23 Okt 2019
Best of Frizzante – 10 Alternativen zum Prosecco
Italienische Schaumweine boomen, wobei man dieses Statement auch deutlich präziser formulieren kann. Das Prosecco und seine Frizzante boomen – und zwar so sehr, dass auch die frechen Gebietsvergrößerungsdiskussionen und Pestizidskandale sanft wie ein frischer Frühlingswind an ihnen vorbeistreifen und so schnell in Vergessenheit geraten wie die meisten Prosecchi, die man je im Glas hatte. Obwohl sich die meisten Händler, Supermarktketten, Wirtsleute und Tankstellenbetreiber vor allem am potenziellen Profit orientieren und bezüglich italienischer Frizzante folglich meist exklusiv auf Prosecco setzen, ist es erfreulich, dass sich viele gebietsfremde Winzer davon nicht irritieren lassen und dem süßlichen Kommerzsprudel für das gleiche Geld oft wesentlich hochklassigere Beispiele entgegensetzen.
10 Beispiele exzellenter Proseccoalternativen
Claudio Plessi, Tarbianein (Emilia-Romagna): Ein fantastischer, barocker, mundfüllender nur sanft sprudelnder Frizzante aus Trebbiano di Spagna, der Rebsorte, die ansonsten fast ausschließlich für Aceto Balsamico verwendet wird. (Leider nur vor Ort erhältlich)
Cirelli, Wines Of Anarchy (Abruzzen): Francesco Cirelli ist ein exzellenter Winzer, der normalerweise mit Stillweinen aus Montepulciano und Trebbiano punktet. Aus letzterer Rebsorte keltert er seit kurzem auch einen rifermentato, der rustikal und frisch nach Salz, weißen Blüten und gelben Früchten schmeckt. (wineyou.it – verschickt nach AT und DE)
Nevio Scala, Gargante (Veneto): extrem vitaler, feingliedriger und klarer Garganega-Sprudel aus den Colli Euganei vom ehemaligen italienischen Fußballnationalspielers und Trainer des BVB und AC Parma. www.vinonudo.at
Bera, Moscato d’Asti (Piemont): Der beste Moscato d’Asti, den ich kenne. So filigran, fein, und zurückhaltend, dass man die begleitende Süße nur als dezentes Detail wahrnimmt. Gianluigis Moscato ist, so unwahrscheinlich das klingen mag, ein leiser Wein, dessen florale und fruchtige Aromen sich hinter kühler Mineralität verstecken. Toll. (Leider habe ich keine Ahnung, wo man den Wein im deutschsprachigen Raum bekommen kann)
Ca’ de Noci, Querciole (Emilia-Romagna): Animierend, geradliniger und profunder Frizzante der Brüder Masini aus den Hügeln südlich von Reggio Emilia. Aus der wenig bekannten aber für Schaumwein prädestinierten Sorte Spergola gekeltert. Elegant und pulsierend, von Grapefruit und Tonic geprägt. Ungeschwefelt. www.vinonudo.at
Camillo Donati, La mia Malvasia (Emilia Romagna): Einer der Großmeister in Sachen natürlicher Schaumweinvinifizierung. Aromatisch, intensiv duftig, filigran und persistent. Macht Spaß und hat doch genug Charakter, um sich ein paar Gedanken darüber zu machen. (Findet sich bei einigen italienischen Händlern, die für gewöhnlich auch nach AT und DE verschicken.)
Castello di Stefanago, Blanc de Blancs ancestrale (Lombardei): Eigenwillige aber exzellente Cuvée aus Chardonnay, Müller-Thurgau und Riesling. Ein rifermentato mit einer Reifezeit in der Flasche wie ein Champagner. Ungefähr wie ein solcher – lebhaft, strukturiert, mit weißen Blüten und Hefearomen – schmeckt er dann auch. www.vinonudo.at
La Marca di San Michele, Numero Zero: Exzellentes Weingut aus Cupramontana, dem Epizentrum des Verdicchio. Daraus entsteht auch der Numero Zero, ein vitaler, mineralischer und von Blüten unterlegter Extra-Brut. Top. (aus Italien verschickt die Enoteca Galli)
Cascina Boccaccio Infernot (Piemont): 100% Cortese. Rifermentato. Ohne irgendwelche Zusätze in der Flasche vinifiziert. Ungeschwefelt und ungefiltert. Ein großer Trinkspaß. Fruchtig, dynamisch und für gewöhnlich knochentrocken.
Davide Spillare L1 (Veneto): Davides L1 riecht nach Holunderblüten und Zitrusfrüchten, ist dank eines fünfprozentigen Anteils der stark säurehaltigen Durella spritzig und lebendig und ansonsten doch von der weichen Textur der Garganega geprägt. www.vinonudo.at
Hintergrund
Der Launegild ist einer der ungewöhnlichsten Weißweine Italiens. Gleichzeitig ist er auch einer der besten, aber dazu später.
Das ungewöhnlichste am Launegild ist die Tatsache, dass die Rebsorte Chardonnay ist. Daraus werden in Italien zwar mehr Weine gekeltert als man glaubt, das meiste davon ist aber entweder eine anscheinend unumgängliche Begleiterscheinung zu einigen roten Supertuscans oder lieblos fabrizierte Supermarktware, bei der man auf die Zugkraft der Sorte und die Gleichgültigkeit der Konsumenten setzt. Die einzigen Chardonnays, die sich wirklich lohnen, stammen aus dem Aostatal, vor allem seid man dort zunehmend auf biologische Bewirtschaftung setzt.
Der Launegild kommt dagegen aus den Abruzzen, eine – wie mir immer klarer wird – völlig unterschätzte Weinbauregion (wer sich diesbezüglich ein bisschen Eintrinken will, sollte die Weine von Cirelli, Praesidium, Emidio Pepe, Rabasco, Valentini und natürlich De Fermo probieren).
De Fermos Chardonnay-Weingarten befindet sich in Loreto Aprutino auf halbem Weg zwischen der Adria und dem 2912 Meter hohen Gran Sasso, dem höchsten Berg zwischen den Alpen und dem Ätna. Gepflanzt wurde er erstaunlicherweise bereits 1926, also gut 50 Jahre bevor der Chardonnay-Boom die Sorte auch noch in die verstecktesten Winkel der Welt trug und zwar von einem Winzer, der ziemlich genau wusste, was er tat. Er setzte die Reben in einen von Kalk durchsetzten Hang – gut durchlüftet und beeinflusst von kühlen Fallwinden aus dem Gran Sasso Massiv finden sie dort einwandfreie Bedingungen vor.
Der Umstand, dass man bei De Fermo seit nunmehr zehn Jahren biodynamisch arbeitet, ist mit Sicherheit ebenfalls kein Nachteil und folglich kommen Jahr für Jahr Trauben in den Keller, mit denen es Spaß macht Wein zu keltern.
Stefano Papetti vergärt seinen Chardonnay spontan und füllt ihn danach in Tonneaux, wo er über die nächsten zwölf Monate in aller Ruhe sein Gleichgewicht findet.
Stil
Salzig, steinig, dicht und druckvoll. Mineralisch. Blüten & gelbe Frucht. Konzentriert, stoffig und dabei immer elegant. Fließt ruhig aber direkt über den Gaumen. Öffnet sich zunehmend mit Luft. Wer einen Vorrat davon in den Keller legt, macht mit Sicherheit keinen Fehler.