacentino in den Montine di Celleri, wo er die sechs Hektar Weingärten pflegt, die sein Urgroßvater Angelo und sein Großvater Benvenuto angelegt haben. Abgesehen von einem kurzen Intermezzo als Schiffsbauer hat sich Marco Zeit seines Lebens um die Familienreben gekümmert, die sich mit Ausnahme einer kleinen Parzelle Syrah aus den klassischen Sorten des Piacentino zusammensetzen: Barbera und Bonarda (alias Croatina) machen die rote Fraktion aus, Malvasia di Candia Aromatica, Moscato Bianco, Ortrugo und Trebbiano stehen für die weißen und orangen Vinifikation zur Verfügung.

In die Flaschen kommen neben drei Stillweinen (Oracolo, Apogeo & Perigeo) drei Frizzante, die der Tradition entsprechend nach einer Erstgärung in der Flasche mit einem noch vorhandenen Restzuckergehalt überwintern (die Hefen stellen bei entsprechend niedrigen Temperaturen ihre Arbeit ein) und im Frühjahr bereits in die Flasche gefüllt, fertig gären. Der komplette Vinifikationsprozess läuft nach altem Vorbild ab, das heißt, dass weder Reinzuchthefen verwendet werden, noch filtriert oder am Ende der Zweitgärung degorgiert wird. 

Es ist nicht so, dass Marco sich Innovationen völlig verschließen würde – er besucht mehrmals im Kurse und saugt das, was ihn weiterbringt und seiner Konzeption von Wein nicht widerspricht interessiert auf. Manchmal probiert er auch Sachen aus, die er dann wieder bleiben lässt. Mit Reinzuchthefen konnte er sich beispielsweise nicht anfreunden. Er fand den völlig problemlosen Gärverlauf irritierend und das Geschmacksbild seiner Weine austauschbar, banal und identitätslos. Kurz, er erkannte sie nicht wieder und kehrte folglich gleich im nächsten Jahr wieder zu seiner altbewährten Herangehensweise zurück. 

Wer direkt bei ihm vorbeifährt, bekommt auch noch – gleichfalls eine langgehegte und sehr sympathische Tradition honorierend – Weine direkt vom Fass.

Die Weine

Gutturnio Magia Frizzante: Sprudelnde Cuvée aus Bonarda und Barbera, die nach sechstägigem Schalenkontakt spontan vergoren werden. Fantastischer violetter Schaum, dunkle Beerenaromen, würzig, kräftiges Tannin, zupackende Säure, lebhafte Perlage. Profund und doch erfrischend. Passt bestens zu den klassischen Schweinereien aus der Emilia (Prosciutto, Salami).

Labaia Frizzante: Blend aus Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Trebbiano und Moscato Bianco. Dreitägiger Schalenkontakt. Mundfüllend und dicht, eindringlich und fordernd, mit gelben Fruchtaromen und spürbaren Kräuternoten. Hat Kraft und Energie. Der Gerbstoff lenkt, die Säure versprüht Dynamik. Sehr, sehr gut.

Ortrugo Terzolo Frizzante: Nach einem unter dem Weingarten dahinlaufenden Bach benannt. Das Gegenteil des Labaia. Subtil und filigran. Zurückhaltend. Von feinen Blütennoten und delikater weißer Frucht geprägt. Schlank und elegant. 

Oracolo: Aus den gleichen Rebsorten wie der Labaia vinifiziert. Wurde gleichfalls, und wie fast immer, wenn Malvasia di Candia Aromatica im Spiel ist, ein paar Tage auf den Schalen belassen. Und das spürt man auch. Die Aromen sind intensiv und nachhaltig und Gerbstoff und Säure machen Druck. Hat Länge und Kraft.

Perigeo: Cuvée aus hauptsächlich Barbera und ein wenig Bonarda. Einmonatiger Schalenkontakt. Danach ein Monat über in Zementzisternen. Massiver Körper, intensive Aromatik. Viel dunkle Frucht und Würze. Dank der, der Barbera stets innewohnenden Säure geradlinig und direkt. Dicht und fokussiert am Gaumen.  

Marco Cordani

Loc. Montine – Celleri
29013 – Carpaneto Piacentino (PC)
Telefono 334-1480999
e-mail: info@marcocordani.it
www.marcocordani.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 12000 Flaschen
Rebsorten: Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Moscato Bianco, Trebbiano, Barbera, Bonarda
Rebfläche: 6 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein
Mitgliedschaft: Emilia sur li

Die Weine von Marco Cordani gibt es vermutlich nirgendwo im deutschsprachigen Raum. Online aus Italien erhält man sie bei www.decanto.it

 

DAS WEINGUT

Bei Claudio Campaner kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Der junge Mann, der 2017 seinen Job in Mailand an den Nagel gehängt hat, um seinen landwirtschaftlichen Betrieb „Distina“ zu gründen, verschreibt sich nicht nur dem Wein – er ist auch Schnapsbrenner und ein sehr guter noch dazu.

Geplant hat er sein Projekt Distina schon ein paar Jahr davor, als er sich einen Hektar Rebland in Bacedasco Alto nahe Piacenza kaufte und bei Vittorio Capovilla, einem der besten Brenner Italiens in die Lehre ging. 

Der Hektar Reben, den er sich besorgte und aus dem er heute zwei Frizzante (metodo ancestrale) vinifiziert, wurde 1980 gepflanzt und ist mit einem Sammelsurium autochthoner Sorten bestockt. Neben der rund um Piacenza omnipräsenten Malvasia di Candia aromatica wachsen darin auch Moscato bianco, Marsanne, Barbera und Bonarda. 

Gleich am ersten Tag stellte Claudio die Weingärten auf biologische Bewirtschaftung um. Die Kultivierung der Reben wie auch der mittlerweile hinzugekommenen Obstbäume basiert auf akribischer Handarbeit. Er tendiert zum Perfektionismus, macht folglich alles selbst, beobachtet viel und hat sich im freien wie auch im Keller der Prinzipien der Naturweinbewegung verschrieben.

Die beiden Weine werden nach der metodo ancestrale vergoren, das bedeutet, dass sie noch während der Gärung – bei ca. 25g/Restzucker – in die Flasche gefüllt und darin fertigvergoren werden. Die abgepressten Traubenschalen verwendet er für die Destillation zu Grappa. 

Für das kommende Jahr hat Claudio zudem die Vinifikation von zwei Stillweinen und die Destillation von Bränden aus alten Obstsorten geplant.

Die Weine

Bason: Assemblage aus Barbera und Bonarda, den beiden roten Klassikern der Region. Ungeschönt und ungefiltert, vital und dynamisch. Fleischig, saftig. Ganz dunkle Frucht. Hat Power, nicht zu knapp Säure und Gerbstoff. Macht ordentlich Dampf in Richtung Gaumen.  

Ambra: Malvasia di Candia Aromatica, Moscato Bianco und Marsanne auf den Schalen vergoren. Hat Körper und Charakter, Kraft und Eleganz. Ist dichtgewoben, druckvoll und dank der erstgenannten Rebsorten aromatisch mit einer Tendenz zum Gelbfruchtigen und Floralen. Sehr gut.

Distina

Case Sparse Spedale, 24
Bacedasco Alto – Castell‘Arquato (PC)
Tel:3484294260
info@distina.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 5000 Flaschen
Rebsorten: Barbera, Bonarda, Malvasia di Candia aromatica, Moscato bianco, Marsanne
Rebfläche: 2 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: nein
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein
Weitere Produkte: Grappa, Obstbrände (top)

Die Weine von Distina gibt es bei der Enoteca Galli (verschickt in den deutschsprachigen Raum)

DAS WEINGUT

Die Gegend rund um Piacenza ist eine wenig bekannte und ziemlich unerschöpfliche Fundgrube für Freunde handwerklich produzierter Weine. Sie hat mit der Malvasia di Candia Aromatica eine der spannendsten weißen Rebsorten Zentralitaliens zu bieten und mit Ortrugo eine zweite, die gerade dabei ist, ihrem Potenzial gerecht zu werden. Mit dem Gutturnio findet man eine adäquate Antwort auf den Lambrusco und nimmt sich zudem die Freiheit, Barbera und Bonarda (alias Croatina), die beiden dafür verwendeten Sorten auch still auszubauen. Mit Giulia Armani und Elena Pantaleoni von La Stoppa gibt es zwei überragende Persönlichkeiten, die seit mittlerweile drei Jahrzehnten einen – weit vom Mainstream entfernten – Weg weisen und zeigen, was in den zum Apennin hinauflaufenden Tälern alles möglich ist.

2014 haben die beiden Geschwister Luca und Claudia Saccomani gemeinsam mit ihren Familien begonnen, genau diesen Weg einzuschlagen. Im Val d’Arda, genauer in Diolo, haben sie in den letzten Jahren ihre insgesamt 12 Hektar Weingärten offiziell biologisch zertifiziert und damit begonnen ihre Weine auch über die Dorfgrenzen hinaus zu vermarkten. Wobei sie im Grunde genommen genau die auf Handarbeit  und Nachhaltigkeit beruhenden Ideen weiterführen, die schon ihre Eltern konsequent umsetzten. 

Mit Ausnahme des Rosso dei Baroni werden alle ihre Weine nach der Erstgärung im Stahltank ein zweites Mal in der Flasche vergoren – was, je nach Intention zu einer leichten oder etwas stärkeren Perlage führt, die den Weinen Vitalität und Energie verleiht.

So nachhaltig der Ansatz im Weingarten ist, so unverfälscht und naturbelassen ist er auch im Keller. Jenseits der ohnehin notwendigen Eingriffe hält man sich zurück, verzichtet auf Schönungen und Filtrationen und bleibt bei den Schwefelungen stets unter 25mg/l.  

Die Weine

Gutturnio: Der Klassiker des Hauses, ein Rifermentato aus Barbera und Bonarda. Wird nach einer achttägigen Maischegärung abgepresst, kurz zur Stabilisierung in Stahltanks gefüllt und danach in der Flasche ein zweites Mal vergoren. Dunkelfruchtiger und würziger als die meisten Lambrusco geizt er nicht mit Säure und Tannin und sollte auch über Jahre hinweg eine positive Entwicklung nehmen. 

Rosso dei Baroni: Assemblage aus Barbera, Bonarda und einem kleinen Anteil Merlot. Bleibt für 20 Tage auf der Maische und landet danach für 18 Monate zur Reifung in Zement und gebrauchten Barriquefässern. Strukturiert, dynamisch und mit ordentlich Power baut er vor allem auf reifen roten Früchten und intensiver Würze. 

Ortrugo: Ortrugo ist – sofern man sie sofort abpresst – delikat und fein und das spürt man auch in diesem Rifermentato. Die Aromen sind vor allem von Blüten und weißen Fruchtnoten geprägt. Der Körper ist schlank und elegant und der Trinkfluss dynamisch und vital. Einfach aber schön zu trinken.

Monterosso: Die klassische weiße Cuvée der Region. Protagonistin ist darin die Malvasia di Candia aromatica, unterstützt wird sie von Ortrugo, Marsanne und Trebbiano. Dank der Malvasia ist sie aromatisch, ohne dabei zu intensiv zu werden. Der Körper ist strukturierter und gehaltvoller als beim Ortrugo, die Perlage ist fein, die Säure geradlinig und präsent.

Marie-Luise: Rifermentato aus Marsanne. Die eigentlich von der Rhone stammende Sorte wurde im beginnenden 19. Jahrhundert mit den napoleonischen Truppen in die Emilia gebracht und fand hier eine zweite Heimat. Cremig. Weiße Blüten. Mandelnoten. Sprudelt sympathisch und vital über den Gaumen.

Die Weine kosten ca. € 10. Im deutschsprachigen Raum gibt es sie meines Wissens nicht, in Italien finden sie sich bei https://www.dolce-vite.com/ortrugo-2018-saccomani.html

Saccomani

Loc. Diolo Croce
Lugagnano val d’Arda (Piacenza)
0523 891718
Giuseppe 389.1858954
Luca 392.6099772
Claudia 393.3960312
E-mail: mail.saccomani@gmail.com
www.saccomanivini.it

Cold Facts

Jahresproduktion: ca. 30000 Flaschen
Rebsorten: Barbera, Bonarda, Merlot, Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Marsanne, Trebbiano
Rebfläche: 12 ha
Manuelle Lese: ja
Dünger: ja, organisch
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung.
Wohnmöglichkeit: nein
Mitgliedschaft: vinnatur

LA STOPPA ist ein altes Weingut nahe Piacenza in der Emilia, deren Weingärten einsam die Hänge des Val Trebbiola hochklettern. Das Gut umfasst 58 Hektar, wobei 28 Hektar Eichen, Kastanien und Robinien sind – der Rest ist Wein. Die Wälder und Weingärten sind von einem mittelalterlichen Turm  flankiert, der vor langer Zeit von einem Advokaten namens Ageno bewohnt war. Seiner Leidenschaft für französische Weine verlieh er dadurch Ausdruck, dass er Merlot, Cabernet, Semillon und Pinot Noir auspflanzen ließ und die daraus entstandenen Weine Bordo und Pino nannte. Seinen Namen trägt heute wiederum ein maischevergorener Malvasia di Candia Aromatica, ein Meilenstein in der Welt der Orangen Weine.
Französische Rebstöcke wurzeln noch heute in den Weingärten. Allerdings gesellen sich zu den Klassikern aus dem Bordeaux auch noch Bonarda und Barbera, Malvasia di Candia Aromatica und Ortrugo – und so sind die Weine von La Stoppa eine gelungene Mischung aus autochthonen und zugewanderten Sorten, die letztlich ein ziemlich spektakuläres Sortiment abgeben.
1973 wurde La Stoppa von der Familie Pantaleoni übernommen, die das Weingut auf biologische Bewirtschaftung umstellte und den Keller renovierte. Mit dem Resultat, dass La Stoppa heute zu den führenden und sicher besten und innovativsten Weingütern der Emilia zählt.
Die Philosophie des Weinguts basiert auf ein paar wenigen Säulen. Die sind zum einen niedrige Erträge (dem fortgeschrittenen Alter der Rebstöcke und dem kargen Terrain geschuldet) und gesunde und absolut botrytisfreie Trauben. Dem Menschen kommt dabei die Aufgabe dazu, das ihm vorgegebene Material so gut und so authentisch wie möglich zu verarbeiten und dabei sowohl die Charkeristika der Rebsorte wie auch der Region zum Ausdruck zu bringen.
Der Keller ist zweistöckig. Man arbeitet mit der Schwerkraft und quasi pumpenfrei. Vinifiziert werden die gerappten Trauben, die Gärung erfolgt spontan. Die Mazerationszeiten sind bei Weiß- wie Rotweinen lange, die Gärtemperaturen sind abhängig vom Jahrgang. Erfolgt die Gärung noch im Stahltank, so wird der Wein dann weiterführend zum Teil auch in Holz ausgebaut – der Wein soll die Möglichkeit haben zu atmen und sich langsam zu entwickeln. Nach der Abfüllung erfolgt noch eine weitere, zuweilen recht lange Reifezeit in der Flasche. Erst wenn die Weine ein perfektes Gleichgewicht erlangt haben kommen sie auch auf den Markt.

Die Weine

Ageno: maischevergoren, basiert auf Malvasia di candia aromatica, Trebbiano und Ortrugo. Tief und komplex, fordernd und doch mit Trinkfluss; einer der großen orangen Weine Italiens. Ein Monument. La Stoppas bester Wein.

Trebbiolo: Lebhaft, saftig, dunkelfruchtig. Hat Energie und Power. Cuvée aus Bonarda und Barbara, den beiden klassischen Sorten der Region. Spontan vergoren und in Zementbottichen ausgebaut.

Macchiona: Intensiv, druck- und kraftvoll, würzig und nachdrücklich am Gaumen. Ebenfalls und zu gleichen Teilen aus Bonarda und Barbera gekeltert. Spontan vergoren, über 40 Tage mazeriert und danach zwei Jahre lang im Holz und zumindest ein Jahr in der Flasche gereift. Eine der besten roten Stillweine der Emilia.

Barbera: Kühle Frucht, fleischiger Unterton, knackige Säure – zischt recht lebhaft durch die Adern. Hat Substanz und Tiefe. Bleibt recht nachhaltig am Gaumen. Nach spontaner Gärung und 40 tägigem Schalenkontakt wird er im 4000-Liter Holzfass ausgebaut. Ungefiltert, ungeschönt und ungeschwefelt

Vigna del Volta: Süßwein aus Malvasia di Candia Aromatica. Stammt von einem auf Kalk basierenden Weingarten, der über Jahrzehnte hinweg von Signor Volta gepflegt wurde. Den gibt es leider nicht mehr, seinen Wein allerdings schon. Spontan vergoren und über ein Jahr in Barriquefässern ausgebaut offeriert er viel Marille, ordentlich Säure, eine ölig-cremige Konsistenz und ein langes, gelbfruchtiges Finish.

La Stoppa
29029 Rivergaro (PC)
Tel. (+39) 0523.958.159
Fax (+39) 0523.951.141
E-mail: info@lastoppa.it
www.lastoppa.it

Die Weine von La Stoppa gibt es in Deutschland bei VINATUREL und in der Schweiz bei CULTIVINO

Jahresproduktion: 160000
Rebsorten: Malvasia di Candia Aromatica, Ortrugo, Trebbiano, Moscato, Semillon, Barbera, Bonarda, Merlot
Rebfläche: 30ha
Reberziehung: Guyot
Rebstockalter: zwischen 5 und 90 Jahren
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer & Schwefel
Biologisch zertifiziert ja
Direktverkauf: ja, nach Voranmeldung
Essmöglichkeit/Restaurant: ja
Wohnmöglichkeit: nein

CASÈ

Die Idee Winzer zu werden, kam Alberto Anguissola im Jahr 1992. Sechs Jahre später setzte er sie in die Tat um, als er hoch oben im Val Trebbia 3200 qm Pinot Nero aussetzte. Ein erstes Experiment, dem im Jahr 2000 weitere 7500 qm folgen sollten. Die Wahl der Rebsorte war dabei genauso ungewöhnlich wie der Ort, den er sich für sein Projekt ausgesucht hatte. Das Val Trebbia liegt im nördlichen Apennin. Es beginnt bei Piacenza und endet ziemlich genau dort, wo sich die Emilia mit Ligurien trifft. Alberto wählte für seine Rebflächen brachliegendes Territorium auf fast 600 Meter Höhe, das zum einen von Ton, viel mehr allerdings von Kalk geprägt ist. Weiter unten im Tal finden sich mit La Stoppa und Denavolo zwei weitere exzellente Winzer, so hoch oben wie er hat allerdings keiner der beiden Weingärten. Neben Pinot Nero, der in der Emilia zwar keine Tradition hat, allerdings bestens in diese Ecke passt, setzte er ein paar Jahre später mit Malvasia di Candia Aromatica und Ortrugo auch noch ein paar weiße Sorten, vor kurzem kamen auch noch Bonarda und Barbera hinzu, die beiden Traditionssorten der Colli Piacentini.

Von der ersten Sekunde weg verfolgte Alberto – der in der Zwischenzeit von Diego Ragazzi unterstützt wird – einen kompromisslos biologische Arbeitsweise. Vorrangiges Ziel war es, seinen jungen Reben ein ökologisches Gleichgewicht zu bieten, in dem sie sukzessive natürliche Resistenzen gegen potenzielle Parasiten ausbilden konnten. Er förderte die Biodiversität, in dem er a.) auf Herbizide und Pestizide verzichtete und b.) das wachsen ließ, was ohnehin gewachsen wäre, hätten sich keine Rebstöcke in den Böden befunden. So hat sich im Laufe der Jahre eine Umgebung geformt, die Kräuter und Gräser, Insekten, Vögel und anderes Kleingetier integriert.

Gelesen wird per Hand und in kleinen Kassetten, um die Trauben nicht zu beschädigen, vinifiziert wird spontan, ergo mittels wilder Hefen. Während der Gärung bleibt der Most/Wein ausnahmslos in ständigem Kontakt mit den Schalen – beim Pinot Nero sind das ca. 40 Tage, bei den weißen Sorten 8-10, wobei es dafür traditionelle und praktische Gründe gibt. Zum einen, meint Alberto, wurden die weißen Trauben der Region früher immer mit den Schalen vergoren, zum anderen bildet Gerbstoff auch einen natürlichen Oxidationsschutz, was angesichts der Tatsache, dass Alberto entweder gar nicht oder nur marginal schwefelt, elementare Bedeutung hat. Zu guter Letzt ist vor allem Malvasia di Candia Aromatica maischevergoren auch qualitativ interessanter als sofort abgepresst.

Die beiden wichtigsten Weine von Alberto sind allerdings seine beiden Pinots, der Riva del Ciliegio und der Casè , die, erst einmal fertigvergoren, für 18 Monate in 500 Liter Tonneaux oder gebrauchte Barriques wandern und sukzessive Aromen und Strukturen entwickeln, die alle Attribute großer Cool Climate Pinots in sich tragen.

In letzter Zeit erweiterte Alberto mit dem Casè harusame, einem Spumante Rosato, dem berbéch, einem Rosso frizzante und dem calcaròt, einem einfachen Rotwein sein Sortiment.

Befinden sich Malvasia di Candia Aromatica und Ortrugo am richtigen Ort (im Val di Trebbia) und in den richtigen Händen (möglichst denen von Giulio Armani), geben sie die Basis für die radikalsten maischevergorenen Weine Italiens aus weißen Trauben. Das bedeutet etwas unkomplizierter ausgedrückt, dass sie ein Fundament für orange Weine bilden, dass man jenseits des Collio und des Karsts lange suchen kann.

Fündig wird man im Val di Trebbia, einem von Gott verlassenen, dafür von Hühnern, Schafen und Ziegen bewohnten Tal südlich von Piacenza. Die das Tal flankierenden  Hügel ziehen sich sukzessive den Apennin hinauf und zwischen 400 und 700 Metern beginnt es mit den beiden Rebsorten richtig spannend zu werden.

Dort befinden sich dann auch die Weingärten von La Stoppa, einem Vorreiter nachhaltiger Bewirtschaftung, experimenteller und vor allem exzellenter Weine. Der AGENO war die erste orange Interpretation aus den beiden Rebsorten, verantwortet von der legendären Elena Pantaleoni und vinifiziert vom nicht minder legendären Giulio Armani.

Giulio hat sich mit dem Projekt Denavolo 2005 auch noch ein eigenes 4 ha großes Weingut aufgehalst, in dem er seine eigene orangen Versionen keltert, allen voran den DINAVOLO. Der stammt von einem, alten und verlassenen 700 Meter hoch gelegenen Weingarten und das es da oben karg, kühl und kalkig ist, schmeckt man dem Wein bei jedem Schluck an. Der zieht eine Gerade von der Zungenspitze bis weit hinter das Gaumensegel und weicht dabei keinen Millimeter von der Ideallinie ab. Einzig die Aromen und straffende Gerbstoffe machen sich im Mund breit und beide erledigen ihre Aufgabe blendend. Die Aromen sind präzis, klar und rot, Beeren geben den Ton an, mediterrane Kräuter ergänzen und wer an Tee denkt, macht auch keinen Fehler. Der eigentlich Kracher sind aber die zupackenden Gerbstoffe, die auf einer schnell eingerichteten Skala von 1-10 bei 9 liegen und dem Wein seine Richtung geben und ihn bündeln und ihm gleichzeitig eine immense Lebendigkeit, Energie und Saftigkeit verleihen.

Der DINAVOLO wird spontan vergoren, 30 Tage mazeriert und im Stahltank auf der Hefe über 12-14 Monate ausgebaut. Zugesetzt wird nichts, auch kein Schwefel, weggenommen auch nichts (kein Filtern oder Schönen).

Wer orangen Weinen beizeiten eine Chance gibt, sollte sich, so schwer das auch sein mag (es gibt ihn zurzeit weder in Österreich noch in Deutschland), ein paar Flaschen zulegen.


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