Aglianico

Wie so oft, wenn es um italienische Rebsorten geht, ist alles ganz anders als man denkt. Selbst ohne Studium der Altphilologie oder Linguistik liegt es nahe, die Herkunft von Aglianico in Griechenland zu verorten. Noch dazu, wo die Rebsorte nahezu ausschließlich in der Basilicata und in Kampanien zu finden ist, einstigen Hotspots der griechischen Besiedlung Italiens. Allerdings finden sich diesbezüglich tatsächlich recht wenig Belege und auch die Linguisten meinen, dass die laienhafte Ableitung von Elleniko zu Aglianico keine wirkliche Grundlage hat.

Es scheint vielmehr wahrscheinlicher, dass die große rote Rebsorte Süditaliens via Spanien in Kampanien eingetroffen ist. Erste Dokumente über die Rebsorte stammen erst aus dem frühen 16. Jahrhundert, einer Zeit als die spanischen Bourbonen bereits ihre lange Herrschaft über die Gegend angetreten hatten. Doch letzten Endes bewegt man sich auch diesbezüglich auf unsicherem Terrain, sodass der tatsächliche Ursprung der Sorte diffus bleibt.

Fester wird der Boden, wenn man behauptet, dass Aglianico zu den allerbesten roten Rebsorten Süditaliens gehört. Manche gehen soweit sie ganz oben auf dem Podest zu platzieren. Ian d’Agata, Autor von „Native Wine Grapes“, dem Standardwerk über italienische Rebsorten, geht noch einen Schritt weiter und stellt Aglianico auf dieselbe Stufe wie Nebbiolo und Sangiovese („It’s one of the world’s dozen or so best wine grapes.“)

Heute wird Aglianico in ganz Süditalien angebaut, wobei es mit Taurasi, Taburnio (beide Kampanien) und Vulture (Basilicata) drei große Zentren dafür gibt. Alle drei basieren auf vulkanischem Terrain, dem unbestritten besten Untergrund für Aglianico (wobei im kampanischen Cilento auch einige exzellente Version auf kalkdominierten Böden wachsen). Aglianico hat generell kleine Beeren mit dicken Schalen, die wenig fäulnisanfällig sind und eine lange Vegetationsperiode ermöglichen. Er wird selten vor Mitte Oktober gelesen, in manchen höhergelegenen oder nordwärts ausgerichteten Weingärten kann es auch später November werden. Ziemlich widerstandsfähig gegen herbstliche Wetterkapriolen und die meisten Pilzkrankheiten, machen ihm eher zu hohe Temperaturen zu schaffen – weshalb er nicht selten in erstaunlich hoch gelegenen Weingärten zu finden ist.

Anders als Nebbiolo oder Sangiovese ist Aglianico nur selten ein Wein, der von seinem Terroir erzählt, sondern selbst gerne im Mittelpunkt steht. Aglianico ergibt fast immer üppig-kräftige Weine, die von tiefer Frucht dominiert, oft einen erdig-steinigen Unterton haben und immer wieder auch von floralen Noten begleitet werden. Er hat viel Gerbstoff und noch mehr Säure, was ihn – sofern die Winzer es darauf anlegen – für eine lange Reifezeit prädestiniert. Im Optimalfall gehört Aglianico tatsächlich zu den besten Rebsorten des Südens. Der tritt allerdings seltener als erhofft ein. Viel zu oft hat man es leider mit zwar potenten aber dann eben doch nur erschlagenden und wenig nuancierten Weinen zu tun.

Eine Auswahl

Kampanien

La Cantina di Enza: Aglianico Passione
Luigi Tecce: Satyricon
Cantina Giardino: Nude
Cantina Giardino: Drogone
Casa Brecceto: Pitatza Aglianico
Contrada di Taurasi: Taurasi
Michele Perillo: Taurasi
Primalaterra: Primalaterra
Masseria Starnali: Conte di Galluccio
I Cacciagalli: Phos

Basilicata

Musto Carmelitano: Serra del Prete
Musto Carmelitano: Pian del Moro
Camerlengo: Camerlengo
Camerlengo: Antelio
Aglianico del Vulture „Grifalco“ Grifalco della Lucania

Apulien

L’Archetipo: Aglianico

Cantina Giardino

Die Cantina Giardino ist eines der legendären Projekte der italienischen Naturweinwelt. Offiziell ins Leben gerufen wurde sie 2003, doch startete Antonio di Gruttola, der einzige Önologe im 10-köpfigen Team bereits fünf Jahre früher mit ersten experimentellen Vinifizierungen, bei denen er auf jede Art von Zusatzstoffen verzichtete. Er folgte 1998 naturgemäß keiner Mode, sondern wies damals selbst den Weg.

Die Ausgangsidee für die Gründung der Cantina Giardino war allerdings nicht die, die ersten Naturweine Kampaniens in die Flasche zu bringen, sondern die ampelographische Vielfalt und Biodiversität in den Weingärten der Irpinia (der berühmtesten Weinbauregion Kampaniens) zu bewahren. Mitte der 1990er Jahre war das leichter gesagt als getan. Man befand sich damals in den Boomjahren internationaler Rebsorten. Allerorten wurden Cabernet & Co. ausgepflanzt. Die Arbeit an austauschbaren Klonselektionen wurde vorangetrieben. Selbst in den hintersten Winkeln Italiens predigten Vertreter der „schönen neuen Weinwelt“ deren Vorzüge und prophezeiten denjenigen den Untergang, die dieses Spiel nicht mitmachen wollten.

Antonio und seine Freunde spielten nicht mit. Im Gegenteil. Sie starteten mit ihrem Projekt, alte Weingärten vornehmlich alter Winzer ausfindig zu machen und ihnen ihre Trauben abzukaufen. Dafür reisten sie quer durch die Gegend und wurden immer wieder fündig. Sie stießen auf Weingärten mit alten Fiano- oder Coda di Volpe-Reben, auf Parzellen mit Piedirosso, Greco und vor allem Aglianico, der Königin unter den süditalienischen Rebsorten.

Diesem sozial-kulturellen Ansatz ließen sie einen ökologischen folgen. Sie bewirtschafteten ihre eigenen Rebflächen biologisch und überzeugten die Weinbauern, von denen sie Trauben bezogen, es ihnen gleichzutun. So entstand sukzessive eine immer intensivere und gleichzeitig sensiblere Beziehung zu ihrem Territorium, ihren Winzern und ihren Reben. Anfangs extrem kritisch beäugt, kapierten über die Jahre immer mehr Menschen die damit verbundenen positiven Konsequenzen: die Aufwertung autochthoner Rebsorten und Kulturtechniken und die Bewahrung ökologischer Inseln dank einer durchdachten und nachhaltigen Landwirtschaft.

Das Rebmaterial vinifizierten sie in der Folge wie bereits oben kurz erwähnt und bauten es in Hölzern der Umgebung aus. In den letzten Jahren kamen auch mehrere Amphoren hinzu, die aus eigenem Ton von einem befreundeten Töpfer hergestellt werden. Das Resultat sind heterogene und oft brillante Weine, die viel von ihrer Region aber auch von ihren Schöpfern erzählen.


Antonio/Daniela di Gruttola
Adresse: Via Petrara 21b, Ariano Irpinia
Telefon: +39 0825 873084
E-mail: info@cantinagiardino.com
Webseite: www.cantinagiardino.com

 

Weine – eine Auswahl

Coda di Volpe rosa: Ein ganz großer Rosato aus Coda di Volpo rosso, einer raren Rebsorte mit dicker Schale und ausgeprägter Aromatik. Wird über zwei Tage mazeriert und danach für ein Jahr im Kastanienholz ausgebaut. Dichter, stoffiger und aromatischer als nahezu alle anderen Rosati, die ich kenne. Hat Zug und Druck, Körper und Vitalität, Energie und Trinkfluss. Exzellent. (€ 23)

Paski: Coda di Volpe gibt es auch in weiß, tatsächlich ist er in weiß wesentlich bekannter. Wächst auf 450 Metern Höhe in Kalk, die Reben sind 60 Jahre alt. 30% der Charge werden kurz im Kastanienfass ausgebaut und danach mit den restlichen Trauben für ein weiteres im Stahltank vereint. Spielerisch, unbeschwert, feingliedrig, dank einer kurzen Mazeration auch griffig, und strukturiert, mit Blüten- und Steinobstnoten. (€ 22)

Le Fole: Aglianico aus Montemarano, auch Heimat der Cantina di Enza. Wird über in gut 40 Tage mazeriert und in Holz und Stahl ausgebaut. Dunkel. Frisch, saftig, strukturiert. Hat Kraft und energie. Bleibt auch am Gaumen dunkel und intensiv. (€ 18)

Drogone: Abermals Aglianico, allerdings von älteren Reben und einem sich über drei Jahre hinziehenden Ausbau. Riecht nach mediterranen Kräutern und reifen Beeren. Macht Druck. Hat Substanz, spürbar präsente Tannine und einen nachhaltigen Abgang.   

Nude: Aglianico zum Dritten. Das rote Opus Magnum der Cantina Giardino. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der wein noch produziert wird. Das Sortiment fluktuiert fortwährend. Jedenfalls gibt es noch diverse ältere Jahrgänge auf dem Markt. Der jüngste scheint 2011 zu sein. Im Nude wird Aglianico komplett ausgereizt. Die Lese ist spät, der Kontakt mit den Schalen lang, der Ausbau zieht sich über Jahre, der Alkohol ist hoch und die Aromen intensiv und eindrücklich. In der Mitte des Gaumens befindet sich ein profunder Säurekern, der dem Wein Struktur gibt. Alles hier ist kraftvoll und mächtig und doch dynamisch und voller Spannung. Kein Wein für alle Tage. Gelegentlich macht sowas aber schon Spaß.


Rebsorten: Coda di Volpe bianco und rosso, Fiano, Greco, Aglianico, Piedirosso
Rebfläche: 7 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto, callmewine, wineyou

AT/DE/CH: –

 

Primalaterra

Primalaterra – zuerst das Land – heißt das Weingut von Salvatore Magnoni. Entstanden ist der Name nicht, wie man annehmen könnte, aus der Bedeutung, die das Land und alles was dazugehört für ihn hat, sondern als Antwort auf eine Frage.

Die stellte sich, als Salvatore nach Jahren als DJ und Plattenverkäufer sich ins Cilento, genauer nach Rutino zurückzog und dort einen restaurierungswürdigen Hof mit 35 Hektar verwilderter Oliven- und Weingärten übernahm. Er machte sich Gedanken darüber, womit er eigentlich anfangen sollte und entschied sich letztlich dafür, prima la terra, zuerst das Land, wieder instandzusetzen.

Das steigt im Cilento erst sachte und dann rapide vom Meer bis auf 2000 Meter an. Salvatores Weingärten befinden sich ca. auf 300 Metern, ohne dabei je allzu steil zu werden. Bepflanzt sind sie mit Aglianico, Kampaniens wichtigster Sorte, von der einige meinen, dass sie neben Nebbiolo Italiens beste rote Rebsorte sei. Anders als im Rest der Region basieren Stefanos Weingärten nicht auf vulkanischem Untergrund, sondern einem Ton-Kalk-Gemisch, was für die notorisch opulente Sorte alles andere als ein Nachteil ist, macht es sie doch ein wenig straffer und geradliniger – wobei sich auch Stefanos Interpretationen mit ihren 14-15% Alkohol für keinen Kindergeburtstag eignen.

Nachdem er mit dem Land fertig war, hat sich Stefano dem Hof gewidmet und auch diesen, mitsamt seinem alten Keller, restauriert. Darin entstehen gegenwärtig lediglich zwei Weine – beide aus Aglianico – die er in Stahltanks vergärt und danach in Holz ausbaut. Auf Zusatzstoffe verzichtet er komplett (auch auf Schwefel), allerdings filtert er die Weine grob (damit sich keine Insekten oder Schmutz im Wein wiederfinden). Primalaterra befindet sich zwar abseits der üblichen kampanischen Weinpfade, seine Weine gehören allerdings zu den besten der Region.


Salvatore Magnoni
Adresse: Via Fratelli Magnoni, 11, 84070 Rutino
Telefon: 329 8125129
E-mail: info@primalaterra.it
Webseite: www.primalaterra.it

 

Weine – eine Auswahl

Rosso del Ciglio: Aglianico von 20 Jahre alten nach Süden schauenden Reben. Über 10 Tage auf der Maische belassen und danach sanft abgepresst. In Tonneaux und gebrauchten Barriques ausgebaut. Wirkt trotz seiner 14,5% Alkohol bekömmlich und ausgewogen, mit Trinkfluss und einem spürbaren, lenkenden Säurekern. Wirft sensorisch rote Beeren, Pfeffer, Tabak und mineralische Nuancen in die Waagschale. Reift mit Sicherheit blendend. (ca. € 15)

Primalaterra: Salvatore Magnonis Flaggschiff. Wird etwas später als der Rossi del Ciglio gelesen. Bleibt für 20 Tage auf der Maische und wird danach über 22 Monate in 1000 Liter Fässern gereift. Vereint Power mit Energie und Dynamik. Hat wie auch sein kleiner Bruder einen strukturierenden Säurekern und keine allzu fordernden Tannine. Wirkt trotz seiner Wärme und den üppig, reifen Aromen fokussiert und kompakt. Fließt lang und weich über den Gaumen. Brillant. (ca. € 24)


Rebsorten: Aglianico
Rebfläche: 8 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: vinisud, si-wine

AT/DE/CH: –

 

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Podere Veneri Vecchio

Raffaello Annicchiarico gehört zu den interessantesten Persönlichkeiten im kampanischen Weinbau. Eigentlich diplomierter Mikrobiologie hat er 1999 sein Lager in Castelvenere im Norden Kampaniens aufgeschlagen und seither mit seinen Weinen und Ideen vielen jungen Winzern, die sich der Naturweinbewegung nahe fühlen, den Weg gewiesen.

Anfangs lediglich als Traubenproduzent tätig, fing er schnell Feuer für den kompletten Herstellungsprozess (wer kann das einem Mikrobiologen verdenken). Er baute sich einen Keller und begann mit ersten Vinifikationen, die im Laufe der Zeit zu immer erstaunlicheren Weinen führten. Basis dafür sind vier Hektar Weingärten, die er in blühende Ökosysteme verwandelt hat und eine Handvoll Rebsorten, die es bisweilen nur noch in seinen Weingärten und sonst nirgendwo mehr auf der Welt gibt: die extrem raren Cerreto, Grieco und Agostinella werden von den gleichfalls nicht allzu oft anzutreffenden Sciascinoso, Piedirosso und Barbera del Sannio ergänzt. Deren Pflege ist konsequent biologisch, belässt es aber nicht dabei. Zur Stärkung der Reben arbeitet Raffaello mit Essenzen aus fermentierten Brennnesseln und Schachtelhalm – er versucht derart auch den Einsatz von Kupfer und Schwefel zu reduzieren.

Als Mitglied von vinnatur ist Raffaello im Keller dessen Regulativ verpflichtet. In wenigen Worten bedeutet das, dass er auf alle Zusatzstoffe außer ein wenig SO2 vor der Füllung verzichtet. Der Ausbau findet in Hölzern der Region (Akazie, Kirsche, Kastanie) statt. Er schönt und filtert nicht.


Raffaello Annicchiarico
Adresse: Via Veneri Vecchio 1, Castelvenere
Telefon: 340 5869048
E-mail: venerivecchio@libero.it
Webseite: www.venerivecchio.com

 

Weine – eine Auswahl

Wer sich für die Nischen italienischer Rebsortenwelten interessiert, ist bei Raffaello Annicchiarico bestens aufgehoben. Die Reben sind zwischen 30-60 Jahre alt. 

Tempo dopo Tempo: Cuvée aus Grieco und Cerreto, zwei traditionellen und extrem raren Sorten des Sannio Benevento. Auf den Schalen vergoren. In Stahl und Kastanienfässern gereift. Leicht und frisch. Fruchtig und floral. Zitrus, Bananen. Von einer vitalen Säure getragen. Straff und stringent.

Bella Ciao Agostinella: 100% Agostinella; 40 Jahre alte Reben auf vulkanischem Untergrund gewachsen. 25 Tage auf der Maische. In Kirsch- und Kastanienfässern vergoren und im Stahltank ausgebaut. Zitrus und frisch geschnittene Kräuter, Blüten. Im Mund saftig, fast fleischig, jedenfalls dicht und substantiell. Endet weich, mineralisch und rauchig.

Frammenti di Terra: 100% Sciascinoso. Super Sorte. Zumindest in Raffaellos Händen. Lange Mazeration. Erst in Stahl, danach in gebrauchten Barriques ausgebaut. Erdig, Unterholz, Veilchen, Pilze. Rote Früchte. Hat Substanz, bleibt aber stets elegant. Hat eine durchaus präsente Säure, die ihm Richtung gibt. Dynamisch. Balsamischer Abgang. Sehr gut. 

Perdersi e Ritrovarsi: Cuvée aus Barbera del Sannio, Aglianico, Piedirosso. Ganz ähnlich wie der Frammenti di Terra vinifiziert. Hat Kraft und Energie. Ist von einer tiefen Frucht geprägt. Addiert im Laufe der Zeit auch noch balsamische Noten und eine leichte Würze hinzu. Fließt ruhig und ausgewogen über den Gaumen. Endet weich und intensiv. 

Rebsorten: Grieco, Cerreto, Agostinella, Falanghina; Sciascinoso, Barbera del Sannio, Piedirosso, Aglianico, Sangiovese
Rebfläche: 4 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel, Pfalnzenessenzen
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto, wineyou

AT/DE/CH: –

 

Tintore

Tintore gehört in die seltene Kategorie jener Trauben, die dunkle Haut mit dunkelrotem Fruchtfleisch kombinieren. In Frankreich hat man dafür den Namen Teinturiers geprägt. In diese Gruppe gehören so große Namen wie Grand Noir de la Calmette, Morrastel Bouschet, Petit Bouschet und in Deutschland der phänomenale Dunkelfelder. Am bekanntesten dürfte allerdings tatsächlich – dank des Booms georgischer Weine – Saperavi sein.

In Italien sind es – nomen est omen – Colorino und seine verschiedenen Spielarten (die aus ihnen gekelterten Weine sind so intensiv, dass man sie lange Zeit als Farbstoff benutzt hat) und eben Tintore. Tinto bedeutet im südlichen Italien „gefärbt“, der Tintore ist ein „Färber“ und Tintoretto (*1519 – †1594) hat sich seinen Namen nicht, wie man naheliegenderweise vermuten könnte, dank seiner Fähigkeiten als Maler erarbeitet, sondern aufgrund der Tatsache, dass er den Sohn eines Tintore, eines Färbers, war (wer sich nur ein wenig für die Geschichte italienischer Weine interessiert, sollte sich unbedingt Ian d’Agatas großartiges Buch Native Wine Grapes of Italy zulegen, aus dem auch diese Information stammt).

Tintore wächst ausschließlich in der Gegend rund um Tramonti, ein wenig südlich des Vesuvs, in Kampanien. Eine seine weiteren Besonderheiten ist, dass seine Reben oft schon vor Jahrzehnten und teils auch Jahrhunderten gepflanzt wurden, weshalb man es in Tramonti bisweilen noch mit Rebmaterial zu tun hat, dass ungepfropft in der Erde wurzelt (angeblich sind die ältesten Rebstöcke in Tramonti über zweihundert Jahre alt).

Tintore funktioniert sowohl Rosé wie auch als Rotwein ganz exzellent, wobei ersterer ganz einfach wie Weißwein abgepresst wird, dank seines roten Fruchtfleischs aber dennoch eine Farbintensität hat, um den ihn so mancher Pinot Nero beneiden würde.

Die Rotweine haben für gewöhnlich eine tiefe rote Kirschfrucht und eine süße Gewürznote und wirken aufgrund ihrer lebhaften Säure stets frisch und einladend.

Die Weine

Viel gibt es davon nicht. Ein paar Hektar und ein paar Tausend Flaschen. Alles, was ich bisher davon probiert habe, lohnt sich, insbesondere die Weine von Monte di Grazia.

Monte di Grazie: Rosato

Monte di Grazia: Rosso

Reale: Borgo di Gete

Tenuta Francesca: È Iss

Crepapaglia

Bis Antonello Canonico sich 2017 mit seinem Projekt Cretapaglia selbstständig machte, war er Teil eines avantgardistischen Dreigestirns (er, Dino Briglio und  Emilio Di Cianni), das mit dem Weingut L’Acino mächtig Staub aufwirbelte – kalabrischen Staub. 

Kalabrischer Wein war zwar dank Francesco di Franco von A’Vita in Cirò Marina erst vor Kurzem wieder auf die vinophile Landkarte von ein paar Insidern zurückgekehrt, doch in San Marco Argentano, dort wo L’Acino seine Reben hat, war  in den letzten 2000 Jahren tatsächlich recht wenig passiert.

San Marco Argentano liegt hoch oben am Osthang der Montagna Magna, einer eindrucksvollen Erhebung im nördlichen Teil der Region. Dort hatten die drei begonnen, Mantonico, Magliocco, Zibibbo, Greco Nero und Guardavalle zu vinifizieren und zwar in Qualitäten, die selbst den Kalabrien nicht immer zugeneigten Norden Italiens aufhorchen ließ. Umso erstaunlicher war es also, als Antonello 2017 nach 10-jähriger Kollaboration aus dem immer erfolgreicher werdenden Projekt ausstieg und in eigener Sache zu arbeiten begann. Nachteil war es freilich keiner. Nachdem er sich kaum von der Stelle bewegt hat, gibt es nun statt einem gleich zwei exzellente Weingüter im Ort.

Zur Verfügung stehen ihm insgesamt drei Hektar, nahezu ausnahmslos vor Jahrzehnten verlassene Weingärten, Relikte einer massiven Emigration aus einer der ärmsten Gegenden des Landes. Bei der Wiederinstandsetzung der Parzellen baut Antonello auch auf den Rat der übrig geblieben Dorfbewohner.

Obwohl die Zone naturgemäß heiß und trocken ist, bekommt er leichtfüßige und vitale Weine in die Flasche. Das liegt zum einen an den Rebsorten, die sich über Jahrhunderte hinweg an die Bedingungen gewöhnt haben, zum anderen aber auch an der Höhe (600 Meter) und dem stets über die Hänge pfeifenden Wind.

Die Arbeit im Keller beschränkt sich auf das Wesentliche. Antonello vergärt spontan, setzt bei Weiß- wie Rotweinen auf eher kurze Mazerationszeiten und reift seine stets ungeschönten und ungefilterten Weine größtenteils in Zement oder Holz.

Weine – eine Auswahl

Strampalto: Eine rote Cuvée aus Mantonico und Magliocco, zwei Klassikern der Gegend. Wird relativ spät gelesen und danach über eine gute Woche auf den Schalen belassen. Reift über ein knappes Jahr in Holz. Warm, dunkel, strukturiert. Kräuter dominieren. Macht ordentlich Druck am Gaumen. Griffiges und durchaus präsentes Tannin. Hat Substanz ohne je opulent zu werden. Exzellent.

Forse sono fiori: Der Name bedeutet auf Deutsch „vielleicht sind es Blumen“. Und vielleicht sind sie es ja tatsächlich, allerdings eher welke, was aber auch sehr schön ist. Die Rebsorte heißt Guardavalle und ist, meines Wissens, auf die Gegend beschränkt. Vinifiziert wird sie über 48 Stunden auf den Schalen in Eichenholzfässern. Riecht nach kandierten Früchten, den erwähnten welken Blüten und Erde. Wirkt am Gaumen straffer als es die Nase vermuten lässt. Endet gebündelt, strukturiert und intensiv.


Antonello Canonico
Adresse: Via XX settembre, 88, San Marco Argentano
Telefon:
E-mail:
Webseite:


Rebsorten: Mantonico, Magliocco, Zibibbo, Greco Nero und Guardavalle
Rebfläche: 3 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto, wineyou, vini-bio

AT/DE/CH: –

 

A'Vita

Francesco de Franco ist einer der vielen Quereinsteiger in die Naturweinwelt. Bevor er Anfang der 2000er Jahre beschloss, nochmals die Schulbank zu drücken und Önologie zu studieren, war er 20 Jahre in Florenz als Architekt unterwegs. Mit dem fertigen Wein-Diplom in der Tasche kehrte er der Toskana allerdings den Rücken und zog in seine alte Heimat, nach Kalabrien, zurück.

So wichtig dieser Schritt für ihn persönlich gewesen sein mag, so wichtig war er auch für die Region. Die hatte zwar in Sachen Wein eine beeindruckende Geschichte, doch wartete sie bereits seit Jahren und Jahrzehnten darauf, dass sie jemand aus ihrem ewig scheinenden Schlaf wachküsste. Francesco und seine Gefährtin Laura Violino taten genau das.

Sie schlugen ihre Zelte in Cirò auf und begannen mit dem Jahrgang 2008 Weine zu keltern wie sie Kalabrien lange nicht gesehen hatte. Dabei stützten sich die beiden auf ein Ideengerüst, dass der Natur das erste und letzte Wort überließ und mit dem Gaglioppo auf eine Rebsorte, die zweifellos zu den besten Süditaliens zählt und in den richtigen Händen elegante, strukturierte und vielschichtige Weine ergibt. Dazu gesellte sich im Laufe der Zeit auch noch ein Weingarten mit Greco bianco, aus dem Francesco und Laura mittlerweile auch noch einen exzellenten Weißwein keltern.

Insgesamt bewirtschaften die beiden heute acht Hektar Rebflächen, die größtenteils in Tonböden wurzeln und sowohl vom nahegelegenen Meer wie auch vom im Hintergrund liegenden, knapp 2000 Meter hohen Sila-Gebirgszug geprägt sind. Im Keller wird nach den Prinzipien der Naturweinbewegung vinifiziert.

Das Engagement der beiden und die Bereitschaft ihr Wissen und ihre Ideen auch mit anderen zu teilen, hat dazu geführt, dass Kalabrien ganz generell und Cirò im besonderen mittlerweile zu den spannendsten Weingegenden des italienischen Südens gehören.


Francesco de Franco – A’Vita
Adresse: S.S. 106 Km 279,8 – 88811 Cirò Marina
Telefon: 329 0732473 – 333 5259647
E-mail: avita.info@gmail.com
Webseite: avitavini.blogspot.com

 

Weine – eine Auswahl

Leuko: Weißwein aus 85% kurz mazeriertem Greco bianco und einem kleinem Teil sofort abgepresstem Gaglioppo. Spontan vergoren und im Stahltank über acht Monate vergoren. Riecht und schmeckt nach mediterranen Kräutern, Zitrusfrüchten und warmer Erde. Ist weich und ausgewogen, mit einem erstaunlich belebenden Säurekern.

Rosato: Gaglioppo ergibt exzellente Rosati, weshalb eigentlich jeder Winzer der Gegend einen davon in petto hat. Francescos Version vereint Tiefe und Eleganz, riecht nach Erdbeeren und Macchia und endet strukturiert und fein salzig.

Rosso A’Vita: Gaglioppo wird ganz gerne auch Nebbiolo des Südens genannt und warum das so ist, kann man bestens im Rosso nachvollziehen. Über zwei Jahre im Stahltank ausgebaut und wie alle seine Weine weder geschönt noch gefiltert, erinnert er aromatisch an welke Rosen, Laub und reife Kirschen und baut auf einer warmen gleichsam aber auch stringenten Textur. Sehr gut.

Cirò Rosso Classico superiore Riserva: Francesco Opus Magnum. Abermals 100% Gaglioppo. Wird über 12 Monate im großen Holzfass ausgebaut. Hat Substanz, Kraft und ordentlich Energie, ohne dabei an Trinkfluss und Linearität einzubüßen. Ist aromatisch tiefgründig, vielschichtig und zutiefst mediterran. macht bei jedem Schluck Freude. Kalabriens Nummer eins.


Rebsorten: Gaglioppo, Greco bianco
Rebfläche: 8 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine, decanto.it, gallienoteca

AT/DE/CH: –

 

Terre di Gnirega

Terre di Gnirega gehört zu den sympathischsten Projekten im Valpolicella. Ins Leben gerufen wurde es bereits vor gut 100 Jahren von Urgroßvater Cristoforo, weshalb sich das Wort Projekt eigentlich verbietet, richtig spannend wurde es allerdings erst vor knapp vier Jahrzehnten, als Luigi Aldrighetti die Ruder am Weingut übernahm, es auch in der Hochzeit konventioneller Weingartenbewirtschaftung stur biologisch bewirtschaftete und das 1989 auch offiziell machte.
2010 betrat dann mit Francesco die jüngste Generation die Bühne. Anfangs unterstützte er seinen Vater bei der Arbeit im Keller und im Weingarten, seit 2014 ist er alleiniger Chef. Damals gab er dem Weingut seinen heutigen Namen und begann sich zunehmend (und deswegen passt das mit dem Projekt schon) an den Ideen der Naturweinbewegungen zu orientieren.
Das macht sich weniger in den Weingärten als vielmehr im Keller bemerkbar, wo Francesco ausschließlich spontan vergärt, die Weine ungefiltert und nur mit minimalem Schwefelzusatz füllt. Der Terroir, das Francesco zur Verfügung steht, befindet sich auf gut 300 Metern Seehöhe in Marano di Valpolicella, ist von Kalk und Ton und zu einem ganz wesentlichen Teil vom kühlen Wind geprägt, der aus den Monte Lessini durch das Tal in Richtung Verona pfeift.
Terre di Gnirega ist Teil der siebenköpfigen re-valpo Truppe.


Francesco Aldrighetti
Adresse: Via Gnirega 7, Marano di Valpolicella
Telefon: 39 333 7701122
E-mail: terredignirega@gmail.com
Webseite: www.terredignirega.it


Rebsorten: Corvina, Corvinone, Molinara, Rondinella
Rebfläche: 3,5 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto.it

AT/DE/CH: –

 

Weine – eine Auswahl

Francescos Valpolicella und Amarone sind klassischen Interpretationen der Region – mit der großen, ihm zum Vorteil gereichenden Ausnahme, dass er – und das ist im Valpolicella leider nur selten der Fall – keine Additiva in der Weinbereitung verwendet.

Der Ausbau seiner beiden Valpolicella (classico und ripasso) findet über zweit Jahre im Stahltank statt, der Amarone landet für vier Jahre in großen Eichenholzfässern. Die Preise aller Weine sind für Valpolicellaverhältnisse mehr als fair.

Valpolicella: Aus Corvina, Corvinone, Molinara und Rondinella gekeltert. Ganz der Tradition klassischer Valpolicella verpflichtet, ist Francescos Version leicht, bekömmlich, vital und delikat. Ein stets willkommener Essensbegleiter, den man sich auch schon zu Mittag einschenken kann. (ca. € 9)

Valpolicella Ripasso: Der Ripasso beruht auf der gleichen Basis wie der Valpolicella. Er wird jedoch im März nach der Ernte ein zweites Mal mit den Trestern des Amarone vergoren – was ihm naturgemäß zusätzliche Substanz und Aromen verleiht, allerdings an der eleganten und präzisen Grundstruktur nichts ändert. (ca. € 14) 

Amarone: Der gegenwärtige Amarone stammt aus dem Jahr 2013, hat 16,6% Alkohol und 7 Promille Säure. Das ist doppelt kompromisslos und ergibt folglich ein fantastisches Ping-Pong aus Frische und Substanz. Getrocknet wurden die Trauben über 123 Tage, danach wurde der Wein über 28 Tage mit den Schalen vergoren, über vier Jahre im Fass und ausgebaut und letztlich ungefiltert und mit einer Schwefelung von 10mg/l gefüllt. Er ist dicht, vielschichtig, lebhaft, kraftvoll, erstaunlich belebend, hat Trinkfluss und eine beeindruckende Länge. Top. (€ 27)

Corte Sant'Alda

Marinella Camerani zeigt seit Jahren, wie es im Valpolicella eigentlich laufen sollte. Sie gehört zu den gewichtigsten Stimmen einer alternativen und nachhaltigen Weinkultur und bringt zudem Weine in die Flasche, die zu den besten der ganzen Region gehören.

Sie ist seit 2003 biologisch und seit 2011 biodynamisch zertifiziert, die Idee ihren Zugang im Weingarten verändern zu müssen, kam ihr allerdings bereits 1985 – ziemlich zeitgleich mit dem Auftauchen von Elisabetta Foradori, die das Trentino eigenhändig veränderte und mit der sie gewisse gedankliche Ähnlichkeiten aufweist.

Heute blüht und gedeiht alles prächtig in ihren 19 Hektar Weingärten, die sich größtenteils rund um das Weingut in Mezzane di Sotto spannen. Zwischen den Rebreihen wachsen unter anderem Rucola, Minze und Kamille, wilde Pflanzen der Umgebung, die der Monokultur Wein ein Vitalität und Vielfalt entgegensetzen. Der menschliche Einsatz im Weingarten reduziert sich mittlerweile auf ein zurückhaltendes Begleiten, in der notwendige Interventionen einzig und allein auf natürlicher Basis stattfinden.

In ihren insgesamt 13 Parzellen geben die klassischen Sorten des Valpolicella den Ton an, wobei neben Corvina vor allem auch Rondinella erstaunlich viel Platz gewidmet ist. Zwei Weingärten reichen auch ins benachbarte Soave hinüber, sodass Marinella auch über eine kleine aber feine Charge Weißwein verfügt.

Die Böden sind mager und basieren auf Kalk, was den Weinen generell eine gewisse Straffheit mit auf den Weg gibt und die grundsätzlich opulente Textur speziell des Amarone aber auch des Ripasso bündelt. Jenseits der Geologie spielt auch das Klima eine tragende Rolle, was angesichts der hoch aufragenden Monte Lessini im Hintergrund schnell offensichtlich wird – von ihnen strömen speziell in der Nacht immer wieder frischen Luftmassen durch die Weingärten und relativieren die gerade im Sommer oft sehr hohen Temperaturen.

Kontakt

Marinella Camerani
Adresse: Via Ca’Fioi 1
Telefon: +39 045 8880477
E-mail: info@camerani.wine.it
Webseite: www.cortesantalda.com


Rebsorten: Corvina, Corvinone, Rondinella, Molinara, Garganega, Trebbiano di Soave, Chardonnay
Rebfläche: 19 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biodynamisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: ja


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine

AT/DE/CH: –

Weine – eine Auswahl

So wie Marinella draußen im Freien sukzessive neues Terrain erschlossen und sukzessive von der konventionellen zur biologischen und weiter zur biodynamischen Bewirtschaftung vorgestoßen ist, hat sie auch im Keller agiert – wobei im Weingarten wie auch bei der Vinifizierung neuen Ideen stets Platz gewährt wird. Grundsätzlich spiegelt ihr Sortiment die Agenda des Valpolicella wieder – es gibt zwei exzellente Valpolicella classico, einen Ripasso, einen Amarone und einen Recioto –, daneben finden sich aber auch ein in der Amphore vinifizierter Rosato (der einzige, den ich kenne) und ein lange auf der Maische vergorener Garganega. Alle Weine werden mit wilden Hefen spontan vergoren, nicht geschönt und ungefiltert und mit wenig SO2 gefüllt.

Valpolicella Ca’Fiui: Corte San’Aldas Einstiegsvalpolicella stammt von Weingärten, die sich alle mehr oder weniger auf 350 Meter Seehöhe befinden und in die Morgensonne schauen. Nach einer Maischezeit von 15-20 Tagen wird der Wein über ca. 10 Monate in großen Holzfässern ausgebaut. Er ist rotfruchtig, vital, druckvoll und elegant und viel besser als das, was man sonst im Basissegment des Valpolicella bekommt.

Agathe: Eine Rosé aus 100% Molinara – letztere Sorte eignet sich dank ihrer straffen Säure und ihrem filigranem Körper perfekt für Rosé – die Mazeration ist aufgrund der sehr zurückhaltenden Farb- und Gerbstoffe lange. Vergoren und gereift wurde der Wein in einer 500-Liter fassenden Amphore. Er ist floral, rotbeerig, leicht würzig, frisch und belebend.

Inti: Inti bedeutet auf Quechua Sonne und bezieht sich auf die Farbe des reinsortigen Garganega. Die tendiert leicht ins orange, was seinen Grund in einer 40-tägigen Maischestandzeit hat. Ausgebaut wird der Wein über ca. 10 Monate in einem Betonbecken. Die Struktur ist straff und unterlegt von Gerbstoff. Honig, Kräuter und Zitrusfrüchte prägen das Aromaprofil. 

Valpolicella Ripasso Campi Magri: Hochklassige Ripasso Version. Nach einer ersten Vinifikation wird der Wein mit den Trestern des Amarone ein zweites Mal vergoren. Der nachfolgende Ausbau findet über zwei Jahre in Kirschholzfässern statt (Kirschen sind das zweite ganz wichtige landwirtschaftliche Produkt aus dem Valpolicella). Der Ripasso wirkt warm, ruhig und einladend, er ist von süßen Gewürzen und roten Früchten geprägt, lang und eindrücklich. Sehr gut.

Amarone della Valpolicella: Klassisch produzierter Amarone. Die Trauben (40% Corvina, 40% Corvinone, 20% Rondinella) werden bereits im Weingarten selektiert, wobei nur optimales Material in die Holzkisten wandert, die später in einem speziellen, bestens durchlüfteten Raum über drei Monate luftgetrocknet werden. Nach der rund um Weihnachten stattfindenden Gärung wird der Wein über vier Jahre in unterschiedlich großen Eichenholzfässern ausgebaut und riecht danach nach Tabak, Tee, süßen Gewürzen und reifen roten Früchten. Er ist korpulent, samtig und weich und dabei doch druckvoll und direkt. Wie eigentlich immer bei exzellenten Amarone lohnt sich ein wenig Geduld.

Piana dei Castelli

Weit muss man nicht fahren, um von Rom aus direkt ab-Hof Weine einkaufen zu können. Velletri , an den Ausläufern der Castelli Romani bietet sich beispielsweise an, wo Matteo Cerrachi dem Weingut seiner Vorfahren ein eigenes hinzugefügt hat – ein Paralleluniversum quasi, ein Ort an dem er seinen Ideen freien Lauf lassen kann.

Nach einem Önologiestudium in San Michele all’ Adige kehrte er nach Hause zurück, wollte jedoch eigene Wege gehen, weit weg vom konventionellen Weinbau, der die Zone seit viel zu langer Zeit prägt. In insgesamt 11 Kommunen der näheren Umgebung hat er Mikroflächen gepachtet, deren Terroir und Rebsortenspiegel extrem heterogen sind. Auf vielfältigen jedoch meist vulkanischen oder auf Kalk basierenden Bodenformationen und in unterschiedlichen Höhenlagen kultiviert er italienische (Grechetto, Cesanese, Malvasia, Sangiovese, Trebbiano Giallo, Montepulciano) wie internationale Sorten (Sauvignon Blanc, Riesling, Merlot). Die Weingartenarbeit ist strikt biologisch.
Im Keller experimentiert er mit unterschiedlichen Maischestandzeiten, eigenwilligen Cuvetierungen, kleinen und größeren Fässern, kurzen und längeren Ausbauzeiten und vielem mehr. Einigende Nenner gibt es naturgemäß: alle Weine sind spontanvergoren, ungeschönt und ungefiltert


Matteo Cerrachi
Adresse: Via Fontana Acquavivola, 7, 00049 Velletri RM


Rebsorten: Grechetto, Cesanese, Malvasia, Sangiovese, Trebbiano Giallo, Montepulciano, Pinot Grigio, Sauvignon Blanc, Riesling, Merlot
Rebfläche:
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein

 

Weine - eine kleine Auswahl

Follia: Blend aus teils überreifen Grechetto, Malvasia, Trebbiano Giallo, Riesling  und Sauvignontrauben. Über vier Tage kaltmazeriert. Über 24 Monate in Zement ausgebaut. Floral und fruchtig. Erstaunlich elegant und klar.

Cesare Spumante Rosato: aus 50% Cesanese und 50% Cabernet Franc. Nach 12-monatigem Ausbau findet die Zweitgärung in der Flasche statt. Der Spumante wird nicht degorgiert und folglich nicht dosiert. Knackfrisch, lebendig, pulsierend. Rotbeerig, leicht kräuterig. Top-Spumante.

Marte Spumante: Matteos zweiter Spumante, diesmal in weiß, aus Passerina fabriziert und dem gleichen Schema wie der Rosato folgend. Zitrusnoten, Kräuter, lebhaft, druckvoll, salzig. Sehr gut.

Grigio: Pinot Grigio. Nicht unbedingt oft in der Zone rund um Rom anzutreffen. Schmeckt auch eher friulanisch. Hat zwei Tage auf der Maische verbracht und dort Struktur, Körper und Vitalität akkumuliert. Riecht nach Kamille und Kapern. Dicht und engmaschig am Gaumen.

Matteo keltert noch ein halbes Dutzend mehr Weine, die ich allerdings leider nicht kenne.


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: decanto.it, wineyou

 

 

Davide Xodo

Davide Xodo ist Önologe. Er hat Zeit seines Lebens mit Wein gearbeitet, sein eigenes Weingut besitzt er allerdings erst seit wenigen Jahren. 2018 pachtete er die Weingärten von Ermidio Piva, einem alteingesessenen Winzer in den Colli Berici, eine jener Zonen des Veneto, die kaum jemand kennt, die sich aber in jeder Hinsicht zu entdecken lohnen. 

Die Gegend wurde vor Jahrhunderten vor allem von den Venezianern geschätzt, die speziell im Sommer gerne die feuchtheiße Lagune verließen, um in den Hügeln Abkühlung zu finden. Sie bauten sich Villen, legten Gärten an und setzten nicht selten Reben in die Erde. Sie führten damit eine Weinkultur fort, die stets von auswärtigen Einflüssen geprägt war – bestens ablesbar ist das anhand der Rebsorten, die in Davides Weingärten wachsen. Auf gerade einmal zwei Hektar trifft man dort auf Tai Rosso (Cannonau/Grenache), Merlot, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Carmenére, Garganega, Glera, Pinot Bianco, Tai Bianco (früher Tokaj) und Malvasia Istriana. Die französischen Sorten inklusive Carmenére wurden angeblich im 19. Jahrhundert von venetischen Erntehelfern aus dem Bordeaux mitgebracht und ausgepflanzt. 

Davide versucht für alle das perfekte Gleichgewicht zu finden und geht dabei im Weingarten wie auch im Keller hochindividuell vor. Jeder Weingarten und jede Rebsorte hat ihre ganz eigenen Attribute und die gilt es zu erkennen und herauszuarbeiten. 

Grundsätzlich gültig ist ein biologischer Ansatz und ein möglichst reduzierter Einsatz von Maschinen und Traktoren. Handarbeit bis zur Lese ist die Devise. Im Keller wird akribisch das beste Material selektiert und spontan und ohne Temperaturkontrolle vergoren. Insgesamt vier Stillweine und ein Frizzante werden je nach Rebsorte und Weinstil entsprechend ausgebaut. Allen gemein ist, dass sie weder geschönt noch gefiltert und nur minimal geschwefelt werden.

Weine – eine Auswahl

Lamatta: Rifermentato (Frizzante) aus Glera, Garganega und Sauvignon Blanc. Davide belässt den Most für einige Tage in Kontakt mit den Schalen, was dem späteren Wein zusätzlich Struktur und Aromen mit auf den Weg gibt. Er ist federleicht, temperamentvoll, geradlinig und anders als die meisten Prosecco knochentrocken.

Nina: Ein kurz auf der Maische vergorenes Cuvée aus Pinot Bianco und Garganega. Unterholz, Laub, Orangenschalen. Spürbares und griffiges Tannin. Solar, aromatisch, mit kompaktem Körper und viel Zug zum Gaumen. Sehr gut.

Campetti: Cuvée aus den beiden Cabernets, Merlot und Tai Rosso. 20 Tage mazeriert und in Zement ausgebaut. Hat Kraft, Energie und Dynamik, eine belebende Säure, eine warme und feste Textur und reife dunkle Aromen.


Davide Xodo
Adresse: Via Pissotto 4, Nanto, Colli Berici
Telefon: 3491015132
E-mail: vino@davidexodo.it
Webseite: www.davidexodo.it


Rebsorten: Tai Rosso (Cannonau/Grenache), Merlot, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Carmenére, Garganega, Glera, Pinot Bianco, Tai Bianco (früher Tokaj) und Malvasia Istriana
Rebfläche: 2 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: shop.macafame.it

AT/DE/CH: –

 

Redondel

„Piccola azienda agricola“ steht auf der Hauswand von Redondel, dem Weingut von Paolo Zanini und seiner Frau Mara Dalmonech. Ihr „kleiner Bauernhof“ im Herzen von Mezzolombardo umfasst drei Hektar Weingärten, die ausnahmslos mit Teroldego bestockt sind.

Schon Paolos Großvater kelterte daraus Weine und lieferte sie größtenteils nach Österreich, wo die Sorte speziell während der Jahrhunderte der Monarchie große Popularität genoss.

Auch für Paolo ist Teroldego Berufung und Leidenschaft zugleich. Er hegt und pflegt ihn in seinen Weingärten und kennt alle seine Besonderheiten im Detail. Und er weiß natürlich, dass er am Campo Rotaliano, die dafür perfekten Bedingungen vorfindet. Nirgendwo sonst wächst die Sorte, die seit Elisabetta Foradoris bahnbrechenden Interpretationen auch im Rest Italiens und darüber hinaus angepflanzt wird, so gut wie in den sandig-schottrigen Schwemmlandböden am Zusammenfluss von Etsch und Noce.

Auch wenn sich Paolo des kulturellen Erbes, das ihm die Generationen davor hinterlassen haben, bewusst ist und sich seiner auch bedient, schlägt er doch gelegentlich neue Wege ein. Weniger im Weingarten, wo er seit jeher mit höchstem Respekt vor den Bedürfnissen der Reben und des Bodens biologisch arbeitet, sondern im Keller, wo er zunehmend Verzicht übt.

Seine drei Weine vergärt er allesamt spontan und reift sie in großen Holzfässern, Tonneaux und gebrauchten Barriques. Er schönt und filtert sie nicht, schwefelt minimal und lässt den Weinen über lange Jahre Zeit ihr Gleichgewicht zu finden.

Terroirgeprägt und charaktervoll sind sie gemeinsam mit den Versionen von Foradori die hohe Messlatte für alle, die sich an Teroldego versuchen.

Weine – eine Auswahl

Teroldego Assolto: Rosato. Bleibt nur für wenige Stunden in Kontakt mit den Schalen. Ziel ist es die delikaten  Seite der Rebsorte in den Mittelpunkt zu rücken. Leicht und elegant. Rosenblüten und Erdbeeren. Ein paar Kräuter. Vital, erfrischend und direkt.  (ca. € 10)

Teroldego Dannato: Dreijähriger Ausbau im großen Holzfass. Dunkel wie eine Winternacht. Intensiv und einnehmend. Floral, dunkelfruchtig und würzig. Hat Materie und Kraft. Ist konzentriert, engmaschig und doch zum Gaumen hin elegant. Die Tannine sind mürb und feingestrickt. Fließt kühl und weich über den Gaumen. Sehr gut (ca. € 15)

Teroldego Beato Me: Bleibt meist für ein knappes Jahrzehnt am Weingut, bevor er in den Verkauf geht. Dunkel wie der Dannato. Kräuterig, süße Würze, Zwetschken und Trockenfrüchte. Ist trotz seiner langen Jahre im Fass und in der Flasche fordernd. Hat ordentlich Tannin und zeigt das auch. Ist kompakt und intensiv. Bleibt stets fokussiert. Nachhaltiges und eindrückliches Finish. Exzellent. (ca. € 28)

Az.Agr. Redondel
Via Roma 28, 38017, Mezzolombardo, Trento
Tel. +39 0461 605861
info@redondel.it
www.redondel.it


Rebsorten: Teroldego
Rebfläche: 3 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: enovely

AT/DE/CH: –

 

Luigi Spertino

Mauro Spertino keltert brillante Weine. Mit die besten des Monferrato. Ohne sie gekannt zu haben, vermute ich, dass schon sein Vater, ähnliche Meisterwerke in die Flasche brachte.

Zumindest erzählt man sich das über Luigi Spertino, dem sogenannte „Professor des Grignolino“, jener eigenwilligen aber spektakulären Rebsorte, von der Luigi Veronelli, der größte unter den großen Weinkritikern Italiens voll des Lobes meinte, sie sei anarchistisch und individualistisch.

Luigi gründete sein Weingut 1977 in dem kleinen Flecken Mombercelli nahe Asti und bewirtschaftete seine Weingärten 40 Jahre lang: mühsam zu bearbeitende, abschüssige Parzellen, die viel zu steil waren, um mit dem Traktor in sie hineinfahren zu können.

Mauro übernahm sukzessive das Ruder, wohlwissend, dass er an den handwerklichen Herangehensweisen im Weingarten und im Keller so gut wie nichts zu ändern hatte. Gemeinsam mit seinen beiden Kindern Andrea und Marina dreht er an kleinen Schrauben, die eventuell noch mehr Raffinesse und Präzision in die Weine bringen. So haben sich die drei beispielsweise ein paar Amphoren besorgt, in denen sie eine neue Grignolinoversion vinifizieren. Zudem haben sie beschlossen, ihren Cortese künftig auf den Schalen zu vergären – eine kluge Entscheidung, die der generell eher langweiligen Sorte wesentlich mehr Ausdruck und Substanz verleiht. Mauros dritte autochthone Sorte ist Barbera, aus der er zwei sehr unterschiedliche Weine vinifiziert. Hinzu kommen ein paar Rebreihen mit Pinot Nero, dessen Trauben er zu einem klassischen Spumante verarbeitet.

Kontakt

Mauro Spertino
Adresse: Strada Lea, 505 – 14047 Mombercelli
Tel. +39 0141.954016
luigi.spertino@libero.it

Weine – eine Auswahl

Alle Weine sind spontan vergoren, ungeschönt und ungefiltert.

Cortese Piemonte Vilet: 100% Cortese über einen Monat auf den Schalen vergoren. Intensiv, duftig, lebhaft. Hat Kraft und Zug bei relativ wenig Alkohol. Endet erfrischend, kräuterig und gelbfruchtig. (ca. € 21)

Barbera d’Asti Doc: Stammt von tiefen, für Barbera optimal geeigneten Tonböden. Wurde über 18 Monate in großen slawonischen Eichenfässern ausgebaut. Dunkelfruchtig, würzig, direkt, kraftvoll, mit bündelnder Säure. (ca. € 18)

Grignolino d’Asti: Gedeiht, anders als der Boden, in locker-sandigen Böden. Im Stahltank ausgebaut. Lebendig, pulsierend, mit frischer, klarer, roter Frucht und Blütennoten. Saftig, kühl und animierend. Ein grandioser Tischwein. (ca. € 13)

Grignolino „Margherita Barbero“: Einer Vorfahrin gewidmet. Über ein Jahr in der Amphore ausgebaut. Filigran, kühle rote Frucht, floral. Wird mit Luft expressiver. Schlank, luftig, hell, pulsierend. Sehr elegant dabei doch voller Energie und Substanz. Lang. Exzellent.

Barbera d’Asti superiore „La Mandorla“: Einzellagenbarbera. Aus überreifen Trauben gekeltert und 18 Monate im großen Holz ausgebaut. Üppig und sehr intensiv. Die Säure puffert und pendelt eine enorme Menge Alkohol einigermaßen ein. Dunkel. Trockenfrüchte. Sehr eigenwillig.

Spumante Metodo classico Blanc de Noir Brut Nature: aus Pinot Noir – leider noch nie probiert.

Rebsorten: Cortese; Barbera, Grignoloino, Pinot Nero
Rebfläche: 12,5 Hektar
Pflanzenschutz: Kupfer & Schwefel
Biologisch zertifiziert: nein
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine; wineexpert.it;

Im deutschsprachigen Raum: –

Nicos Brustolin

Nicos Brustolin hat sein Domizil in Colbertaldo, an der westlichen Peripherie der Region von Valdobbiadene. Die ist bekanntlich eine der beiden großen Proseccoenklaven und folglich hat Nicos in seinen sechs Hektar Weingärten Glera, die omnipräsente Rebsorte der Gegend stehen, die  von einigen steinalten Stöcken Verdiso ergänzt werden.

Nicos hat sich von den Trends und Moden, die das Prosecco und seine Weine über die letzten Jahrzehnte erfasst hat nur bedingt unterkriegen lassen. Ein paar Tausend Flaschen im Drucktank vinifiziertem 08/15 Extra Dry stehen 25000 Flaschen Col Fóndo gegenüber, die zum besten gehören, was das Prosecco zu bieten hat. 

Gut gemachte Col Fóndo Prosecchi sind winzige kleine Inseln des Glücks in einem uferlosen Meer aus Banalität und Belanglosigkeit. Sie waren früher diejenigen Weine, die zu Hause getrunken oder nur an die Freunde im Dorf verkauft wurden – für gewöhnlich ein untrügliches Zeichen dafür, dass es sich um gute Weine handelte. 

Col Fóndo bedeutet übersetzt „mit Depot“, das bei flaschenvergorenen, nicht degorgierten Schaumweinen zwangsläufig entsteht und eine leichte Trübung im Wein bedingt. Da Col Fondo Prosecco nicht wie sonst in der Gegend üblich von Zucker und Reinzuchthefen dominiert wird, spielen die Trauben tatsächlich eine entscheidende Rolle. Die müssen reif und gesund sein, da sich ansonsten in der Flasche nicht kaschierbare unreife grüne Noten breit machen würden. 

Nicos erntet sie per Hand, presst sie sanft, vergärt sie spontan und lagert den daraus gekelterten Wein bis zu Ostern in Stahltanks, ehe er ihn zur Zweitgärung in die Flasche füllt. Dort gärt der Wein völlig durch, wird knochentrocken und integriert zudem die Hefearomen in sein Aromaprofil.

Wein

Nicos Col Fóndo: Zitrusaromen, Kräuter, Tonic. Steinig und mineralisch. Leger und unbeschwert. Federleicht, kompromisslos trocken, kristallin und direkt. Vereint Trinkfluss und Energie und am Gaumen feine Fruchtaromen und Hefenoten.

Mit den üblichen Vorstellungen von Prosecco hat Nicos Col Fóndo nichts zu tun – dafür hat man die Möglichkeit sich mit einem seriösen, lebhaften und bekömmlichen Schaumwein auseinanderzusetzen, der zeigt, warum es sich eventuell doch lohnt, irgendwann einmal in die Gegend aufzubrechen.

Kontakt

Nicos Brustolin
Adresse: Via Calle Lunga, 12, 31020 Vidor
Telefon: +39 0423 985284
Email: nicosbrustolin@libero.it


Rebsorten: Glera, Verdiso
Rebfläche: 6 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: crucuve

AT/DE/CH: –

CENTESEMINO

Centesemino ist eine rote Rebsorte, die es ausschließlich in der Gegend um Faenza in der Romagna gibt.

Bis ins 19. Jahrhundert war sie verhältnismäßig leicht in den Feldern rund um die Stadt zu finden, nach den Vernichtungsfeldzügen der Reblaus gar nicht mehr. Bis in die 1940er Jahren war sie verschollen, ehe sie von Pietro Pianori, den seine Freunde (oder Feinde) aufgrund seiner notorischen Knausrigkeit Centesemino (centesimo – Pfennig → Pfennigfuchser) nannten, wiederentdeckt wurde. Pianori machte ein Exemplar der Sorte am unwahrscheinlichsten aller Orte aus, nämlich auf der Gartenmauer einer Stadtresistenz mitten im Zentrum von Faenza. Er schnitt ein paar Edelreiser davon ab und pflanzte sie bei sich zu Hause in Santa Lucia, von wo sie sich langsam wieder in der Gegend ausbreitete. Ihm zu Ehren wird sie seit den 1960er-Jahren auch offiziell Centesemino genannt.

Früher hieß die Sorte dagegen Sauvignon rosso, aufgrund ihrer aromatischen Ähnlichkeit zu Sauvignon Blanc. Tatsächlich hat sie in ihren leichtgewichtigen Versionen eine für Rotweinsorten eher ungewöhnliche duftig-florale Aromatik. Gewichtigere Versionen addieren noch pfeffrige und kräuterige Noten hinzu. Die Aromen sind generell eher filigran, weshalb es wenig Sinn macht sie in kleine Holzfässer zu stecken. Säure und Tannine sind grundsätzlich eher mild.

Eine Auswahl

Centesemino ist eine äußerst rare Reborte. Empfehlenswert finde ich

Ancarani: Centesemino

Cantina San Biaggio Vecchio: Monte Tarbato

Ca' dei Quattro Archi

Ca’ dei Quattro Archi geht auf das Konto von Rita Golinelli und Mauro Mazza. Die beiden haben zur Jahrtausendwende das Weingut von Ritas Vater in den Hügeln südlich von Imola übernommen und es umgehend auf biologische Bewirtschaftung umgestellt. Fünf Hektar ingesamt, wobei sich ein Hektar in der unmittelbaren Umgebung des Weinguts auf sandigem Terrain – die geologische Hinterlassenschaft der einst sie bedeckenden Adria – befindet. Die restlichen Reben wurzeln im Parco della Vena del Gesso Romagnola, einer kargen, auf von Kreideadern (vene di gesso) durchzogenen Landschaft am Fuße des romagnolischen Apennins.  

Die Rebsorten sind die klassischen der Region: Albana, Trebbiano Romagnolo, Malvasia und Sangiovese, die von Cabernet Sauvignon und Merlot ergänzt werden. Die Arbeit im Freien hat höchste Priorität. Seit mittlerweile 20 Jahren hören die beiden auf die Rhythmen der Natur und wissen folglich genauestens über ihr Terroir und die Bedürfnisse ihrer Rebstöcke Bescheid. Ihre Weingärten sind blühende Manifestationen gelebter Biodiversität. Der Respekt, den sie ihren Reben gegenüber aufbringen, schlägt sich in vitalen und expressiven Trauben nieder.

Die werden von den beiden nach den Prinzipien der Naturweinbewegung (Ca’ dei Quattro Archi ist Mitglied von vinnatur) vinifiziert.


Kontakt

Rita Golinelli & Maura Mazza
Adresse:
Via F.lli Assirelli, 7 – Imola
Telefon:
3387584058 – 3358256667
E-mail:
cadeiquattroarchi@tin.it

 

Weine – eine Auswahl

Die beiden exzellenten Weißweine werden jeweils auf der Maische vergoren. Sie sind elegant, expressiv und kraftvoll. Der Ausbau der Weine erfolgt im Stahltank, mit Ausnahme ihres gleichfalls exzellenten Flaggschiffsangiovese Tajavènt, der im Holz gereift wird.

Unknown: Frizzante (rifermentato) aus Trebbiano romagnolo und kurz angetrockneten und folglich recht intensiven Biancame-Trauben – letztere ist eine nur selten anzutreffenden Rebsorte der Romagna und Nordmarken. Lebhaft, gelbfruchtig, floral. Druckvoll, dynamisch und nachhaltig am Gaumen. Ausgezeichneter Frizzante.

Mezzelune: Aus 100% Albana, der paradigmatischen Rebsorte der Romagna, gekeltert. Hat Struktur und Kraft. Säure und Gerbstoff bündeln die Aromen und den substantiellen Körper. Ein Wein mit Substanz, den man sich auch in aller Ruhe für ein paar Jahre in den Keller legen kann.

Ligreza: Größtenteils Trebbiano romagnolo unterstützt von ein paar Prozent Malvasia. Marillen und Blütenaromen. Leichtfüßiger und eleganter als der Mezzelune. Hat trotz seines für gewöhnlich erstaunlich niedrigen Alkohols eine Menge Substanz.

Sangiovese Tajavènt: 100% Sangiovese. Über ein Jahr in Barriques und Tonneaux ausgebaut. Expressiv, intensiv, üppig – kein Kind von Traurigkeit. Ein Winterwein – gehaltvoll und dicht, mit dunklen Aromen und einer für Sangiovese eher weichen Textur.  


Rebsorten: Albana, Trebbiano romagnolo, Malvasia, Biancame, Sangiovese
Rebfläche: 5,5 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine; decanto, wineyou

AT/DE/CH: –

 

Cantina San Biagio Vecchio

Die Cantina San Biagio Vecchio ist ein junges, 2004 entstandenes Projekt von Andrea Balducci und seiner Frau Lucia Ziniti im hügeligen Hinterland von Faenza, dem in punkto Wein spannendsten Winkel der Romagna. 

Auf mittlerweile 11 Hektar Rebfläche beschäftigen sich die beiden vor allem mit der Vinifikation von Albana und Sangiovese, den beiden wichtigsten Rebsorten der Gegend. Sie haben sich aber zudem mit ihrer Interpretation der extrem raren roten Centesemino einen Namen gemacht. Dessen mikroskopisches aber dennoch sehr erfreuliches Revival hat viel mit der Arbeit der beiden über die letzten fünfzehn Jahre zu tun. 

So gelungen die Centesimino-Version auch sein mag, die eigentliche Nummer eins im Sortiment von Andrea und Lucia ist zweifellos, der SabbiaGialla, ihr exzellenter Albana. SabbiaGialla – auf deutsch „gelber Sand“ – verweist auf die eigenwilligen, bisweilen recht großen Sandblasen, die das einst die Region bedeckende Meer hier zurückgelassen hat. Von Kalk durchsetzt, liefern sie den idealen, weil kargen Untergrund für die Albana, deren Wüchsigkeit dank der nährstoffarmen Böden ein wenig gebremst wird. 

Die Bewirtschaftung ihres Landes ist seit der ersten Stunde biologisch und reduziert sich nicht ausschließlich auf Wein. Mit der Kultivierung der alten, im 19. Jahrhundert noch weit verbreiteten, dann verschwundenen Getreidesorte Gentil rosso, leisten sie auch in Sachen Weizen Kulturarbeit.

Die Verarbeitung ihrer Produkte – Wein und Mehl – kommt ohne manipulierende Zusatzstoffe aus und geschieht in bester handwerklicher Manier.

ps: wer sehen möchte, wie man in der Romagna Brot backt, kann sich Lucias Video darüber ansehen.

Kontakt

Lucia Ziniti
Adresse: Via Salita di Oriolo, Faenza
Telefon: 349 0553598
E-mail: cantinasanbiagiovecchio@gmail.com
Webseite: www.cantinasanbiagiovecchio.com

Weine – eine Auswahl

Cacciabruco: Cuvée aus Trebbiano und Malvasia. Eine Woche auf der Maische vergoren und sechs Monate im Stahltank ausgebaut. Einladend, sympathisch und erfrischend, floral und fruchtig. Hat dank der einwöchigen Mazeration Struktur. 

SabbiaGialla: 100% Albana. Teil aus gesunden, teils aus edelfaulen Beeren vinifiziert, deren Schalen für einen Tag in Kontakt mit der Maische bleiben. In Edelstahl ausgebaut. Saftig, gehaltvoll, harmonisch. Blüten, Holunder, gelbe Frucht, Honig – ist trotz der opulenten Aromen exzellent. Säure und Gerbstoff geben Struktur, der Körper ist gewichtig aber nicht üppig. 

Porcaloca: 100% Sangiovese. Der Wein zum Schwein – von denen auch in der Romagna nicht so wenig herumlaufen. Nur kurz mazeriert. Ein Rotwein mit Roséanklängen. Lebendig, fruchtbetont, frisch. Ein klassischer Tischwein. 

Monte Tarbato: 100% Centesemino. 20-tägiger Maischekontakt. Im Stahl gereift. Granatapfel, Waldbeeren, Veilchen, Pfeffer,  mediterraner Kräuter. Elegant, warm, weich. Saftig und direkt. 

Oriolo: 100% Sangiovese. In Zement vergoren und ausgebaut. Geradlinig, präzis. Floral und rotbeerig. Kühl, strukturiert aber tief und gehaltvoll. Kein vordergründige Kraft, eher sehnig und muskulös. Sehr gut.

Daten & Fakten

Rebsorten: Albana, Trebbiano, Malvasia, Sangiovese, Centesemino
Rebfläche: 11 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein
Restaurant: ja
Besonderheiten: Auf San Biagio Vecchio produziert man auch Mehl aus der alten Getreidesorte Gentile rosso.


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung

Aus Italien online: callmewine, decanto.it

AT/DE/CH: –

Rarefratte

Cristian Moresco träumte schon mit 15 Jahren davon, Winzer zu werden. Im Bus auf dem Weg zur Schule zogen die Weingärten der Breganze, einer wenig bekannten Region nördlich von Vicenza, an ihm vorbei, in denen er sich seine Zukunft ausmalte und in denen er gut 10 Jahre später auch stehen sollte.

Dazwischen lag das Ende der Schulzeit, ein Soziologie- und Landwirtschaftsstudium und schon früh die Gewissheit, dass er nicht einfach nur Wein keltern, sondern auch Kulturarbeit leisten wollte.
Von 2012 bis 2018 beschäftigte er sich intensiv mit den sechs noch verbliebenen lokalen Rebsorten der Breganze, die größtenteils völlig marginalisiert, vom Aussterben bedroht sind. Er interviewte ältere in der Umgebung ansässigen Weinbauern, fragte sie über Vespaiola, Gruaja, Pedevenda, Marzemina Bianca, Groppella und Glera lunga aus und erkundigte sich, wie sie sich im vulkangeprägten und von alpinen wie maritimen Klimaeinflüssen geprägten Terroir verhielten.
Zu den beiden Hektar, die er von seinem Großvater geerbt hatte, pachtete er drei weitere hinzu, die er rekultivierte oder dort, wo es notwendig war, neue bepflanzte. Dafür verwendete er das beste Rebmaterial, das er finden konnte und vermehrte und veredelte es selbst. Um die Eigenheiten der Trauben besser zu verstehen, verwendete er die ersten Lesen für Mikrovinifikationen, ehe er sie 2018 erstmals in Flaschen füllte und zu verkaufen begann.
Getragen von den Prinzipien der Naturweinbewegung bewirtschaftet er seine Weingärten biologisch und vinifiziert im Keller mit aller notwendigen handwerklichen Sorgfalt, jedoch ohne jegliche Zusatzstoffe mit der Ausnahme von ein wenig SO2 vor der Abfüllung.


Cristian Moresco
Adresse: Via Brogliati Contro 58, 36042 Breganze (VI)
Telefon: 3287445166
E-mail: rarefatte@gmail.com
Webseite: rarefatte.it

 

Weine – eine Auswahl

8cai: Ottocai ist das Synonym für Glera lunga, eine Rebsorte, die in der Vorreblauszeit in der Gegend weit verbreitet war. Cristian vinifiziert sie zu einem kurz mazerierten (ca. 24 Stunden) weichen und runden Stillwein, der kühle mineralische Noten mit saftigen Fruchtaromen verbindet.

Pedeveska: Maischevergorener Wein aus der weißen Pedevenda, einer Sorte, die zwar von den Colli Euganei in die Breganze gelangt ist, in beiden Gegenden heute jedoch kaum noch zu finden ist. In Zementzisternen gereift. Herbstliche Aromen, balsamisch, mit lebendiger Säure, saftig und vital. 

Vespaiola selezione: Aus zwei Einzellagen cuvetiert, in Zement und Akazie ausgebaut. Gehaltvoll, intensiv. Honig, reifes gelbes Steinost, Blüten. Noch ein wenig zu sehr vom Holz getragen. Wird in Zukunft, sobald das Fass etwas älter ist, noch besser sein.  

Colè: Frizzante aus Gruaja. Gruaja ist eine extrem schwierige Sorte, da ihre Beeren am Traubengerüst zu unterschiedlichen Zeiten ausreifen (Millerandage). Obwohl sie traditionellerweise in Breganze als Rotwein ausgebaut wird, hat sich Cristian nach diversen Experimenten dazu entschlossen, sie direkt abzupressen und weiß zu vinifizieren. Knochentrocken, subtile Blüten- und Zitrusaromen, erfrischend. Die perfekte Alternative für alle, denen Prosecco zu fad und zu süß ist.


Daten & Fakten

Rebsorten: Vespaiola, Marzemina Bianca, Glera lunga, Pedevenda, Gruaja, Groppello, 
Rebfläche: 6 Hektar
Manuelle Lese: ja
Pflanzenschutz: Kupfer und Schwefel
Biologisch zertifiziert: ja
Wohnmöglichkeit: nein


Bezugsquellen:

Ab Hof: ja, nach Voranmeldung
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Sechs Jahrzehnte ist es hier, dass Ermanno Conti die Idee hatte, sich im historischen Weinbaugebiet Boca, genauer in Maggiora, im Schatten des Monte Rosa, eine Art Burg zu bauen. Dort wollte er zum einen seinen „flüssigen Schatz verteidigen und konservieren“, zum anderen aber auch Menschen beherbergen, die Lust hatten, seine Weine zu probieren und zu trinken. Sein Anliegen führen heute vor allem seine beiden Töchter Elena und Paola fort. Sie begnügen sich allerdings nicht damit den väterlichen Intentionen zu folgen, sondern ihren eigenen Ideen vom Zusammenspiel zwischen Wein und Kultur freien Lauf zu lassen.  

Kultur hat dabei sowohl eine landwirtschaftliche wie auch künstlerische Bedeutung. Letztere manifestiert sich in fortwährenden Ausstellungen und Veranstaltungen im Schloss, aber auch an den Etiketten, die von unterschiedlichen Künstlern gestaltet wurden. Erstere in einer Herangehensweise, die kompromisslos der Natur das erste und letzte Wort überlässt und in Rebsorten, die ausnahmslos die Region widerspiegeln: Nebbiolo, Vespolina, Uva rara, Dolcetto und Greco novarese, besser bekannt (wenn auch nicht sehr) als Erbaluce. 

Elena und Paola vinifizieren nach klassischen Prinzipien. Die Gärung ist spontan, die Maischestandzeiten sind bei Rot- wie Weißweinen relativ lange, der Ausbau erfolgt in Holzfässern und ohne jegliche Zusatzstoffe, mit der Ausnahme von etwas SO2 vor der Füllung. Alle Weine sind ungeschönt und ungefiltert und gehören zum Besten, was es nördlich von Barbaresco zu trinken gibt.

Cantine del Castello Conti

Adresse: Via Borgomanero 15, Maggiora
Telefon: +39 0322 87187 
E-mail: info@castelloconti.it

Die Weine

Boca „Il Rosso delle Donne“: 70% Nebbiolo, 25% Vespolina, 5% Uva Rara (Bonarda Novarese).  Birgt in sich das ganze Potenzial und die ganze Geschichte der Region. Er hat Volumen, Kraft und Eleganz und ist doch leuchtend, hell und einladend. Festes Tannin und eine prägende Säure geben den Rahmen, in dem sich florale, erdige und feinfruchtige Noten wiederfinden, die im Laufe der Jahre immer wieder neue Schattierungen annehmen. Großer Wein, mitunter der beste des piemontesischen Nordens. Ab Hof kann man auch Jahrgänge bis in die 1990er Jahre erstehen. (ca. € 50)

Colline Novaresi Doc: Nebbiolo, gemacht, um auch jung getrunken werden zu können. Wobei die Betonung auf auch liegt. Transparent, fruchtig, mineralisch und vital. (ca. € 16)

Colline Novaresi Flores: Der Zwillingsbruder des doc, allerdings ohne zugefügtes SO2. Offen, fruchtbetont, mit kompaktem Tannin, viel Zug zum Gaumen und einem erdigen und vitalen Finish. (ca. € 19)

Origini bianco: Greco novarese. Zwei Wochen auf der Maische vergoren. Welke Blüten, reife Frucht, Orangenschalen. Vereint nicht zu knapp Gerbstoff und Säure. (ca. € 17)

Origine rosso (Cuvée aus autochthonen Rebsorten)

Zingara (Croatina)

Denise Ferretti gehört zur – leider eher kleinen – Fraktion bestens ausgebildeter junger Winzerinnen, die ihr gesamtes vitikulturelles und önologisches Wissen der Idee unterordnen, das kulturelle Erbe einer alten Weinregion weiterzuführen bzw. wiederzubeleben. Nach einem Lebensmittel-Technologie Studium in Parma und einem Master in Önologie in Udine kehrte sie in die oft nebelverhangene, manchmal etwas triste Tiefebene nördlich von Reggio-Emilia zurück und gründete dort, gemeinsam mit ihrer Schwester Elisa, 2015 ihr eigenes Weingut.

Den beiden standen dafür drei Hektar Rebfläche am Bauernhof ihrer Familie zur Verfügung. Zwei alte Weingärten aus den Jahren 1960 und 1972 und zwei, die sie selbst 2012 und 2014 ausgesetzt hatten. Geprägt von viel Lehm und ein wenig Sand in einer völlig platten Landschaft sind sie ein wenig spektakulärer Kontrapunkt zu den meist auf Hügeln und Bergen stehenden und in Kalk und Stein wurzelnden Reben vieler anderer Winzer – doch was Denise und Elisa aus ihrem eher mittelmäßigen Terrain herausholen, kann sich dennoch sehen lassen.

Ganz der Tradition der Region entsprechend produzieren die beiden ausschließlich sprudelnde Weine: ein paar Lambrusco, für die sie nicht nur die klassischen Lambruscosorten Grasparossa, Salamino und Maestri, sondern auch die kaum noch gebräuchlichen Oliva, Barghi und Marani verwenden. Hinzu kommen zwei weiße Frizzante aus Trebbiano, Malvasia, Moscato und Pignoletto und ein Rosato aus der quasi vergessenen Sorte Fortana. Alle ihre Weine sind flaschenvergoren, bleiben mindestens für ein halbes Jahr auf der Hefe, sind gelegentlich ein bisschen rustikal, lohnen sich aber allemal.

Die Weine – eine Auswahl

Alle Weine sind spontan und ohne Temperaturkontrolle vergoren, ungeschönt und ungefiltert. Die Zweitgärung in der Flasche wird durch Süßmost eingeleitet.

Al Cēr: Lambrusco-Rosé (Al Cēr bedeutet im Dialekt Reggios „der Helle“) aus sieben verschiedenen Lambruscosorten plus Ancellotta. Rustikal. Fleischig, animalisch. Walderbeeren. Sehr lebendige Perlage und Säure. 

Al Scur: Lambrusco (Al Scur heißt „der Dunkle“)  aus den gleichen acht Rebsorten. Fleischig. Heidelbeeren. Leder. Floral. Animierende Perlage. Substantiell. Hat Kraft aber auch Trinkfluss.

Al biond: Trebbiano. Auf der Maische vergoren. Kupferfarben. Kräuter und Laub. Kaum spürbares Tannin. Gute Struktur. Lebhaftes aber ausgewogenes Finale.

Nina: 100% Fortana. Alte Rebsorte aus der Emilia. Seit jeher für Rosato verwendet. Erdbeeren, Rosen. Erdig. Leichtfüßig und erfrischend. Ausgewogen und fruchtbetont am Gaumen.

Ferretti Vini – Denise Ferretti
Adresse: Via Giacomo Matteotti 56, Campegine
Tel. +39 0522.676092
info@ferrettivini.it
www.ferrettivini.it


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